Fortnite mit Unreal Engine 5 ist der perfekte Vorgeschmack für die kommende Grafik-Ära

Eine komplett dynamische, hochgradig präzise Beleuchtung bei hoher Framerate ist der Traum jedes Spiele-Studios. Mit Fortnite und der Unreal Engine 5 geht er nun in Erfüllung.

Fortnite krönt sich selbst mit der Unreal Engine 5. Fortnite krönt sich selbst mit der Unreal Engine 5.

Lang ist die Unreal Engine 5 noch nicht im Umlauf. Mit der Matrix Awakens-Tech Demo kamen wir bisher nur ein einziges Mal in den Genuss der neuen Grafik-Technik. Damit ist nun Schluss - Fortnite ist das erste, fertige Spiel, das sämtliche Features der Next-Gen-Engine verwendet, und die farbenfrohe Ballerei damit zum optischen Leckerbissen macht.

So hübsch sieht Fortnite nach dem Update auf Kapitel 4 aus

Für Fortnite begann der Umzug von der Unreal Engine 4 auf die Version 5 schon vor knapp einem Jahr mit der Veröffentlichung des dritten Kapitels. Der grafische Sprung war allerdings sehr klein, bis auf ein paar zusätzliche Wettereffekte, schickeres Wasser und etwas detailreichere Umgebungen wurde vor allem unter der Haube geschraubt und das Fundament für das volle UE5-Paket gelegt.

Darauf ist Fortnite nun umgestiegen, weswegen es kaum wiederzuerkennen ist:

Stadt Eine lauschige Vorstadt. (Bild: Xbox Series X)

Schneelandschaft Die Eisformationen sind gelungen. (Bild: Xbox Series X)

Burg Ein Rundflug um die großartig schattierte Burg. (Bild: Xbox Series X)

Der unverwechselbar quietschbunte Look wurde zwar beibehalten, allerdings ist die Spielwelt viel schicker gestaltet und auch Beleuchtung sowie Schattendarstellung können locker mit technischen Schwergewichten wie Metro: Exodus mithalten, sie zum Teil sogar weit übertrumpfen. Drei Neuerungen sind dabei essenziell für das grafisch hohe Niveau und die überraschend gute Performance, weshalb wir sie uns im Tech-Check genau anschauen.

Nanite als Grundbaustein

Den Anfang macht Nanite. Die Technik sorgt dafür, dass Objekte mit hunderttausenden Polygonen dargestellt werden können und Tiefe nicht mehr über Texturmanipulationen vorgetäuscht werden muss. Tempelanlagen, Wetterstationen, Farmhäuser, schlicht jedes Bauwerk erweckt einen realitätsnaheren Anschein. Man möchte regelrecht mit den Fingern über die rauen Oberflächen streichen.

Nehmen wir zum Beispiel diese Steinwand, die ohne Nanite völlig flach erscheint. Wird das Feature angeschaltet, ist sie hochgradig detailliert, wir können jeden einzelnen Backstein in der Mauer erkennen und das physikalisch korrekt aus jeder Perspektive:

Nanite an Nanite aus Nanite an Nanite aus

Mit Nanite wirkt die Steinwand richtig schön plastisch, besonders links an der Seite. (Bilder: PC, die fortschrittliche Lichttechnik der UE5 wurde für eine bessere Sichtbarkeit ausgeschaltet)

Auch die Vegetation profitiert von Nanite. Blätter, Sträucher und Blumen sind nicht länger flache Texturen, sondern echte 3D-Modelle:

Nanite an Nanite aus Nanite an Nanite aus

Die Textur des Baumes sieht ohne Nanite zwar hochauflösend aus, lässt dafür aber jegliche "natürliche" Schattierung vermissen. Mit Nanite sind die Furchen der Rinde hingegen tatsächlich in 3D gestaltet, weshalb sie eigene Schatten werfen. (Bilder: PC)

Damit diese Detailfülle möglich ist, fasst Nanite bis zu 128 Dreiecke (aus denen Polygone gebildet werden) in Gruppen zusammen und berechnet nur jene, die von Spieler*innen auf dem Bildschirm wahrgenommen werden. Diese Vorgehensweise minimiert den Rechenaufwand beträchtlich.

Lumen sorgt für eine perfekte Beleuchtung

Neben Nanite ist Lumen eine der größten Errungenschaften der Unreal Engine 5. Damit wird eine glaubwürdige Beleuchtung geschaffen, bei der Lichtquellen und Reflexionen dynamisch und vor allem realistisch miteinander interagieren.

Licht nimmt wie in der echten Welt einen tatsächlichen Raum ein und breitet sich aus, genau wie die mickrigen Sonnen- oder Laternenstrahlen, die gerade durch die winterliche Tristesse durch euer Fenster scheinen.

