Portal Knights im Test - Ritter der Déjà-vu-Inseln

Portal Knights wurde beim Deutschen Computerspielpreis 2017 von der Jury als "bestes deutsches Spiel" des Jahres ausgezeichnet. Im Test prüfen wir, was sich hinter dem preisgekrönten und kunterbunten Sandbox-Rollenspiel aus Frankfurt verbirgt.

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Die Erde liegt in Schutt und Asche, dunkle Mächte haben unsere Welt im wahrsten Sinne des Wortes zerbrochen und in mehrere schwebende Inseln zerstückelt. Als wackere Portalritter ist es fortan unsere Aufgabe, mystische Splittersteine zu finden und damit magische Tore zu reparieren, die die Reise in der geteilten Welt und die Heilung des Planeten ermöglichen.

Die erste Ernüchterung direkt zu Beginn: Die vielversprechende Grundprämisse des Intros wird der einzige Storyfetzen im Spiel bleiben, den es in dem kooperativen Sandboxabenteuer über die Welt zu entdecken gibt. Aber Geschichte ist ja nicht alles, schließlich finden sich in Portal Knights auf den ersten Blick fast alle Zutaten, die ein Action-Rollenspiel typischerweise auszeichnen: Ein Charaktereditor mit einer großen Auswahl an Bärten, drei Kämpferklassen (Magier, Ritter und Bogenschütze), ein Levelsystem mit Talenten, unterirdische Dungeons voller Feinde und übergroße Bossgegner. Doch die zweite Ernüchterung folgt sogleich: All diese Bestandteile sind nur in einer sehr rudimentären Form im Spiel enthalten und machen aus Portal Knights allerhöchstens ein "Rollenspiel Light".

Monotone Kämpfe in bunter Klötzchenwelt

Fangen wir positiv an: Technisch und atmosphärisch sind die vielfältigen Inselwelten von Dschungel- bis hin zu Schneelandschaften absolut gelungen und sehenswert, wobei das niedliche, knallbunte und kindgerechte Monster- und Weltendesign sicherlich Geschmacksache ist. Auf unserer Reise treffen wir auf vielfältige Gegnertypen wie Steingolems, wildgewordene Schamanen-Affen mit Blasrohren, giftige Schleimblobs oder fliegende Zyklopenaugen mit einem Hang zur Selbstzerstörung.

Weniger begeistert hat uns das Kampfsystem, das ohne jegliche taktische Tiefe auskommt. Unterschiedliche Schlagtechniken, Kombos oder sonstige Varianz gibt es nicht - eine Ausweichrolle und ein normaler Angriff bilden das gesamte Repertoire. Nach jeweils fünf Stufenaufstiegen können wir ein neues passives Talent auswählen, um beispielsweise einen erhöhten Rüstungsschutz oder Boni auf bestimmte Waffenarten zu erhalten. Nur: Das Kampfgeschehen wird dadurch nicht spürbar verändert.

Neben den zahlreichen Scharmützeln mit normalen Gegnern finden sich in Portal Knights genau drei größere Bosse, die auf ihrer eigenen kleinen Privatinsel unseren Besuch erwarten. Die großen, bildschirmfüllenden Gegner sind toll in Szene gesetzt, bieten aber ebenfalls nur spielerische Standardkost. Die Bosse fügen sich durch ihre separaten Inseln nicht organisch in die Welt ein und wirken in dieser Form eher aufgesetzt und beliebig.

Ich kann kein Loot sehen!

Ein typisches Merkmal fehlt auf der Rollenspiel-Checkliste: Loot! Hier wagt Portal Knights den Bruch mit den Konventionen: Erledigte Feinde lassen keine Waffen und Rüstungen fallen, die Beutespirale wird durch ein Craftingsystem ersetzt. Dazu bauen wir mit Spitzhacke und Bohrer überall in der Welt Ressourcen und Materialen wie Eisen, Edelsteine und Kohle ab. Nachwachsende Stoffe wie Baumwolle lassen sich im eigenen Garten züchten.

Mit der Spitzhacke bauen wir Materialien wie Eisen oder Edelsteine ab. Mit der Spitzhacke bauen wir Materialien wie Eisen oder Edelsteine ab.

Die Inseln bieten je nach Klimazone unterschiedliche Rohstoffvorkommen. Deshalb müssen wir permanent zwischen den Welten springen, um die benötigten Materialien einzusammeln. Mit Hilfe von Schmelzofen, Amboss und Werkbank stellen wir immer hochwertigere und bessere Rüstungen, Waffen und Arbeitsgeräte her. Anders als in den meisten Craftingspielen müssen wir das Spiel nicht verlassen, um im Internet nach Bauanleitungen zu suchen. Als Belohnung im Kampf und in Schatztruhen finden wir Rezepte, die sich nach einmaligem Lesen dauerhaft im Baumenü befinden. Zeit- und ressourcenintensive Upgrades der Arbeitsgeräte erhöhen ebenfalls die Liste an herstellbaren Gegenständen.

Im Dreiklang aus Kämpfen, Ressourcen Sammeln und Craften plätschert das Spiel Stunde für Stunde ohne großen Spannungsbogen vor sich hin. Auf einer neuen Inselwelt angekommen, sammeln wir so lange Splitter, bis wir das nächste kaputte Portal reparieren können, schreiten hindurch und beginnen den Prozess von vorne. Viel zu entdecken gibt es auf den prozedural generierten Inseln nicht. In der Regel befinden sich auf jeder mehrere Dungeons, deren Versatzstück-Bauweise uns aber bereits nach dem dritten Höhlenbesuch ein dauerhaftes Déjà-vu-Gefühl beschert. Da das Spiel ohnehin keinen richtigen Loot besitzt, ist der Besuch dieser Zufalls-Dungeons, von neuen Rezepten und Erfahrungspunkten abgesehen, wenig lukrativ. Ganz darauf verzichten können wir allerdings nicht, weil sich die Portale in die nächste Welt oft unterirdisch befinden.

Nach anhaltendem Feedback der Community haben die Entwickler in der Early-Access-Phase die Möglichkeit eingebunden, auf Wunsch schwerere Versionen der Bosskämpfe zu besuchen. Nach anhaltendem Feedback der Community haben die Entwickler in der Early-Access-Phase die Möglichkeit eingebunden, auf Wunsch schwerere Versionen der Bosskämpfe zu besuchen.

Ein klassisches Questsystem, das die Erkundung der Welt etwas interessanter gestalten könnten, fehlt spürbar. Hin und wieder treffen wir auf vereinzelte, zusammenhangslos platzierte NPCs in der Landschaft, die einen bestimmten Gegenstand vermissen oder uns um die Bekämpfung gezielter Monster bitten. Ganz selten finden wir kleine Ladengeschäfte, in denen Rohstoffe oder Begleittiere ohne spielerischen Mehrwert mit den ansonsten völlig überflüssigen Goldmünzen gekauft werden können, die sich im Inventar ansammeln. Diese schlicht unfertig wirkenden Elemente aus dem Rollenspielbaukasten bereichern die Welt weder spielerisch noch erzählerisch.

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