Rugga schenkt uns die Art hinterlistiges Grinsen, die sonst nur für "Game of Thrones"-Bösewichte reserviert ist und erklärt, dass er unsere einzige Chance zu überleben darstellt, weil er als starker Anführer die belagerte Stadt Aberrang unter sich einen kann. Okay, Rugga ist ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse, der andere gerne übers Ohr haut. Aber vor den Stadtmauern wartet eine Armee aus Wütern - unheimlichen Steinsoldaten - auf uns, während sich um uns herum die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen. Haben wir wirklich eine Wahl?
Klar haben wir die! Denn The Banner Saga 3 stellt erneut unsere Entscheidungen in den Mittelpunkt: Wir können Rugga hier und jetzt zum Schweigen bringen oder ihm zumindest die Meinung geigen. Oder wir nutzen die Chance, mit seiner Hilfe die Kontrolle über die letzte Festung Aberrang zu erlangen.
The Banner Saga 3 soll die Trilogie zu ihrem epischen Finale führen, in dem wir nun wortwörtlich die ganze Welt retten müssen. Im Test überzeugt uns das Rundentaktikspiel dabei vor allem durch seine unfassbar dichte Atmosphäre, allerdings hätten wir uns von den Machern mehr Mut gewünscht - spielerisch und erzählerisch.
Niemand ist sicher
Zu Beginn wählt man zwischen drei Schwierigkeitsgraden und Rook oder Alette als Start-Charakter. Da beide Bogenschützen mit ähnlichen Fähigkeiten sind, macht es spielerisch keinen großen Unterschied, sondern bestimmt einfach, welchem Pfad der Geschichte wir folgen. Optional kann man auch einen Spielstand importieren. Unsere Karawane aus den Vorgängern muss sich in Teil 3 in Aberrang behaupten, das schon zu Spielbeginn von Wütern umzingelt ist. Die Schauplätze wechseln storybedingt, sodass wir parallel die Magier Juno und Eyvind begleiten. Die versuchen in der Unterwelt, die Dunkelheit (eine böse Macht, die das Land verschlingt) zu stoppen.
Dabei treffen wir zahlreiche Entscheidungen, die noch härter als in den vorherigen Teilen ausfallen. Weil wir gefühlt direkt in den Endkampf starten und schon nach wenigen Stunden der erste große Bosskampf winkt, gibt es keine Schonfrist: Wir müssen zum Beispiel unsere Gefährtin Nid zum Bleiben überreden, nachdem ihr Sohn in der Schlacht getötet wurde. Versagen wir, verlässt sie uns. Wichtige Figuren können zwar nicht im Kampf, wohl aber durch unsere Entscheidungen sterben - zum Beispiel, wenn wir eine falsche Abzweigung nehmen und in einen Hinterhalt geraten.
Oder wir bitten einen Charakter (den wir aus Spoilergründen nicht namentlich nennen wollen) uns zu einem Gespräch mit dem Feind zu begleiten. Die Situation eskaliert und derjenige wirft sich schützend vor uns, was er mit dem Leben bezahlt. Hätten wir ihn nicht mitgenommen oder anders gehandelt, wäre er noch am Leben, die Situation wäre aber womöglich anders verlaufen.
Allerdings ist meistens nicht ersichtlich, welche Folgen Entscheidungen nach sich ziehen. Das kann für Frust sorgen, wenn ein Charakter stirbt, nur weil wir ihm gesagt haben, er soll nach links laufen. Ohne Anhaltspunkte müssen wir oft einfach raten.
Die Schönheit einer sterbenden Welt
Trotzdem tragen solche kompromisslosen Entscheidungen ungemein zur Atmosphäre bei, die ohnehin das Herzstück von The Banner Saga 3 ist - hier übertrifft das Finale seine in dieser Hinsicht schon grandiosen Vorgänger sogar. Wir sehen wie Aberrang um uns herum zerfällt, während Stadtbewohner und Flüchtlinge sich aus Angst vor dem Untergang gegenseitig an die Gurgel gehen. Wir müssen entscheiden, ob wir den Wütern helfen oder sie aus Selbstschutz vernichten - obwohl sie doch selber nur vor der Dunkelheit geflohen sind.
Oder begleiten mit Juno und ihren Gefährten ein regelrechtes Selbstmordkommando: Fast jede falsche Entscheidung führt hier zu einem schnellen Charaktertod, zumal wir uns nicht nur mit von der Dunkelheit besessenen Wütern konfrontiert sehen, sondern auch noch vom verrückt gewordenen Varl Bolverk gejagt werden, während vor uns eine riesige Monsterschlange auf uns wartet. Dabei springt uns das Ende der Welt auch optisch über die wunderschön gezeichneten Hintergründe entgegen, nicht nur in der brennenden Stadt Aberrang. Die Unterwelt empfängt uns mit düsteren, fast surrealen Umgebungen, die deutlich mehr Abwechslung liefern als die grünen Wiesen der Vorgänger.
Perfekt untermalt wird das Gefühl von Melancholie und Verzweiflung durch die stimmungsvolle Soundkulisse: Auch wenn erneut wenig vertont ist und Zwischensequenzen rar bleiben, sorgen Hintergrundgeräusche wie Gesänge oder Rauschen sowie der nordische Soundtrack für ordentlich Atmosphäre. Zudem sind die Dialoge wieder fantastisch geschrieben, weshalb wir jeden ruhigen Augenblick mit den Figuren genießen, bevor der nächste Sturm anrückt.
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