Update
Durch einen Patch hat Entwickler Netherrealm Studios sowohl den Grind beim Freischalten von Boni als auch den Schwierigkeitsgrad der Türme der Zeit entschärft. Wir haben den Testartikel und die Wertung entsprechend angepasst.
Mit Mortal Kombat 11 veröffentlichen die Netherrealm Studios von Serienvater Ed Boon das bisher wohl ambitionierteste Spiel der Reihe. Die Kämpfe sind gewohnt überspitzt-blutig inszeniert, mit zumeist makabrem Ende für den Verlierer.
So weit so bekannt. Doch das Drumherum stellt mit aufwändigem Storymodus, neuen Turm-Herausforderungen, individualisierbaren und aufrüstbaren Outfits sowie einer komplett überarbeiteten Krypta zum Freischalten von Boni in Sachen Inszenierung und Umfang alle bisherigen Serienteile in den Schatten.
Mortal Kombat 11 ist zudem das bisher blutigste Kapitel der Reihe und kommt - dem Urteil zum nachträglich freigegebenen zehnten Teil sei Dank - dennoch völlig ungekürzt in deutsche Läden. Wenn man die bisherige Geschichte der Konflikte zwischen Mortal Kombat und dem deutschen Jugendschutz Revue passieren lässt, kommt man als alteingesessener Fan der Prügelsaga wohl nicht umhin, eine Träne der Rührung aus dem Augenwinkel zu wischen.
Aber sei's drum, wir wollen im Test zu Mortal Kombat 11 nicht nur Tränen, sondern vor allem Blut spritzen sehen. In diesem Sinne: Round One. Fight!
Mikrotransaktionen
Alle Boni, die ihr in den Türmen oder in der Krypta freischalten könnt, sind leichter und verführerischer im Ingame-Store gegen Kristall-Währung verfügbar. Kristalle bekommt ihr zwar in kleinen Mengen im Spiel selbst, doch Warner Bros. bietet sie auch als Mikrotransaktion an und lässt sich das fürstlich bezahlen. Die Extras sind allerdings nicht kriegsentscheidend in Bezug auf das Spielerlebnis, ihr verpasst also nicht allzu viel, wenn ihr nicht grinden oder mikrotransaktionieren möchtet.
Vetraute Grundlagen
Gehen wir gleich mal ans Eingemachte: Die Kämpfe selbst wirken sofort vertraut: Zwei Kombattanten stehen sich im tödlichen 2,5D-Duell gegenüber und beharken sich mit Special-Moves und Kombos, bis eine Gesundheitsleiste zur Neige geht.
Wer zwei Runden gewinnt, darf den Verlierer mit einem spektakulär-splatterig inszenierten Fatality in die Hölle der lebendig Zerstückelten schicken - wenn er denn in einem kurzen Zeitfenster die Tastenkombination dafür hinkriegt.
Das Gameplay fühlt sich im direkten Vergleich zu Mortal Kombat X deutlich entspannter an: Das Tempo ist etwas reduziert, und die Kampfmechanik ist nicht mehr übermäßig auf das Meistern von Kombos ausgelegt. In alter Serientradition bestehen diese Kettenangriffe auch im elften Teil aus Tastenkombinationen, die ihr auswendig lernen müsst, um sie gezielt einzusetzen.
Praktisch ist dabei die erneut jederzeit einblendbare Move-Liste, die euch diesmal sogar Tastenfolgen als Einblendung über den laufenden Kampf legen lässt, damit ihr nicht ständig pausieren müsst.
X-Ray-Evolution namens Fatal Blows
Wer an die beiden Vorgänger zurückdenkt, dem fallen wohl sofort die spektakulären X-Ray-Moves ein. Die sind in Mortal Kombat 11 zwar Geschichte, doch eine Evolution davon hat es dennoch ins Spiel geschafft.
Statt während des Kampfs eine Leiste aufzuladen, die einen X-Ray freischaltet, sind diese Special-Moves nun auf einen speziellen Zeitpunkt beschränkt: Sobald eure Gesundheit in den kritischen Bereich geprügelt wurde, löst ihr durch Druck auf zwei Schultertasten den neuen "Fatal Blow" aus.
Vorausgesetzt euer Gegner blockt nicht rechtzeitig ab, startet nun eine Sequenz, in der euer Kämpfer dem Gegenüber nach allen Regeln der Kunst den Kühler verbeult. Ach was, eigentlich sind die Fatal Blows in ihrer Brutalität mit Knochenbrüchen und durchbohrten Körperteilen bereits kleine Fatalities - doch ziehen sie dem Gegner "lediglich" ein Drittel seiner Energie ab.
Die Naturgesetze der MK-Reihe besagen wohl, dass niemand tot sein kann, der nicht irgendwie zerstückelt wurde. Anschließend geht der Kampf weiter.
Immer noch zu mächtig?
