Es ist wirklich erstaunlich, wie gut The Witcher 3 gealtert ist. Als wir erneut auf unserem Ross Plötze durch Weißgarten, Velen und Toussaint geritten sind, um uns vom Next Gen-Update für die PS5 und Xbox Series X|S zu überzeugen, hatten wir nie das Gefühl, ein sieben Jahre altes Spiel zu zocken. So detailliert und liebevoll ist die Spielwelt des dritte Hexer-Abenteuers gestaltet.
Ein simples 60 fps-Update für die neuen Konsolen hätte es also auch getan, oder nicht? CD Projekt RED war da anderer Meinung und spendiert uns neben spielerischen Neuerungen, wie einer Schnellauswahl für Zauber, und zusätzlichen Quests auch noch eine komplett neue Grafiktechnik. Ray-Tracing (eine präzise Lichtstrahlenberechnung) soll die Beleuchtung und auch die Schattendarstellung verbessern, sie bringt aber auch gravierende Nachteile mit.
Das haben wir getestet: Ray-Tracing ist auf der PS5 und Xbox Series X anwählbar. Dort haben wir den Grafikmodus mit der zum Testzeitpunkt aktuellen Version 4.00 analysiert. Vergleichsbilder wurden vollständig auf der PS5 aufgenommen.
So authentisch war die Welt des Witchers noch nie
Das Next Gen-Update von The Witcher 3 nutzt Ray-Tracing vorrangig, um die Beleuchtung des Spiels sowie Schattierungen glaubhafter darzustellen. Nehmen wir beispielsweise diesen Moment aus dem DLC Blood and Wine, in dem an Häusern viel mehr Schatten geworfen werden, sobald ihr Mauerwerk den Sonnenschein verdeckt:
Allein durch Umgebungsschatten nimmt der Grad an Realismus beachtlich zu. Gebäude, Felsformationen und Bäume wirken realer mit ihrer Umgebung verbunden. Insgesamt ist The Witcher 3 für die neuen Konsolen allerdings auch ein ganzes Stückchen dunkler, die Anzahl der Schatten hat eben zugenommen.
Es geht aber auch andersherum: In einigen Situationen hellt Ray-Tracing die Szenerie auf, da sich Licht nun viel mehr in direkt angestrahlten Bildarealen ausbreitet. Die Hafenstadt Novigrad wirkt zum Beispiel bei Tag nicht mehr so gleichförmig blass und düster, stattdessen flutet das warme Sonnenlicht die Gassen.
Am deutlichsten fällt die bessere Ausleuchtung an Geralt selbst auf. Im Original blieb seine Farbgebung weitgehend gleich, nur wenn er in Schatten getreten ist, wurde er etwas dunkler dargestellt. Mit Ray-Tracing nimmt er hingegen die Farbe der Umgebung auf, weshalb er stets besser ins Gesamtbild passt.
Realistisch, aber auch stockfinster: Wie bereits erwähnt, prüft The Witcher 3 mit aktiviertem Ray-Tracing nun viel genauer, welche Bereiche der Spielwelt im Schatten liegen. Das gilt natürlich auch für das Innere von Häusern, die in vielen Fällen maximal von einigen Kerzen oder der Glut eines Ofens erleuchtet werden.
Wobei es "erleuchtet" nicht ganz trifft, denn die Räumlichkeiten eines gemauerten Bauernhauses mit wenigen Fenstern sind beinahe in tiefstes Schwarz gehüllt:
Selbst Türen zu öffnen, bringt leider nicht viel. Man merkt dann, dass die indirekte Beleuchtung nur wenige „Abpraller“ von Lichtstrahlen in den Raum hinein zulässt. Meistens wird nur der Türrahmen von indirektem Licht erfasst, das Gebäude selbst bleibt aber düster.
Spieglein, Spieglein an der Wand, wo kommt deine Ray-Tracing-Reflexion her?
Der zweite große Unterschied zwischen dem Performance-Modus, der optisch weitgehend dem Original gleicht, und Ray-Tracing sind die Reflexionen. Im Gegensatz zur PS4- und Xbox One-Fassung, verwendet das Next Gen-Update von The Witcher 3 nicht nur bei größeren Wasseroberflächen sogenannte Screen Space Reflections, sondern auch bei kleineren Pfützen. In ihnen wird ab jetzt auch der sichtbare Bildausschnitt verkehrt herum projiziert.
