Angriff der Actionhelden
Dass wir die Taktikansicht auch auf den höheren Schwierigkeitsgraden selten brauchen, liegt vor allem daran, dass wir unsere KI-Kameraden ihre Fähigkeiten auch ohne unser Zutun ausgesprochen clever einsetzen. Beispielsweise umhüllt ein entsprechend talentierter Magier Charaktere, die angegriffen werden, automatisch mit Schutzschilden und belebt gefallene Kameraden wieder.
Wir dürfen den Begleitern auch wieder taktische Vorgaben machen, die jedoch viel unkomplizierter ausfallen als in Dragon Age: Origins. Beispielsweise legen wir mit Optionen fest, wen unser Krieger bevorzugt beschützen soll (den Magier natürlich), wie viele Heiltränke die Jungs und Mädels maximal schlucken dürfen und welche Fähigkeiten die Gruppe einsetzen soll und welche nicht. Das war's aber auch schon, den Rest erledigt die KI sehr zuverlässig.
Nun wäre das ja an sich eine gute Sache, macht Dragon Age: Inquisition aber auch actionlastiger. Denn unser Hauptheld muss einfach nur mit draufhauen - wenn wir den rechten Trigger ziehen, schlägt beziehungsweise schießt er unentwegt (übrigens auch außerhalb von Gefechten). Noch dazu springt der Cursor im Kampfgetümmel sehr oft versehentlich auf einen anderen Feind, weil das Spiel immer den Gegner in der Bildmitte anvisiert. Das können wir nur verhindern, indem wir den gewünschten Feind durch einen Druck auf den rechten Analogstick fest »einloggen«.
Fähigkeiten lösen wir über vier jeweils doppelt belegten Gamepad-Buttons aus , selbst wenn unser Held mehr kann, müssen wir uns also auf acht Talente beschränken. Auch das nimmt uns taktischen Spielraum: Je weniger Fähigkeiten, desto weniger können wir mit unterschiedlichen Vorgehensweisen experimentieren. Etwas nervig ist auch, dass wir ständig mit dem linken Trigger zwischen den doppelt bewegten Aktionstasten hin und her wechseln müssen. Eines der Talente lösen wir zudem standardmäßig über die RB-Taste aus, was etwas unintuitiv ist, weil die drei anderen auf normalen Buttons liegen.
Klar, natürlich könnten wir im Gefecht dennoch stets etwas optimieren und beispielsweise dafür sorgen, dass die Gruppe Feuerdämonen gefälligst mit Eis- statt mit Blitzzaubern angreift, weil die Viecher auf Frost allergisch reagieren, aber wir müssen's eben nicht. Schildbewehrte Tempelritter wiederum wehren frontale Angriffe einfach ab, wir müssen sie von hinten angreifen oder beispielsweise mit Zaubern lähmen.
Doch auch dafür braucht's nicht unbedingt eine Pause, wenn wir die ganze Gruppe auf den Schildträger hetzen, geht er schon irgendwann zu Boden. Weshalb letztlich auch die meisten Standard-Kämpfe nach Taktikschema F ablaufen: anvisieren, draufbomben, vielleicht mal jemanden einfrieren oder mit Feuerzaubern in Panik versetzen, fertig. Dass die Kloppereien oft gleich ablaufen, heißt aber nicht, dass sie langweilig wären: Sie sind flott, knallig, spektakulär; es macht Spaß, fließend zwischen den Lieblingshelden zu wechseln, zu zaubern, Pfeile zu verschießen und zuzuschlagen.
Explizit ausgenommen vom Schema F sind zudem die hammerharten Kämpfe gegen Drachen, bei denen wir oft pausieren, um die Positionen unserer Gruppenmitglieder zu verändern. Fernkämpfer sollten nämlich tunlichst Abstand von den Feuerspuckern halten, tun's aber nicht automatisch - da stößt die Begleiter-KI an ihre Grenzen. Hin und wieder standen unsere Mitstreiter auch untätig herum, selbst wenn's noch genügend Gegner gab - aber immer nur wenige Sekunden lang.
Multiplayer-Modus
Dragon Age: Inquisition hat einen Multiplayer-Modus, in dem vier menschliche Spieler Gegnerwellen abwehren müssen. Der macht anfangs durchaus Spaß, lässt auf lange Sicht aber Abwechslung vermissen.
Lesen Sie hier unseren Test zum Mehrspieler-Modus von Dragon Age: Inquisition.
Trinken ja, zaubern nein
In normalen Gefechten pausieren wir meist nur, um den Heiltrank-Verbrauch besser zu kontrollieren. Wo wir gerade beim Thema sind: Dragon Age: Inquisition verzichtet bekanntlich auf Heilzauber, sämtliche Heilung im Kampf läuft über die Tränke. Auch nach dem Gefecht heilen unsere Helden nicht automatisch, sondern nur beim Tränkeschlucken, beim Schnellreisen über die Karte oder beim Rasten in Zelten.
Das klingt erst mal dämlich und ist auch nicht unbedingt logisch (Warum kann ein Magier Gefallene wiederbeleben, aber keine Verwundeten heilen?), stört im Gefecht aber weniger als befürchtet, auch wenn die Mechanik natürlich klar auf spielerische Vereinfachung ausgelegt ist - was Dragon Age-Fans nicht gerade erfreuen wird. In der Praxis jedoch müssen wir einfach darauf achten, immer jemanden in der Gruppe zu haben, der Magie-Schutzschilde herbeizaubern kann, um den Schaden zu minimieren. Den Rest erledigt die KI.
