Perfektion
In optischer Hinsicht ist Uncharted 3: Drake's Deception über jeden Zweifel erhaben. Details in Nates Gesicht lassen sämtliche Abenteuerfurchen erkennen, der Dreitagebart zeigt jeden Stoppel und die Schatzsuche aus den ersten beiden Teilen hat die ein oder andere Falte um die Augen erscheinen lassen. Verachtende Blicke von Marlowe oder das freche Grinsen von Nate – die Gesichtsanimationen bringen euch die Figuren näher denn je. Neben der detaillierten Charaktergestaltung erlebt ihr in jeder Spieleumgebung eine stimmige Atmosphäre und ein durchdachtes Architekturdesign. In Jemen zieht ihr durch Gassen, lauft auf Dächern und durchquert Wohnungen. Keine Straße gleicht der anderen, mal begegnet euch ein aufgebrochenes Wasserrohr oder einzelne Blütenblätter schweben auf euch herab. Ein weiteres Reiseziel, die Wüste Rub al-Khali, bietet mit Sand eigentlich nicht viel Spielraum für Kreativität. Dennoch gehört sie zu den grafischen Highlights des Titels. Der Sand fließt organisch mit dem Wind, türmt sich immer wieder aufs Neue auf, und die Dünenmeere bringen euch im wahrsten Sinne des Wortes ins Schwitzen. Man kriegt fast Lust, sich der Sisyphusarbeit hinzugeben und jedes Sandkorn einzeln zu zählen.
Noch heißer wird es bei der Feueranimation. In einem verlassenen Schloss breitet sich eine züngelnde Feuersbrunst realistisch über Decke, Wand und Boden aus, Gemälde fangen an sich zu kräuseln, entzünden sich von selbst. Asche und rot leuchtende Glut schwirren durchs ganze Haus, Deckungen zerfallen zu Kohlebröckchen. Brandgeräusche und dramatische Musik untermalen das in sich zusammenbrechende Szenario. Die arabisch angehauchte Musik passt hervorragend zu sämtlichen Umgebungen, mal sorgt sie für melancholische Stimmung, mal peitscht sie euch an und bringt den Puls auf 180. Auch wenn viele Spieler eine englische Sprachausgabe bevorzugen, muss sich die deutsche Synchro nicht verstecken und ist vorbildlich auf die Lippenbewegungen abgestimmt. Im Gesamten wirkt Uncharted 3: Drake’s Deception wie ein Komplettpaket mit einer lebendigen und schön gestalteten Welt. Manchmal will man einfach stehen bleiben und wie im Urlaub Erinnerungsfotos schießen. Gerade bei den Fluchtszenen wünscht man sich eine Rückspulfunktion, wenn Nate vor Wassermassen im Kreuzer davonläuft oder auf einem einstürzenden Dach von Stein zu Stein springt.
Raue See
Mehr Spieldynamik erlebt ihr mit den sich bewegenden Untergründen, auf denen Nate Feuergefechte oder Fluchtaktionen bestehen muss. Und Physikspielereien. Bereits mit der Zugsequenz aus Uncharted 2: Among Thieves zeigte Naughty Dog mit einem fahrenden Untergrund dem Action-Genre 2009 neue technische Möglichkeiten. Im dritten Teil befindet ihr euch auf einem Schiff, das auf einem stürmischen Ozean fährt. Tosende Wellen brechen am Bug des Schiffes und lassen es von links nach rechts wanken. Kleine Dosen und Tonnen rutschen und kullern an Deck physikalisch korrekt in alle Richtungen. Selbst der sonst so standfeste Nate versucht mithilfe ausgebreiteter Arme sowie Bückhaltung, nicht umzukippen und neigt sich von der einen zur anderen Seite. Im Inneren des Schiffes setzt sich die Wackelorgie fort, und das führt zu einer besonderen Kampfumgebung, die das Zielen nicht gerade einfach gestaltet. Schwankt das Schiff plötzlich zur einen Seite, verrutscht das Fadenkreuz oder es kann passieren, dass sich eine gelagerte Kiste vor euer Gesicht schiebt. Noch mehr Bewegung bietet eine Reitersequenz, in der ihr eine Karawane verfolgt und euch bis zur Spitze vorarbeiten müsst. Zwischen engen Felsenpassagen bewegt das Pferd bei hektischer Steuerung seine Hufe zwar nicht immer so schnell, wie es die Geschwindigkeit vorgibt, auf offener Ebene galoppiert die Apfelfabrik aber wieder wie ein echter Red Dead Redemption-Gaul. Während der wilden Verfolgungsjagd springt ihr abwechselnd von Pferd auf rasende Laster, um eure Munition aufzufüllen, und wieder zurück. Es reichen eine grobe Richtungsangabe sowie der Sprungknopf, schon sitzt ihr wieder fest im Sattel. Einzig, wir hätten uns mehr solcher Fahrsequenzen gewünscht, obwohl das dem Spiel in puncto Unterhaltung keinen Abbruch tut.
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Koop-Missionen
Den Online-Modus konnten wir bis jetzt noch nicht ausführlich testen, reichen ihn aber nach. Doch wir haben uns per Splitscreen an die Koop-Missionen mit Nathan und Sully gewagt. Einige Schauplätze ähneln Orten aus dem Vorgänger. So beginnt ihr die Koop-Mission, die nicht wesentlich zur Kampagne beiträgt, in einer Waldgegend, die der Ausgrabungsstätte aus Uncharted 2 ziemlich nahekommt. Je mehr Gegner bugsiert werden, desto mehr Dollar stehen euch für Waffen-Upgrades, freischaltbare Charaktere und neue Fähigkeiten, beispielsweise drei Granaten auf einmal werfen, zur Verfügung. Zusätzlich werden die actiongeladenen Schusswechsel mit lässigen Kommentaren untermalt, und ihr habt sogar eine Abklatschfunktion wie in Portal 2.
Spiel des Jahres?
Uncharted 3: Drake's Deception ist eine technische Perle, die jetzt schon Maßstäbe für 2012 setzt. Positiv ist auch der Blick in Nathans Vergangenheit, der euch näher an den Charakter bringt. Die Inszenierung erreicht locker Hollywood-Blockbuster-Niveau. Das Storytelling lässt euch mit jedem Charakter mitfühlen und sorgt für einige Überraschungen und Aha-Effekte. Dennoch befinden wir uns immer noch am Anfang von Nates Abenteuer, da wir längst nicht alles über unseren Lieblingsschatzsucher erfahren haben. Der dritte Teil erfindet die Uncharted-Serie zwar nicht neu, dafür haben wir aber ein modernes Indiana-Jones-Epos erlebt, das uns nicht mehr loslässt. Wir können es kaum erwarten, das nächste Abenteuer zu verschlingen.
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