Beim ersten Anspielen von MK 11 im Januar waren wir skeptisch, ob dieser Verzweiflungs-Move nicht vielleicht zu mächtig sein und der Balance schaden könnte. Seitdem hat Entwickler Netherrealm Studios noch einmal an der Mechanik geschraubt.
Fatal Blows sind nun nur noch einmal pro Kampf statt in jeder Runde möglich, was ein gewisses taktisches Element ins Spiel bringt. Allerdings scheinen uns die Attacken immer noch einen Tick zu mächtig. Da gefiel uns die Mechanik aus Mortal Kombat X deutlich besser. Immerhin lassen sich die Fatal Blows im 2-Spieler-Duell deaktivieren.
Die Leisten, die sich während des Kampfs aufladen, gibt es indes immer noch: Sie sind aufgeteilt in einen Verteidigungs- sowie einen Angriffsbereich und lassen euch besonders starke Manöver ausführen.
Anpassbare Kämpfer
Neu in Mortal Kombat 11 ist das Individualisierungs- und Augmentationssystem. Ähnlich wie im DC-Prügler Injustice 2 gewinnt ihr immer wieder Objekte, die ihr in Slots an den Rüstungsteilen und Waffen bestimmter Charaktere anbringen könnt, um besondere Effekte wie größere Angriffskraft zu erzielen. Bevor ihr ein Rüstungsteil mit Augmentationen ausstatten könnt, müsst ihr die Slots jedoch zunächst durch das Sammeln von Erfahrungspunkten in Duellen freischalten.
Im Individualisierungsmenü stattet ihr den Kämpfer eurer Wahl entsprechend mit neuen Klamotten oder Gegenständen aus und zieht dann in den Kampf, um Erfahrung zu grinden. Das klingt einfacher als es ist, denn um an neue Kostüme und Waffen zu kommen, müsst ihr ebenfalls erst bestimmte Aufgaben erledigen.
Kampf zur Turmspitze
So tretet ihr etwa in den ständig wechselnden "Türmen der Zeit" nacheinander gegen eine Gruppe von Gegnern an, um schließlich nach dem Bosskampf mit Boni belohnt zu werden. Darunter können neben Ingame-Währung, Kostümteilen und anderen kosmetischen Boni auch Objekte sein, die ihr in den Türmen der Zeit einsetzt.
Das ist bitter nötig, denn oft bekommt ihr es mit Gegnern zu tun, die besonders gestärkt sind oder einen Effekt wie Gift auf euch wirken, sodass ihr kontinuierlich Gesundheit verliert. Bevor ihr einen solchen Kampf beginnt, solltet ihr also genau abwägen, welches Consumable ihr einsetzen wollt.
Darunter gibt es nicht nur solche, die sich gegenteilig auf negative Effekte auswirken, sondern auch besondere Angriffe wie etwa einen Meteoritenregen oder das Auffüllen eurer Gesundheit, die ihr durch eine Bewegung des rechten Analogsticks aktiviert. Die Kämpfe mit aktivierten Buffs können durchaus spaßig sein.
Zudem gibt es noch die "Klassic Towers", die an die aufeinanderfolgenden Kämpfe der klassischen Mortal-Kombat-Automaten angelehnt sind. Hier gibt es allerdings außer individuellen Charakter-Abspännen und Ingame-Währung nicht viel zu gewinnen.
Online-Verbindung nötig
Achtung: Die Türme der Zeit (nicht die klassischen Herausforderungstürme) und die Krypta setzen wegen des nötigen Datenabgleichs eine Online-Verbindung voraus. Der Rest des Spiels (na gut, außer dem Online-Modus natürlich) ist aber auch offline spielbar, auf die Belohnungen der klassischen Türme müsst ihr dann aber verzichten.
Die Krypta
Wer es auf Belohnungen im großen Stil abgesehen hat und vielleicht auch die Zweit-Fatalities der Kämpfer für die Move-Liste freischalten möchte (wer die Tastenkombination kennt, kann sie auch vom Start weg ausführen), sollte der Krypta einen Besuch abstatten.
Hier wandert ihr mit einem extra für diesen Modus geschaffenen Charakter in der Third-Person-Perspektive über Shang Tsungs Insel und gebt euer Erspartes für das Öffnen von Kisten aus. Im Gegensatz zu früheren Inkarnationen der Krypta sind die Extras hier nicht den herumliegenden Kisten zugewiesen, sondern werden per Zufall verteilt. Das macht es etwas schwerer, an die wirklich guten Sachen zu kommen, da ihr euch nicht auf entsprechende Listen aus dem Internet verlassen könnt.
Schmerzhafter Grind
Wer will, kann an einem speziellen Schrein die Inhalte auch neu verteilen lassen. Die meisten Kisten öffnet ihr mit Koins, die ihr im Spiel für alle möglichen Dinge erhaltet. Kniffliger wird es hingegen, wenn ihr spezielle Truhen mit wertvollem Inhalt öffnen wollt, die etwa Herzen als Währung verlangen.
