Solltet ihr vor dem Lesen dieses Artikels einen Blick in den PlayStation Store geworfen haben, vergesst bitte, was ihr dort gelesen habt. Infernium wird im Shop als Survival Horror angepriesen, doch wer hier ein Resident Evil oder Outlast erwartet, ist schief gewickelt. Mit klassischem Horror hat der Titel des spanischen Entwickler-Solisten Carlos Coronado (Mind: Path to Thalamus) nämlich abgesehen von ein paar Jumpscares nichts gemeinsam.
Statt Grusel bietet der Titel eine ungewöhnliche Mischung aus zwei bekannte Spielprinzipien, die auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammenpassen: Pac-Man und Dark Souls. Das funktioniert auf den zweiten Blick dank non-linearer Areale und vertikalem Level-Design richtig gut, hat aber einen großen Nachteil gegenüber den beiden Vorbildern: Denn die sind hart, aber (im Fall von Pac-Man immerhin meistens) fair. Infernium fühlt sich aber viel zu oft unfair an.
Zugänglichkeitsoptionen
Infernium bemüht sich abseits seiner Spielmechaniken sehr um Zugänglichkeit und bietet ein extrem anpassbares Spielerlebnis: Auf Konsole und PC gibt es zum Beispiel Einstellungsmöglichkeiten für behinderte, taube oder farbenblinde Spieler. Außerdem kann man viele Details wie den Kamerawinkel anpassen oder sich in einem Fotomodus austoben.
Bislang nur auf dem PC wurden per Patch zusätzliche Spieleinstellungen eingeführt: Man darf so den Permadeath deaktivieren, ganz ohne Gegner oder mit langsameren Feinden spielen und mehr Tutorials aktivieren. Wer will, kann sich so nur auf das Erkunden der Welt konzentrieren. Wir gehen davon aus, dass das Update noch für PS4 und Switch erscheinen wird.
Alternativ kann man sich auch an ein New Game Plus wagen, das mit noch mehr und härteren Gegnern eine größere Herausforderung darstellt.
Ein (umgedrehtes) Schloss im Himmel
Wir werden ohne Erklärung einfach in die Welt von Infernium geworfen. Zwar gibt es vereinzelte Tutorial-Einblendungen, wirklich viel erfahren wir so aber nicht. Mit der Story verhält es sich ähnlich: Statt über eine konkrete Erzählung lernen wir die Hintergründe über an den Wänden der Spielwelt verteilte Notizen.
Man kann die insgesamt 17 offenen Level frei erkunden und in beliebiger Reihenfolge absolvieren. Dadurch lesen wir uns auch querbeet durch die Story-Schnipsel. Das stört aber nicht, weil die Geschichte ohnehin ziemlich belanglos ist: Fünf Hobbytaucher haben im Urlaub einen Zugang zu der Welt von Infernium entdeckt, einer Art Hölle. Abgesehen von kleinen, mäßig interessanten Konflikten (Sollen wir der Menschheit davon erzählen?) lesen sich die Berichte wie ein Urlaubstagebuch und verraten so gut wie nichts über die Spielwelt. Das Infernium bleibt damit eher eine stumme Kulisse.
Die surrealen Umgebungen machen aber optisch neugierig: Wir erkunden zum Beispiel ein auf den Kopf gestelltes Schloss oder Plattformen, die mitten in einem blendend weißen Wolkenmeer schweben. Oder eine stockfinstere Höhle. Stellenweise sind die Fantasielandschaften von Infernium sehr hübsch und atmosphärisch. Gerade wenn schaurige Geräusche dazukommen, erleben wir doch noch ein wenig Horror-Stimmung. Allerdings merkt man dem Titel das knappe Budget an. Viel zu oft stapfen wir durch die immer gleichen dunklen Gänge, und viele Objekte (rote Kissen!) wiederholen sich an jeder Ecke.
Umlaufen statt Draufhauen
Spielerisch fesselt Infernium, wenn man bereit ist, sich einzuarbeiten. Anfangs fühlen wir uns noch wie in einem Puzzle-Plattformer: Mit unserem Dash können wir von einer Plattform zur nächsten teleportieren. Nach den ersten Umgebungsrätseln kommen auch Feinde hinzu. Wie wir schmerzhaft am eigenen Leib erfahren, kann man die nicht direkt bekämpfen. Ohne Hinweise müssen wir hier selbst einen Weg finden: Wie in Pac-Man umlaufen wir Gegner einfach geschickt.
Wollen wir zum Beispiel eine Brücke mit einem Gegner überqueren, locken wir ihn zuerst an. Er folgt uns dann ins nächste Gebäude und wir können ihn in den Gängen abschütteln. Anschließend laufen wir schnell über die Brücke und schließen eine Tür hinter uns, um den Verfolger auszusperren. Das Prinzip bleibt gleich, wird durch mehrere Feinde und kompliziertere Umgebungen aber immer schwieriger. Manche Gegnertypen erfordern außerdem eine ganz andere Taktik: Es gibt unsichtbare Monster, die nur im Regen sichtbar werden oder Geister, die durch Wände gehen können.
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