In Grundzügen basiert Lumen auf dem rechenintensiven Ray-Tracing (einer exakten Lichtstrahlensimulation), ist aber weitaus schonender für die Hardware, weshalb es in größerem Umfang eingesetzt werden kann, ohne dass die Bildwiederholrate darunter leidet.

Wie sich Licht in Außenbereichen verteilt, seht ihr hier:

Lumen an Lumen aus Lumen an Lumen aus

Ohne Lumen wird die Farbe von Objekten nur über ihre eigenen Werte bestimmt, mit Lumen beeinflussen sie sich hingegen untereinander. Der Schatten neben den Treppen wird zum Beispiel schwächer, weil das Steinwerk Licht darauf reflektiert. (Bilder: PC, Schatten deaktiviert)

In Innenräumen wir das Zusammenspiel dann so richtig offensichtlich:

Lumen an Lumen aus Lumen an Lumen aus

In diesem Vergleich wird deutlich, wie sich jedes einzelne Objekt in der Szene farblich beeinflusst und von indirektem Licht angestrahlt wird. Außerdem ist die Reflexion diffuser (schließlich handelt es sich um Stein) und perspektivisch korrekt. (Bilder: PC, Schatten deaktiviert)

So funktioniert Lumen: Die Unreal Engine 5 nutzt nicht die größtmögliche Präzision beim Ray-Tracing, sondern verwendet weitaus weniger Lichtstrahlen, die als Stichproben die Lichtverhältnisse ganzer Bildbereiche ermitteln. Um starkes Bildrauschen zu verhindern, das üblicherweise durch eine geringe Präzision beim Ray-Tracing entsteht, kommen verschiedene Techniken zum Einsatz, die für eine sehr saubere Darstellung sorgen.

Zum Beispiel werden die vereinfachten Oberflächeneigenschaften von Objekten in einer Spielszene einbezogen, um deutlich weniger Strahlen verfolgen zu müssen. Die Resultate des simplifizierten Ray-Tracing-Vorgangs werden dann mit vorab kalkulierten Beleuchtungsproben gegengeprüft und das optimale Ergebnis mit weichem Verlauf dargestellt.

Außerdem bestimmt die Technik, welche Bildbereiche mit besonders hoher oder niedriger Präzision berechnet werden, etwa weil dort punktuell viel oder großflächig wenig Licht einfällt. Dadurch kann gleichermaßen Rechenlast an schattigen Plätzchen vermieden und eine bessere Qualität in hell beleuchteten Arealen erreicht werden.

So sieht die vereinfachte Darstellung von Lumen ohne weitere Details aus:

Das Ray-Tracing von Lumen ist eigentlich nicht sehr präzise, erfasst die Helligkeitsinformationen und Lichtreflexionen aber in einem ausreichenden Maß. (Bildquelle: Epic Games) Das Ray-Tracing von Lumen ist eigentlich nicht sehr präzise, erfasst die Helligkeitsinformationen und Lichtreflexionen aber in einem ausreichenden Maß. (Bildquelle: Epic Games)

Die Unreal Engine 5 erzeugt mit Lumen sogar indirekte Beleuchtung und färbt die Szene entsprechend der Farbeigenschaften angestrahlter Objekte ein. Und das alles mit einem deutlich kleineren Rechenaufwand als bei bisherigem Ray-Tracing.

Für die Zukunft ist Lumen zudem bestens gerüstet, da sich die Darstellungsqualität quasi unbegrenzt mit der Anzahl der in den aktuellen Konsolen beziehungsweise Grafikkarten verbauten Ray-Tracing-Kerne skalieren lässt.

Lumen beseitigt automatisch ein Ärgernis heutiger Spiele-Grafik

Sogenannte Screen Space Reflections sind seit einigen Jahren der Status Quo in der Spieletechnik. Es handelt sich dabei um Spiegelungen, bei denen der sichtbare Bildausschnitt zum Beispiel auf Wasseroberflächen dupliziert wird.

Sie sorgen zwar für gestochen scharfe Reflexionen, verursachen aber auch nervige Bildartefakte und kahle Flächen, sobald der Bereich, der gespiegelt werden soll, von der Spielfigur oder einem Objekt in der Landschaft (Bäume, Sträucher, etc.) verdeckt wird.

Da Lumen von Haus aus reflektiertes Licht berechnet, um die Umgebung auszuleuchten, kann das Verfahren verwendet werden, um glaubwürdige Reflexionen zu erzeugen. Diese sind zwar aufgrund der geringeren Präzision gröber, aber nicht dem restlichen Bildausschnitt unterworfen und völlig dynamisch.