Das erfordert ziemlichen Grind, da ihr Herzen hauptsächlich für Fatalities (drei Herzen) und Brutalities (fünf Herzen) erhaltet - und die Kisten sich nur für den Festpreis von 250 Herzen öffnen lassen. Netherrealm hat zwar seit den Beschwerden zum Launch durch einen Patch nachgebessert, doch nervig ist das Grinding immer noch. Man kann die Mikrotransaktionsmöglichkeiten förmlich riechen - und wenn man den Ingame-Store öffnet, auch sehen. Den Grind nahmen Mortal Kombat 11 zum Start viele Spieler übel - wie sich an etlichen Nutzerwertungen ablesen lässt.
Ein Besuch auf Shang Tsungs Insel lohnt sich aber nicht nur für das Freischalt-Erlebnis, sondern die Krypta ist in dieser Inkarnation beinahe schon ein kleines Single-Player-Adventure, in dem ihr nicht nur die heruntergekommenen Schauplätze des ersten Mortal-Kombat-Turniers erkundet, sondern immer wieder auch mit Puzzles konfrontiert werdet. Wer etwa zerstückelte Leichenteile über drei Hebel in die richtige Kombination bringt, öffnet Gitter, hinter denen sich Herz-Kisten befinden.
Ein Schlag mit dem unterwegs aufgesammelten Hammer auf einen Gong öffnet verschlossene Wege, und unterwegs lassen sich auch Artefakte wie Scorpions Kettenspeer finden, die ebenfalls Hilfsmittel für zuvor unerreichbare Kisten und Wege sind. Dazu erzählt Shang Tsungs Geist interessante Dinge über die Orte, die ihr betretet oder gibt euch Tipps. Eine wirklich feine Sache.
Story-Modus: Ein Trash-Film epischen Ausmaßes
Ebenfalls eine feine Sache ist der Storymodus von Mortal Kombat 11. Ganz in der Tradition der beiden Vorgänger erlebt ihr hier eine filmisch inszenierte Geschichte, in deren Verlauf ihr immer wieder in andere Figuren schlüpft, um zwischen den teils ausufernd langen Storyschnipseln Zweikämpfe zu bestehen.
Im Grunde erlebt ihr einen knapp fünfstündigen Trash-Film epischen Ausmaßes, den man (mit etwas Feintuning und vielleicht einem durchdachteren Script) beinahe auch eigenständig als Blu-ray veröffentlichen könnte.
Durch den Zwang, im Verlauf immer wieder neue Charaktere zu spielen, eignet sich der Storymodus bestens als Einstieg für Neulinge, um auf unterhaltsame Weise mit den Unterschieden in der Steuerung der Figuren vertraut zu werden. Nunja, ein anfänglicher Abstecher in die Trainings-Sektion des Spiels kann natürlich nicht schaden, und den voreingestellten Schwierigkeitsgrad solltet ihr gegebenenfalls heraufsetzen, da "mittel" im Bruch mit der Serientradition eher einem "einfach" entspricht.
Die Inszenierung der Geschichte um die Zeitgöttin Kronika, die genug hat von Donnergott Raiden, der sich immer wieder in ihren geplanten Verlauf der Ereignisse einmischt, ist im Bereich der Prügelspiele unerreicht: Aufwendige Massenkeilereien, filmische Schnitttechniken und wahnsinnig detaillierte Charaktermodelle mit teils unglaublich realistischem Mienenspiel machen die Story um die Verschmelzung zweier Zeitlinien zu einem unterhaltsamen Erlebnis.
Netherrealms Ambitionen sind im Prügelgenre keine Selbstverständlichkeit, und Mortal Kombat 11 sticht rein inszenatorisch und technisch so manch anderes Spiel aus storyambivalenteren Genres locker aus.
Auch wenn es eigentlich nur episch inszenierter Blödsinn ist. Doch das ist letztendlich alles nur Nebensache, wenn es um die reine spielerische Qualität von Mortal Kombat 11 geht - und die ist fantastisch. Sowohl Einsteiger wie auch Veteranen werden sich in den blutrünstigen Zweikämpfen sofort wohlfühlen. Selbst notorische Einzelspieler kommen angesichts der schieren Fülle an freispielbaren Inhalten erheblich mehr auf ihre Kosten als in anderen Prüglern.
Die Switch-Version
Auch auf der Switch macht Mortal Kombat 11 Spaß. Hier steckt alles drin, von der abgedrehten Story über sämtliche Fatalities und Fatal Blows bis zu den Unmengen von Kostümen - samt Grind und Mikrotransaktionen, die damit einhergehen. Auch bei der Grafik muss man Abstriche in Kauf nehmen - das Spiel läuft mit 60 Bildern pro Sekunde, dafür sind viele Texturen an Charakteren und in den Stages sehr niedrig aufgelöst, sichtbare Verletzungen an den Figuren wurden entfernt, die Qualität für Beleuchtung, Schatten und Partikel wurde stark zurückgeschraubt. Mortal Kombat 11 läuft flüssig, die Grafik ist zweckmäßig, aber nicht schön.
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