Standardmäßig ist unser Vorrat auf acht Heiltränke begrenzt, die sich noch dazu alle Gruppenmitglieder teilen. Beim Rasten sowie an Vorratskisten (die wir vor allem vor Bosskämpfen finden) füllen wir verbrauchte Genesungsbrausen kostenlos wieder auf, alle anderen Wässerchen (etwa Mana- und Regenerationstränke) müssen wir am Alchemietisch aus gesammelten Zutaten brauen. Eine gesonderte Fähigkeit brauchen wir dafür nicht, neue Tränke schalten wir einfach frei, indem wir die zugehörigen Rezepte erbeuten oder kaufen. Gleiches gilt fürs Schmieden von Runen, Waffen sowie Rüstungen. Bei den beiden Letzteren können wir unterschiedliche Crafting-Materialien nach Belieben kombinieren, jede Zutat bringt andere Werteboni. So lassen sich individuell angepasst Gegenstände herstellen, was spaßig ist, wenn auch nicht unbedingt notwendig.
Fokus auf Kampftalente
Auch klassische Rollenspieltalente à la »Überreden« oder »Schlösserknacken« sind in Dragon Age: Inquisition Fehlanzeige. Unsere Dialogoptionen hängen wie erwähnt von unserer Klasse sowie von unseren Begleitern ab, beispielsweise kann Cassandra eine unwillige Heilerin zur Zusammenarbeit mit der Inquisition überreden. Schlösser wiederum darf jeder Schurke (also etwa Varric oder Sera) einfach so knacken.
Auch die Charakterwerte unserer Helden dürfen wir nicht mehr manuell erhöhen, sie steigen automatisch. Bei Levelaufstiegen (und durch das Finden sehr seltener »Amulette der Macht«) verdienen wir lediglich Talentpunkte, mit denen wir neue Kampfmanöver sowie passive Boni freischalten. Dabei stehen uns anfangs vier Talentbäume zur Wahl, die für jede Klasse gleich sind.
Magier etwa spezialisieren sich auf Feuer-, Eis-, Blitz- oder Schutzmagie. Ab Stufe 10 bekommt zudem jeder Charakter noch einen individuellen Talentbaum, Dorian etwa darf sich dann auf Totenmagie (Furcht- und Geisterzauber) konzentrieren, Cassandra auf Templerfähigkeiten, mit denen sie die Party noch besser beschützen kann.
Im individuellen Talentbaum kann zudem jeder Held seine eigene Fokus-Fähigkeit freischalten, einen mächtigen Superangriff, für den wir zuvor im Kampf Fokuspunkte sammeln müssen. Die gibt's unter anderem für erfolgreiche Kombo-Manöver, etwa wenn unser Magier einen Gegner einfriert, damit ihn unser Krieger mit einem Wuchthieb zersplittern kann.
Besonders in schweren Gefechten sind die Fokus-Talente gerne mal das Zünglein an der Waage, Dorian etwa darf kurzfristig die Zeit verlangsamen - für die Gegner, die Gruppe bewegt sich derweil normal schnell weiter. Sera wiederum überzieht das Ziel mit rasend schnellen Messerstichen, Cassandra stärkt die Kampfkraft aller Begleiter. Es sagt ja niemand, dass Dragon Age keine coolen Fähigkeiten hat. Nur eben sehr wenige davon.
Einmal Horrormenü, bitte
Während das Talentmenü mit dem Gamepad noch halbwegs ordentlich zu bedienen ist, könnte das Inventar kaum unkomfortabler sein. Es besteht nämlich aus schmucklosen und unübersichtlichen Listen, da hilft auch die Sortierfunktion nicht. Hier hätten sich die Entwickler nicht unbedingt an Skyrim orientieren müssen. Alternative Waffensets hat Bioware übrigens gleich ganz gestrichen.
Waffen und Rüstungen dürfen wir übrigens aufrüsten, was an sich ja eine coole Idee ist, uns aber in nicht minder fummelige Menüs führt. Noch dazu verstehen wir nicht, warum Stiefel und Handschuhe keine eigene Item-Klasse mehr sind, sondern als »Upgrades« an passende Rüstungen drangeschraubt werden.
Das ist umständlich und nervig, weil wir's manchmal schlichtweg vergessen - dabei kann die Hand- und Fußbekleidung brauchbare Werteboni spendieren. Im offensichtlichen Wahn, Inquisition auch für Gelegenheits-Rollenspieler zugänglicher zu machen, hat Bioware hier nicht vereinfacht, sondern verkompliziert.
Ansonsten funktioniert die Gamepad-Steuerung allerdings tadellos und intuitiv, von Anfang an haben wir unseren Helden vom Griff – abgesehen von der Fummelei in der Taktikansicht. So krampfig wie mit Maus und Tastatur auf dem PC ist Dragon Age: Inquisition auf den Konsolen aber definitiv nicht, es ist eben ein wahren Next-Gen-Rollenspiel. Eines, das seine Spieler garantiert ein paar Wochen beschäftigt.
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