In Deutschland werden sie in Parlamente gewählt, am Horn von Afrika hingegen gefürchtet: Piraten kann man eben lieben oder hassen. Doch egal ob Freibeuter-Freund oder -Feind, eines muss man anerkennen: Piranha Bytes hat sein Rollenspiel Risen 2: Dark Watersin ein derart stimmiges und liebevolles Korsaren-Korsett eingeschnürt, dass selbst notorische Augenklappen-Abschwörer schneller darin versinken als eine Schatzkogge nach einem Kanonen-Durchschuss.
So bleibt auch Risen 2 ein typisches Piranha-Werk mit Ecken und Kanten, aber auch viel urigem Charme und einer Atmosphäre, die man mit dem Säbel schneiden kann. Schaffen die Macher nach der misslungenen Konsolenumsetzung des ersten Teils eine gute Portierung von Risen 2?
Die Sammlereditionen
Neben der regulären Fassung für rund 50 Euro gibt’s von Risen 2 auch eine Collector’s Editon für 65 Euro, die zusätzlich den Soundtrack, ein paar Postkarten und Sticker, ein Kartenposter, ein Amulett sowie eine Piratenflagge enthält. Dazu gibt’s die DLCs Tempel der Lüfte (auch in der Standard-Edition enthalten) und Piratenkluft mit fünf exklusiven Ausrüstungs-Gegenständen.
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Noch eine Schippe drauf legt die nur bei Amazon.de verfügbare »Stahlbarts Schatz«-Edition für 100 Euro. In deren Holzschatulle liegen neben den Inhalten der Collector’s Edition und dem Vorbesteller-DLC Die Schatzinsel zusätzlich eine 20 Zentimeter hohe Gnomenfigur, das Lösungsbuch, ein Knochen- Kugelschreiber und eine Notiz der Entwickler.
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Tempoarme Hexenjagd
Die Handlung von Risen 2 beginnt trostlos: Wütende Titanen verbrennen das Alte Königreich, als machtloser Mitläufer einer machtlosen Militärtruppe (der Inquisition), versinkt der macht-, pardon, namenlose Held des ersten Risen in Selbstmitleid und leeren Rumflaschen. Er hat am Ende des ersten Riseneben nicht nur sein Auge, sondern auch alle Hoffnung verloren.
Und wie immer, wenn’s nicht mehr schlimmer kommen kann, kommt’s noch schlimmer: Gemeinsam mit seinem Befehlshaber Carlos erlebt der Held mit, wie direkt vor der letzten Inquisitionsfestung Caldera ein Riesenkrake ein Schiff in die Tiefe reißt. Nach dem von Vulkanen flambierten Land mutiert nun also auch das Meer zur Todesfalle.
Aber wie (wahrscheinlich) schon Captain Jack Sparrow lallte: In jedem Unglück liegt auch ein Samenkorn des Glücks. Aus diesem Samenkorn beziehungsweise dem verkrakten Wrack rettet sich nämlich eine alte Bekannte: die Piratenbraut Patty, im ersten Risennoch (zumindest im dramaturgischen Sinn) platter Nebencharakter, nun hingegen zentrale Handlungsfigur.
Die Dame bringt wichtige Neuigkeiten: Schuld am seeungeheuerlichen Treiben sei eine Meerhexe namens Mara, gegen die’s allerdings eine Waffe gebe. Welche, wo, wie – das weiß Pattys Papa, der Freibeuter Stahlbart. Im Geheimauftrag der Inquisition brechen Patty und der Held auf, um den alten Seewolf zu finden.
So weit, so interessant die Ausgangslage. Doch obwohl Risen 2 die Handlung mit wesentlich mehr und besser inszenierten Zwischensequenzen erzählt als der Vorgänger, mangelt es zwischendurch an Tempo und Dramatik. Höhepunkte sind rar, allenfalls zwei knallige Bosskämpfe und eine unerwartete Wendung haften im Gedächtnis.
Mara wiederum entpuppt sich alsein überaus blasser Bösewicht, der nur alle paar Spielstunden mal auftaucht – hier verschenkt Piranha Bytes viel Potenzial, ebenso wie am sehr zügig abgewickelten Ende. Nachdem sich viele Fans über den langatmigen Schlussakt des Vorgängers beschwert hatten, haben die Entwickler ihn diesmal gestrafft.
