Die schönste aller Welten?
In Open World-Spielen ist meist nicht der gespielte Charakter der Star, sondern die Welt, in der er sich bewegt. Skyrim erschlägt Konsolenabenteurer förmlich mit Natur-Bombast. Mal wuchtig, wenn man über sturmgepeitschte Eisfelder stapft, der Mond über einer gigantischen Eisformation aufgeht, und der Nachthimmel von schillernden Nordlichtern durchzogen wird. Mal subtil, wenn man auf der Jagd nach einem Hirsch durch ein nebliges Sumpfgebiet pirscht, und die Sonne über einem Berghang aufgeht. In solchen Augenblicken meint man fast, die würzige Herbstluft riechen zu können.
The Elder Scrolls 5: Skyrim - Landschaften: So schön ist Skyrim ansehen
Oftmals fühlt man sich angesichts der schieren Größe von Himmelsrand und seiner Bewohner regelrecht winzig. Wenn zum ersten Mal eine Herde Mammuts aus dem Nebel auftaucht und am Spieler vorbeistapft, während eine feine Geigenmelodie aus den Boxen kommt, sollte eigentlich auch dem härtesten Shooter-Fan das Herz aufgehen. Die Architektur orientiert sich zu großen Teilen an der Baukunst der Römer und den nördlichen Völkern Europas. Natürlich hört die sehr stimmige Optik nicht am Tor eines Dungeons auf. Bei der Gestaltung von Höhlen und Verliesen haben die Entwickler ebenfalls einen sehr guten Job gemacht und mit Wasserfällen, Lagunen und unterirdischen Ruinen dafür gesorgt, dass man sich auch unter der Erde kaum an Skyrim satt sehen kann.
Für die Städte und Dörfer gilt das natürlich auch. Überall gibt es Schnitzereien und Verzierungen zu entdecken, die Innenräume stehen dieser Pracht in nichts nach. Ein großer Anteil an der sehr atmosphärischen Optik fällt der Beleuchtung und den Umwelteffekten zu: Die Sonne taucht Himmelsrand in die schönsten Farbtöne -- bei schlechtem Wetter, tosendem Sturm oder Schnee wirkt Skyrim hingegen so ungemütlich, abweisend und kalt, dass man sich beim Spielen am liebsten eine Decke um die Schultern legen würde. Außerdem sind die Nebelschwaden an den Berghängen perfekt dazu geeignet, Pop Ups und nachladende Texturen zu verbergen.
Bugverseucht?
Natürlich ist auch Himmelsrand nicht frei von Fehlern. Teilweise ploppt der Bewuchs ganzer Inseln unvermittelt auf, Bäume und Hütten erscheinen aus dem Nichts. In den Bergen bekommt man häufig sehr kantige Felsen zu sehen, ab und zu fehlen ganze Polygone, und während unseres Tests haben wir ein Dorf mit schwebenden Häusern entdeckt. Außerdem gibt es einige Probleme mit der Objektphysik. Während einiger Kämpfe schwebten die Gegner nämlich plötzlich in der Luft. Wir gehen davon aus, dass diese Mängel mit dem angekündigten Patch zum Verkaufsstart behoben sein werden.
Auch die Bewegungsmuster der Tiere und Drachen, die Himmelsrand bevölkern sind teilweise etwas abgehackt, zudem neigen große Tiere oder Monster in seltenen Fällen dazu, an Objekten hängen zu bleiben oder mit überirdischer Geschwindigkeit durch die Gegend zu fetzen. Die Texturqualität ist gut bis sehr gut, Oberflächen wirken aus einiger Entfernung sehr plastisch und bilden viele kleine Details ab, die den Schauplätzen ein individuelles Aussehen verleihen. Lediglich einige Felsoberflächen sind sehr unscharf und werden zudem oftmals von merkwürdigen Schneetexturen bedeckt, die aussehen, als hätte man sie mit einem halbleeren Sahnespender aufgesprüht.
