Als ich mich zum ersten Mal an Dragon Age: Inquisition versucht habe, wollte der Funke nicht so recht überspringen. Das dürfte vor etwa ein, zwei Jahren gewesen sein. Ich war also schon damals ziemlich spät dran und hatte vor, das Spiel vor Dreadwolf endlich nachzuholen.
Beim Zocken habe ich mir aber nicht die nötige Zeit genommen, um die Charaktere richtig kennenzulernen. Ich muss gestehen, dass ich ihnen als kleiner High Fantasy-Muffel einfach zu wenig Interesse entgegengebracht habe und viel zu schnell durch die Missionen gehetzt bin, ohne zu erkennen, was die Geschichte eigentlich ausmacht.
Folglich sah ich zu diesem Zeitpunkt einfach nur ein zehn Jahre altes RPG und kaum war das nächste Spiel auf meiner Wunschliste draußen, war die Inquisition vergessen – bis ich das Spiel vor ein paar Wochen noch mal ausgegraben habe. Dass ich dieses Mal nicht nur dabei geblieben bin, sondern mich völlig von der Story habe mitreißen lassen, ist Baldur’s Gate 3 zu verdanken.
Neustart mit hundertprozentigem Story-Fokus
Im Urlaub kam ich spontan auf die Idee, Dragon Age: Inquisition noch eine Chance zu geben und mit Elfe Elf-Riede komplett von vorn anzufangen. Dieses Mal hatte ich aber beim Spielen einen anderen Fokus. Weil ich in letzter Zeit mit großer Begeisterung in Baldur’s Gate 3 versunken bin, habe ich in Thedas genau das gesucht, was mich hier so gefesselt hat:
Meine ganz eigene Geschichte, die sich bedeutsam anfühlt und die von den ebenso authentischen wie spannenden Charakteren um mich herum getragen wird. Ich habe mich seit dem Neustart also voll und ganz auf diese Komponente fokussiert. Und dadurch habe ich das Rollenspiel ganz anders wahrgenommen und schätzen gelernt.
Anstatt wieder zu hastig durch die Missionen zu rennen, habe ich dieses Mal wie in Baldur’s Gate 3 zwischen Quests ständig im Rückzugsort meiner Gefährt*innen vorbeigeschaut. Dabei habe ich immer wieder alle verfügbaren Dialogoptionen erschöpft, einfach um sie besser kennenzulernen.
Die Charaktere erwecken die Welt zum Leben
Als ich mehr über die Krimis von Zwergen-Autor Varric erfahren habe, mehr über die Träume von Elfenmagier Solas und mehr über das Zerwürfnis des Tervinter-Adligen Dorian mit seinem Vater, erwachte die Story für mich endlich zum Leben.
Auch auf Missionen fand ich die zufälligen Unterhaltungen, die meine Companions auf dem Weg führten, oder die sich aufgrund unserer Entdeckungen entwickelten, oft spannender als das eigentliche Ziel. Ein Garant für interessante Einblicke stellte besonders Cole dar: Der im Diesseits gestrandete Geist kann im Innersten der Menschen lesen und versucht mit fast schon kindlichem Interesse, sie zu verstehen.
Die persönlichen Konflikte und nachvollziehbaren Standpunkte meiner Begleiter*innen haben die Welt selbst für mich greifbar gemacht, und das eben, obwohl ich generell häufig meine Probleme damit habe, mich auf ein Setting wie dieses einzulassen.
Ich kann dem in die Jahre gekommenen Spiel einiges verzeihen
Ich habe natürlich trotzdem Punkte bemerkt, bei denen das RPG nicht mehr ganz zeitgemäß und/oder einfach fernab von perfekt wirkt. Dazu gehören neben der in die Jahre gekommenen Grafik beispielsweise die unübersichtlichen Ausrüstungs- und Aufwertungsmenüs. Oder die vielen Sammelaufgaben.
Das Durchqueren der Welt fühlt sich meiner Meinung nach oft, gerade beim Erklimmen der Hügel (wenn ich beispielsweise Sammelgegenständen wie Scherben nachjage), fummelig an. Immer wieder entscheiden wenige Zentimeter links oder rechts darüber, ob Elf-Riede einen Hang erklimmen kann oder kläglich herunterrutscht. Kantengreifen ist ihr unbekannt.
Auch mit den Kämpfen bin ich immer noch nicht ganz warm geworden. 2014 hätte das womöglich noch anders ausgesehen, aber verglichen mit vielen aktuellen Action-RPGs empfinde ich die Gefechte als relativ gleichförmig und vermisse als Souls-Fan Tiefgang.
Aber auch darüber konnte ich hinwegsehen, weil ich mich einfach zurückgelehnt und gierig jeden noch so kleinen Storyfetzen auf dem Weg eingesaugt habe. Mehr noch: Ich habe lange herumgetrödelt und mich um das Finale gedrückt, weil ich einfach noch etwas länger in dieser Welt bleiben wollte.
Für das “Heimweh” danach liegt sogar schon Varrics Krimi Noire “Hard in Hightown” (Knallhart in der Oberstadt) bereit. Das fiktive Werk aus dem Spiel gibt’s nämlich als Taschenbuch in der echten Welt zu kaufen.
Als High Fantasy-Muffel kann ich also final wirklich nur sagen: Ich bin erstaunt, wie mich dieses RPG doch noch mitreißen konnte. Dass Baldur’s Gate 3 geschafft hat mich daran zu erinnern, wie die BioWare-Magie funktioniert, zeigt mir außerdem, wie gut Larian die Essenz davon eingefangen hat.
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