Blut = gut
Um eure vampirischen Fähigkeiten zu nutzen, von denen ihr immer zwei gleichzeitig ausgerüstet haben könnt, müsst ihr kostbares Blut ausgeben. Den dazugehörigen Balken könnt ihr auf verschiedenste Art und Weise füllen - durch einen Biss im Kampf, das Aussaugen von Ratten oder bestimmte Waffen wie etwa ein Amputationsmesser, das euren Gegner mit jedem Treffer ein bisschen kostbaren Lebenssaft abzwackt.
Habt ihr genug davon angesammelt, könnt ihr das Blut nutzen, um euch beispielsweise selbst zu heilen, euren Gegnern mit scharfen Klauen auf die Pelle zu rücken oder mit Blutspeeren um euch zu werfen.
Erreicht ihr Stufe zehn, könnt ihr zudem eure gesammelten Erfahrungspunkte nutzen, um eine von drei ultimativen Kampffertigkeiten freizuschalten, die mit tollen Animationen und effektvollem Blutgespritze einhergehen.
Mit rund elf unterschiedlichen aktiv einsetzbaren Skills, die in Kategorien wie defensiv oder aggressiv eingeteilt sind, habt ihr relativ viel Spielraum, euren blassen Bartträger an euren persönlichen Spielstil anzupassen. Die Fertigkeiten sind dabei gut ausbalanciert, und auch wenn manche Kombinationen besser funktionieren als andere, muss man schon viel falsch machen, um stecken zu bleiben.
Allerdings lässt es euch Vampyr auch deutlich spüren, wenn ihr euch mit Gegnern anlegt, die weit über eurem eigenen Level sind. Wer aber die richtige Taktik einsetzt und seine Angriffe klug platziert, zwingt auch die wildesten Monster und fanatischsten Jäger in den Staub. Und selbst wenn ihr den Löffel abgeben solltet, ist das halb so wild. Irgendeinen Vorteil muss es ja haben, als Untoter durch die Welt zu wandeln.
Trautes Heim, Glück allein
Der große Nachteil: Sonnenlicht ist dem noblen Teint eher abträglich, weshalb ihr euch ab und an in einen der Unterschlüpfe zurückziehen solltet, die in der Spielwelt verteilt sind.
Zwar gibt es keinen richtigen Tag/Nacht-Zyklus, aber die Verstecke sind die einzigen Orte, an denen ihr durch Kämpfe und Quests erhaltene Erfahrungspunkte gegen Skills tauschen, euer Arsenal aufrüsten und die Sera genannten Gesundheits-, Ausdauer- und Bluttränke herstellen könnt.
Das Spiel legt großen Wert darauf, euch mit aufwertbaren Waffen, zwei verschiedenen Upgrade-Zweigen pro Skill und stimmig inszenierten Bosskämpfen hinsichtlich seines Action-Anteils bei Laune zu halten.
Und doch hat Dontnod noch deutlich mehr Herzblut in den zweiten großen Gameplay-Pfeiler von Vampyr fließen lassen: die Interaktion mit den Bürgern Londons. Dass die Franzosen ihren Charakteren gerne in sich schlüssige und interessante Lebensgeschichten andichten, an denen man als Spieler gerne teil hat, haben sie mit den vielschichtigen und komplexen Figuren von Life Is Strange bewiesen. Diesen Trend führt Dontnod auch in Vampyr nahtlos weiter.
Habt ihr euch im Tutorial erfolgreich durch eine Reihe von Gegnern gekämpft und die Themse gen Norden überquert, begegnet ihr im beschaulichen Pub Turquoise Turtle den ersten Menschen, die euch nicht ans Leder wollen.
Mittels Multiple-Choice-Gesprächen, durch die ihr mit dem aus Spielen wie Mass Effect bekannten Dialograd navigiert, gelingt es Dontnod, schon in wenigen Sätzen äußerst gelungene Schraffuren der Charaktere zu skizzieren. Man will unbedingt wissen, wie es um die unerwiderte Liebe zwischen der Kellnerin Sabrina und dem Barbesitzer Tom steht, oder warum der verbitterte Säufer Dyson überhaupt erst zur Flasche gegriffen hat.
Echte Schicksale statt Abziehbildchen
Sobald ihr die Einführung hinter euch gelassen habt, potenziert sich die Bedeutung des Wohls der einzelnen Bürger der vier Distrikte, in denen ihr euch im Laufe des Spiels bewegt.
Der erste davon ist das Pembroke Hospital, an dem ihr nach dem turbulenten Ende des Tutorials Stola Dr. Edgar Swansea, dem Administrator und Mitglied des Geheimbunds Sankt Paulus, als Arzt angestellt werdet. Das Krankenhaus und die umliegenden Gassen sind das Zuhause einer bunten Vielfalt an Charakteren, die alle ihren eigenen Charme und eine Geschichte besitzen, bei der das Zuhören lohnt.
Da sind zum Beispiel der Krankenwagenfahrer Milton und Schwester Pippa, die eine Beziehung führen, obwohl er schwarz und sie weiß ist. Oder die rumänische Krankenschwester, die vor der blutigen Revolution in ihrem Heimatland fliehen musste und unter der Hand bitterarme Migranten mit dringend benötigten Medikamenten versorgt. Oder das schwule Pärchen, das in ständiger Angst vor Verfolgung leben muss.
All diese Charaktere definieren sich allerdings nicht nur durch diese eine Facette, sondern sind komplexe Persönlichkeiten mit eigenen Meinungen und Nuancen, die wir in Actionrollenspielen sonst eher selten zu Gesicht bekommen.
Dontnod schafft es, London als das darzustellen, was es nun mal seit jeher ist: Eine Ansammlung unterschiedlichster Menschen und Kulturen mit unterschiedlichsten Motiven - ein erfrischender Beweis dafür, dass Anspruch und Spielspaß sich nicht ausschließen müssen.
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