Die Charaktere in Skyrim sind deutlich hübscher als ihre Nachbarn aus Oblivion. Verwitterte Gesichter, zerzauste Haare und viele verschiedene Kleidungssets sorgen für Abwechslung. Allerdings sind die Städte und Dörfer alles andere als dicht besiedelt. Ein paar Gestalten und Wachen staksen hüftsteif durch die Gegend, hier und da bilden sich kleine Grüppchen, das war's dann aber auch schon. Epische Massenszenen oder Schlachten sind in Skyrim leider nicht vorhanden. Bei den Gegnern hat man sich große Mühe gegeben: Skelette in prachtvoll verzierten Rüstungen, riesige Spinnen, denen der Geifer zwischen den Zähnen heraustropft oder schleimige kleine Gnome mit eklig-dünnen Körpern scheinen geradewegs dem Deckblatt eines Fantasy-Romanes entsprungen zu sein -- lediglich die Animationen könnten noch etwas besser sein. Den Drachen hat man eine ähnliche Sorgfalt angedeihen lassen: Die schuppigen Körper sehen großartig aus und geizen nicht mit Details wie Krallenspuren, transparenten Flügeln und unzähligen Zacken an der Schnauze. Die Zauber und Feuereffekte von Skyrim sind hübsch, aber nicht wirklich imposant. Von einigen kleinen Rucklern beim Nachladen abgesehen, läuft Skyrim flüssig.
Eines der größten Probleme des Spiels hat mit der (soliden) deutschen Synchronisation zu tun, die unter zu wenigen Sprechern leidet. Es ist keine Seltenheit, dass ihr von einem Questgeber halbwegs lippensynchrone Anweisungen erhaltet, während direkt hinter euch ein Bettler mit derselben Stimme vor sich hinmurmelt. Die 5.1-Abmischung sorgt für ordentliche Räumlichkeit und transportiert die weite Welt von Skyrim perfekt, hat allerdings in Zwischensequenzen Probleme damit, Stimmen herauszuarbeiten. Ein besonderes Lob haben die Musikstücke verdient, die euch mal pompös, mal sensibel und mit Wehmut durch das Abenteuer begleiten.
Hohe Berge, tiefe Täler, flache Charaktere
Bei Bethesda scheint man mehr Mühe in die Gestaltung der Landschaft als in die Ausarbeitung der Charaktere investiert zu haben. Alle handelnden Figuren wirken klischeehaft, der Hauptdarsteller ist nichts weiter als ein Befehlsempfänger, der einen Auftrag nach dem anderen abarbeitet. Leider gibt es, anders als in Fallout 3, kein echtes Gut-/ Böse-System oder eine Möglichkeit, Freundschaften zu schließen bzw. Feindschaften zu NPCs entstehen zu lassen. Freundschaften entstehen im Verlauf der Questreihen: Habt ihr ein paar Missionen für eine der Fraktionen (Diebe, Assassinen, Gefährten, Magier, Abgeschworene, Kaiserreicht, Sturmmäntel etc.) erledigt, betrachten euch diese automatisch als Freund, geben dem Helden neue Kampfnamen, bieten Häuser zum Kauf an und bewundern Dovahkiin wenn er vorbeistapft.
Die Interaktionsmöglichkeiten und Gespräche innerhalb des Hauptquests bleiben deutlich hinter Biowares Dragon Age zurück. Hier zeigt sich die größte Schwäche von Skyrim. Aufgrund der eher flachen und austauschbaren Charaktere fällt es schwer, eine Bindung aufzubauen und sich als echter Teil der Geschichte zu fühlen: Die Story läuft eher vor dem Spieler ab, als um ihn herum. Im Gegensatz zu Dragon Age, wo sich die gesamte Spielwelt vor der Dunklen Brut fürchtet, scheinen die meisten Bewohner Skyrims nichts von der nahenden Katastrophe zu wissen. Schlimmer noch, den paar Gesellen die außerhalb des Hauptquests etwas davon gehört haben, ist der Untergang der Welt schlichtweg egal. Großartige Verzweigungen oder Möglichkeiten, den Verlauf der Geschichte wirklich zu ändern, gibt es ebenfalls nicht. Allerdings werden diese Mängel durch die vielen Quests und Möglichkeiten mehr als wett gemacht.
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