Screen Space Reflections sorgen für ziemlich exakte Spiegelungen, im Leistungsmodus wirken sie allerdings ein bisschen grobkörnig. Im Ray-Tracing-Modus nehmen sie hingegen die Farbe des Himmels an und sind deutlich trüber. Wie es sich für ein Gewässer eben gehört.
Die gefaketen (weil im Endeffekt nur aus der Spielersicht kopierten) Screen Space-Reflexionen sind also der Standard auf Konsolen, dem PC sind realistischere, exakte kalkulierte Ray-Tracing-Spiegelungen vorbehalten. Zumindest bis auf eine Ausnahme, die die Entwickler*innen womöglich versehentlich auch für Konsolen eingebaut haben. Beim Frisör in Oxenfurt werden Geralt und seine Umgebung präzise im Spiegel neben ihm reflektiert.
Vielleicht handelt es sich dabei aber gar nicht um echtes Ray-Tracing, sondern eine Abwandlung wie im Falle der Reflexionen von The Last of Us Part 1 oder der Lumen-Technik in der Unreal Engine 5:
Die Framerate erinnert an Cyberpunk 2077 auf den Last Gen-Konsolen
Nun kommen wir aber zu dem Elefanten (oder vielleicht eher Troll?) im Raum, der den Ray-Tracing-Modus rücksichtslos niedertrampelt: die Bildwiederholrate. Ist die innovative Technik eingeschaltet, spielt sich The Witcher 3 leider furchtbar ruckelig! Besonders die PS5-Version war massiven Schwankungen in nahezu jeder Situation unterlegen.
Kämpfe ließen sich kaum noch kontrollieren und auch ein Einkaufsbummel in Städten geriet zur unansehnlichen Ruckelorgie:
Da es im weitgehend stabil laufenden 60 fps-Modus in vergleichbaren Situationen zu (viel geringfügigeren) Rucklern kommt, haben wir versucht einen Übeltäter auszumachen und ihn im Zusammenspiel mit den dynamischen Schatten gefunden, die zum Beispiel von umhertrampelnden NPCs oder dem Blattwerk von Bäumen geworfen werden. Füllten die den Bildschirm im Leistungsmodus, kam es dort zu den Framedrops, genau wie mit Ray-Tracing.
Auflösung auf der PS5:
Im Falle von Sonys Next Gen-Konsole haben wir die Gelegenheit genutzt, um die Auflösung des Spiels zu überprüfen. Im Leistungsmodus haben wir in aufwendigen Szenen 1512p als niedrigsten Wert gezählt, sinkt die Rechenlast geht die Auflösung aber dynamisch nach oben. Im Ray-Tracing-Modus zählten wir nur noch 1368p, als Maximum ermittelten wir 1728p. Echtes 4K wurde also nie erreicht.
Dennoch wirkt der Titel weitgehend schärfer als das Original auf der PS4 Pro, das über eine höhere Renderauflösung verfügte. AMDs Skalierungsalgorithmus FSR 2.1 (der darauf getrimmt ist, niedrig aufgelöste Bilder zu vergrößern und scharf zu zeichnen) wirkt im Update wahre Wunder.
Mal mehr, mal weniger Geruckel auf der Xbox: Die Series X schlägt sich im Durschnitt leicht besser. Vor allem beim Ritt durch die Landschaft stotterte es auf Microsofts High-End-Konsole weniger. Hier könnte die höhere Anzahl an Ray-Tracing-Beschleunigern, die in der Grafikeinheit verbaut sind, für einen Ausgleich sorgen. Sprunghafte Anstiege bei der Rechenlast, etwa wenn zig Bäume oder Häuser vor Geralt auftauchen, werden also besser abgefedert.
Besuche in Novigrad und Oxenfurt zeichneten hingegen ein desaströses Bild, zum Teil fiel der Titel auf 22 Bilder pro Sekunde ab, sobald viele Schatten berechnet werden mussten. Auch schafft es die Xbox Series X nicht in jedem Fall die gleichmäßige Verteilung von Frames zu gewährleisten, viele Male bemerkten wir am oberen Bildschirmrand sogar störendes Bildzerreißen. Beide Konsolen-Versionen haben also ihre ganz eigenen Probleme.
Die Meinung der Redaktion
Habt ihr geplant, The Witcher 3 noch einmal mit Ray-Tracing durchzuspielen? Oder freut ihr euch eher über den 60 fps-Modus?
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