Lumen-Reflexion Die Spiegelungen sehen aus der Distanz wirklich klasse und glaubwürdig aus. (Bild: PC)

Screen-Space-Reflexion Bei Screen-Space-Reflections kommt es in derselben Position hingegen zu Falschdarstellungen. (Bild: PC)

Lumen ist nicht fehlerfrei Objekte außerhalb des sichtbaren Bildausschnitts sind auch für Lumen je nach Blickwinkel problematisch. Dann wird auf eine vereinfachte Darstellung zurückgegriffen. (Bild: Xbox Series X)

Ohne Schatten, kein richtiges Licht

Die dritte, entscheidend wichtige Technik, die Fortnite so großartig aussehen lässt, sind sogenannte Virtual Shadow Maps, die elementar für die Schattendarstellung sind. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich bei Shadow Maps um Texturen, die aus den Umrissen eines Objekts generiert wurden und sich beliebig verzerren lassen. Beispielsweise wird so der Schatten eines Hauses mit zunehmend tiefem Stand der Sonne in die Länge gezogen.

An diesem Grundprinzip ändert sich auch durch die Unreal Engine 5 nichts, allerdings nutzt Epic wie auch bei Nanite einen blickwinkelabhängigen Ansatz, indem die Schattentexturen in kleine Bereiche unterteilt und nur der sichtbare Bereich hochauflösend dargestellt wird. Das gilt sogar für das Terrain in Außenarealen, das direktem Sonnen- oder Mondlicht ausgesetzt ist, wodurch Fortnite selbst in großer Distanz authentische Schatten wirft.

So kommen alle drei Techniken zusammen:

Lumen + Nanite + Virtual Shadow Maps Klassische Rendering-Technik Lumen + Nanite + Virtual Shadow Maps Klassische Rendering-Technik

Die virtuellen Schatten sind weitaus höher aufgeläst, perspektivisch korrekt und fransen auch nicht so stark aus.

Und wie läuft das Ganze?

Lumen, Nanite und Virtual Shadow Maps sind dafür konzipiert, aufwendige Methoden wie Ray-Tracing ressourcensparender zu ermöglichen. Das Upgrade hat also seinen Preis, der fällt auf den modernen Konsolen aber moderat aus. In unseren Analysen, die wir auf der Xbox Series X vorgenommen haben, lief der Titel stets blitzsauber.

Im 60 fps-Modus konnten wir ohne Ruckler unsere Partien bestreiten:

Und auch der 120 fps-Modus war absolut stabil:

Allerdings sind im 120 fps-Modus auf Konsolen nicht die ganzen neuen Unreal Engine 5-Features aktiviert, wie der Direktvergleich zeigt:

60 fps; Lumen, Nanite, Virtual Shadow Maps 120 fps; ohne UE5-Features 60 fps; Lumen, Nanite, Virtual Shadow Maps 120 fps; ohne UE5-Features

Über die Bildschärfe können wir ebenfalls nur Positives berichten, die Auflösung ist durchweg hoch in beiden Modi. Damit das selbst bei hoher Rechenlast so bleibt, werkelt im Hintergrund Epics eigener Skalierungsalgorithmus. Der generiert aus dem niedrig aufgelösten Bild ein schärferes Äquivalent, ähnlich AMDs Super Resolution-Verfahren, das unter anderem CD Projekt RED bei Cyberpunk 2077 und dem kommenden Next-Gen-Update vom dritten Witcher einsetzt.

Einzig Lags bereiteten uns Kopfzerbrechen: In den Tagen nach Release hatten wir wiederholt an Lags zu knabbern, schnelle Sprints und hurtiges Schwingen über Zäune wurde mehrfach von Rubberbanding unterbrochen, das uns einige Meter zurückbeförderte. Wir hoffen, dass es sich dabei um die hohe Server-Last zu Beginn der Season und nicht um technische Probleme des Spiels handelt.

Nur ein Vorgeschmack auf 2023

Fortnite ist in diesem Jahr also das erste und aller Voraussicht nach (man weiß ja nie, was auf den Game Awards so alles angekündigt wird) einzige Spiel, das mit der kompletten Feature-Palette der Unreal Engine 5 auffährt.

Weitere angekündigte Unreal Engine 5-Spiele und potenzielle Grafik-Kracher könnt ihr euch hier ansehen:

Uns hat es ziemlich umgehauen, als wir gesehen haben, wie authentisch Licht in der offenen Spielwelt dargestellt wird. Vorbei sind die Tage, in der blasse Innenräume im starken Kontrast zu intensiv beleuchteten Außenarealen stehen – Fortnite ist in jeder Szene herausragend schattiert und ausgeleuchtet und vollständig dynamisch.

Nach Ratchet & Clank: Rift Apart blieb der heiß herbeigesehnte Next-Gen-AHA-Effekt lange aus, aber da ist er endlich wieder! Wir können kaum abwarten, wie stark er dann in Grafik-Krachern wie Senua’s Saga: Hellblade 2 oder Stalker 2 ausfallen wird. Es sind ja zu Genüge in Entwicklung!

Ist das Grafik-Upgrade für euch ein Grund, mal wieder in Fortnite reinzuschnuppern?

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