Und zwar zu sehr, zwischen dem Aufbruch zum Endkampf und dem Abspann liegen gerade mal zehn bis zwanzig Minuten. Unterm Strich haben wir jedoch auch schon weit langweiligere Storys erlebt, zudem führt die Handlung gut durch die Spielwelt und motiviert so immer zum Weiterspielen.
Eine Welt zum Genießen
Denn die Spielwelt zählt Piranha-typisch zu den großen Stärken des Abenteuers. Risen 2 spielt auf den Inseln und an den Küsten der vom Titanenfeuer verschonten Neuen Welt. Durch die reisen wir anfangs nicht frei, sondern folgen einem vorgegebenen und durchaus unterhaltsamen Pfad vom Eiland Takarigua zur Schwertküste.
Erst nach rund 15 Stunden öffnet sich Risen 2, dann nämlich erwirbt (besser: klaut) unser Held sein eigenes Schiff und darf fortan beliebig zwischen den bereits besuchten Inseln kreuzen -- weitere Schauplätze kommen im Verlauf der Handlung hinzu.
Und auch wenn selbst die größten Abschnitte (die Schwertküste und die Küste von Maracai) allerhöchstens halb so groß ausfallen wie die Insel Faranga aus dem ersten Risen, bleibt die klassische Gothic-Entdeckermotivation ungebrochen.
Weil selbst in den letzten Winkeln noch verborgene Schätze liegen, ist es nicht nur spaßig, sondern auch sinnvoll, die Inseln komplett zu erkunden. Und wer dabei auf ein (noch) übermächtiges Monster stößt, kehrt eben später als gereifter Held zurück und brennt dem Biest gehörig eins auf den Pelz oder Panzer.
Die Schauplätze selbst hat Piranha Bytes überaus liebevoll und detailliert gestaltet. Das Piratennest Antigua etwa, in dem zwischen windschief-rustikalen Holzbauten bunte Lampions baumeln. Oder die von brennenden Hügeln umgebene Festung Caldera.
Oder das Eingeborenendorf der Maracai auf einem Plateau hoch über dem Dschungel. Apropos: Obwohl wir auf jeder Insel Urwälder durchqueren, sehen diese nie generisch oder langweilig aus, sondern stets natürlich und, nun ja, richtig dschungelig eben – eine großartige Leistung!
Wie üblich geht zudem jeder Einwohner einem (simplen) Tagesablauf nach, Eingeborene etwa tanzen nachts bevorzugt ums Feuer. Besonders stimmungsfördernd ist die bezaubernde Beleuchtung, vor allem am Morgen und Abend lädt die Spielwelt dazu ein, einfach mal kurz zu verweilen und die Aussicht zu genießen.
Die Konsolenumsetzung
Piranha Bytes kitzelt aus der betagten Technik das letzte Quäntchen Schönheit heraus. Im Vergleich zur PC-Version gehen auf der Xbox 360 kaum Details verloren: Fische schwimmen munter im Teich herum, Blütenstaub schwebt ruhig in den Lichtkegeln, die die Sonne in Kooperation mit der leicht nebeligen Waldluft zwischen die Bäume zaubert. Das ist allerdings nicht nur Segen, denn der Detailgrad sorgt für Performance-Einbrüche: Besonders wenn wir die Kamera in stark bewachsenen Regionen drehen geht die Bildrate in die Knie.
Gespart haben die Macher an Schattenqualität. Alle Schatten (und davon gibt es in Risen 2 viele) wirken stark pixelig. Auch dass Objekte und Texturen oft erst spät laden, ist nicht gerade schön. Die im Vergleich zum ersten Risen zwar verbesserten aber immer noch hölzernen Gesichter und die teils abgehackten Animationen (etwa beim Springen und Klettern) sind weniger eindrucksvoll als ein Piratenschiff ohne Kanonen.
Hinweis: Einige Personen, die Risen 2 auf der Xbox 360 gespielt haben, berichten von teils unerträglichem Geruckel. Uns fiel aber bis auf die genannten Performance-Einbrüche (bei der PS3 mehr als auf der Xbox 360) und Zeilenverschiebungen nichts dergleichen auf. Wir werden das Problem weiter beobachten und die Wertung bei Häufung des Problems gegebenenfalls anpassen.
Wer Risen 2 auf der Xbox 360 spielt, sollte das Spiel für die beste Performance installieren. Selbiges ist auf der PlayStation 3 unverständlicherweise nicht möglich. Hier hilft es allerdings, den Ruckler verursachenden Autosave-Modus übers Menü abzuschalten - ans Speichern muss man dann allerdings selbst denken!
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