Der Tod im Nacken
Die anderen Überlebensmechaniken funktionieren ähnlich: kompliziert, aber schlüssig. Damit fühlt sich die Survival-Sandbox sehr realistisch an. Wenn wir unachtsam sind und Verdorbenes essen oder zu lange in der Kälte bleiben, müssen wir eben mit den Folgen leben. Auch Wetter, sowie Tag- und Nachtwechsel wirken glaubhaft: Wenn es dunkel ist oder ein Schneesturm wütet, sehen wir so gut wie gar nichts mehr und der Wind verhindert, dass wir ein lebenswichtiges Feuer anzünden können.
Anfangs frustriert das sehr, da man viele nützliche Mechaniken oft erst spät herausfindet: Beispielsweise, dass man Schnee über einem Lagerfeuer schmelzen und anschließend abkochen kann. Oder die eigene Kleidung mit Stoffresten reparieren, um den Kälteschutz zu steigern.
Aber gerade dieses völlig freie Entdecken der Welt macht auch den Reiz von The Long Dark aus: Wir müssen uns sehr genau überlegen, wie wir mit unseren Ressourcen haushalten. Zeit und Energie sind so kostbar, dass selbst simple Entscheidungen sich bedeutsam anfühlen. Finden wir bestimmte Lehrbücher, können wir stundenweise forschen, um unsere Fähigkeiten in diesem Bereich zu verbessern. Wir können das Buch aber auch als Brennstoff benutzen - wir verlieren wertvolles Wissen, behalten dafür aber vielleicht unser Leben für den Moment.
Hat man die Mechanik erst einmal durchschaut, wird aus Frust schnell Spaß, weil man immer routinierter im Überleben wird. Dauerhaft lästig bleiben nur tierische Gegner wie Wölfe oder Bären. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden folgen sie uns über weite Strecken und ziehen uns beim Angriff selbst wenn wir uns mit Waffen verteidigen einen großen Teil der Lebensenergie ab. Anschließend müssen wir mühsam unsere Wunden verbinden und desinfizieren und uns lange ausruhen, um wieder zu Kräften zu kommen.
Stirbt man trotzdem, kann man nicht einmal den letzten Speicherpunkt laden - im Survival-Modus gilt Permadeath. Zwar kann man es so immer wieder aufs Neue versuchen, gerade bei einer so großen Welt voller Ressourcen und interessanter Orte fehlt uns aber ein freier »Touristen-Spielmodus« ohne diese manchmal frustrierende Einschränkung.
So aber werden die immer gleichen Anfangssequenzen mit wenigen Ressourcen schnell repetitiv und eintönig, auch weil durch das minimalistische Crafting-System die Möglichkeit fehlt, eine richtige Basis zu errichten. Auch wenn das realistischer ist: Eine kleine Hütte zu bauen oder zumindest einzurichten, wäre trotzdem eine gute Langzeitmotivation gewesen. Wir können lediglich Werkzeug aus Rohstoffen zusammenklicken und ziehen damit immer von Ort zu Ort, ohne wirkliches Ziel. Eine nette zusätzliche Abwechslung bieten aber die Herausforderungen, die uns vor besondere Aufgaben stellen: Mal müssen wir Nahrung vor einem Sturm horten, mal einem hungrigen Bären über weite Strecken entkommen.
Frostiges Firewatch
The Long Dark gleicht die ständigen Wiederholungen mit vielen spannenden und optisch ansprechenden Orten aus: Der Scherenschnitt-Stil erinnert angenehm an das Indie-Kleinod Firewatch. Gerade Nordlichter, Sonnenuntergang oder -aufgang bringen die winterliche Landschaft wunderbar zur Geltung.
Aufgrund ihrer Größe ist die Spielwelt streckenweise sehr leer, dafür freut man sich aber umso mehr, wenn man nach einer harten Zeit endlich auf einen Leuchtturm, ein Dorf oder ein im Eis stecken gebliebenes Schiff stößt. Einziger Wermutstropfen bleibt hier, dass gerade große Objekte wie Autos oder Gebäude sehr klobig wirken und die Umgebung generell nicht durch viele Details glänzt.
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