Wird von Ray-Tracing auf der Konsole gesprochen, ist zumeist von Reflexionen die Rede. Ray-Traced Global Illumination kommt hingegen aufgrund des hohen Rechenaufwands nur selten und dann meist in rudimentärer Form zum Einsatz.
Das ist Ray-Traced Global Illumination:
Lichtstrahlen werden in Echtzeit verfolgt. Dadurch kann Licht dynamisch auf die gesamte Szene einwirken, also seine Farbe anpassen, Schatten werfen und reflektiert werden.
Wie stark die Ergebnisse in ihrer Wirkung variieren können, zeigte sich auch in der Anfang 2019 veröffentlichten PC-Version von Metro: Exodus, welche vielen Käufern zu dunkel erschien. Indirekte Beleuchtung konnte noch nicht vollumfänglich umgesetzt werden, weshalb Schattierungen in Innenräumen nahezu tiefschwarz blieben, obwohl im Außenbereich die Sonne grell schien.
Ray-Traced Global Illumination sieht verdammt schick aus!
Nur knapp einen Monat nach dem Erscheinen der "Enhanced Edition" für den PC kommen die Konsolen der 9. Generation, sprich PS5 und Xbox Series X|S, erstmals in den Genuss von Metro: Exodus mit Ray-Tracing. Glücklicherweise mit dem Großteil aller Neuerungen, die 4A Games für den PC-Release parat hielt.
So erhaltet ihr das "Gen9"-Upgrade:
Metrox: Exodus erscheint zum Preis von 40€ als "Complete Edition" inklusive der beiden DLCs "The Two Colonels" und "Sam's Story" auf Disc für PS5 und Xbox Series X|S. Besitzer der digitalen Last-Gen-Fassungen erhalten das Upgrade auf den Xbox-Konsolen automatisch via Smart Delivery, auf der PS5 müsst ihr in den Game Hub des Spiels wechseln und dort das kostenlose Upgrade eurer Bibliothek hinzufügen.
Indirekte Beleuchtung sorgt für authentische Bilder: Neu ist die enorm gestiegene Anzahl von Reflexionen, die bei der Szenenausleuchtung in Metro: Exodus zur Anwendung kommen. Statt ausschließlich den Weg von einer Lichtquelle bis zu einer Oberfläche mitsamt der anschließenden Reflexion zu kalkulieren, kann sich Licht nun viel weiter im Raum ausbreiten.
Technisch betrachtet werden reflektierende Oberflächen in Metro: Exodus selbst zu Lichtquellen, die wiederum eigene Lichtstrahlen aussenden. 4A Games gibt an, dass sich bis zu 256 solcher Lichtquellen in einer Szene befinden können. Ein großer Unterschied zur ursprünglichen PC-Version, in der lediglich die Sonne (bzw. bei Nacht der Mond) und der Himmel oder einzelne Spotlights in vollständigen Innenleveln Licht emittierten.
So drastisch wie beim Beispiel muss der Unterschied aber nicht ausfallen. Vor allem in durchgängigen Innenarealen können auch die Last-Gen-Versionen punkten, da die umliegenden Texturen ihre Farbparameter anhand einer hohen Anzahl vorkalkulierter Proben anpassen können.
Diffuse Reflexionen sorgen für den nötigen Feinschliff: Damit ein realistischer Eindruck entsteht, ist es besonders wichtig, dass sich verwendete Materialien so verhalten, wie man es von ihnen erwarten würde. Eine bröckelige Sandsteinwand reflektiert Licht nun einmal anders als blau lackierter Stahl, sowohl im Hinblick auf farbliche Beschaffenheit, aber auch in der Intensität. Ray-Tracing gibt die gedämpfte Lichtstreuung korrekt wieder.
Nicht perfekt, aber ein erfolgreicher zweiter Schritt
Trotz des enormen Fortschritts ist auch das Upgrade von Metro: Exodus nicht frei von Darstellungsfehlern. Sobald wir etwa von einem Außenbereich in einen komplexen Innenlevel wechseln, werden alle äußeren Lichtquellen "ausgeschaltet".
Ihre Funktion erfüllen dann einzelne Lichteinlässe. Das funktioniert auch, wagt man allerdings den Blick nach draußen, entsteht eine auffällige Diskrepanz. Teilweise verschwinden dadurch Wetterkonditionen oder die Tageszeit wird nicht mehr korrekt abgebildet.
Einige Bereiche noch immer unrealistisch beleuchtet: Nicht alle Szenen profitieren von der aktuellen Global-Illumination-Implementierung. Ist der Aufbau des abgebildeten Areals zu komplex, wird auch die Präzision der Lichtstrahlenverfolgung sowie die Anzahl der Lichtquellen reduziert. Dies kommt besonders im "Taiga"-Level, welches als Waldgebiet über eine enorme Vegetationsdichte sowie anspruchsvolle Geometrien verfügt, zu tragen. Einige Innenräume sind trotz strahlendem Sonnenschein stockfinster.
Keine Spiegelungen via Ray-Tracing: Spiegelungen auf Wasser, Glas oder Metalloberflächen stellt Metro: Exodus weiterhin über klassische Screen Space Reflections dar. Dabei werden im sichtbaren Bildausschnitt befindliche Objekte gedoppelt und so manipuliert, dass sie einer Spieglung ähneln. Es entstehen aber auch Artefakte, sobald Elemente des Bildausschnitts verdeckt werden. Etwa durch eure Waffe oder Bäume.
Die 4A-Engine wirkt diesen Artefakten ein wenig entgegen, indem es Daten der Global-Illumination-Implementierung aufgreift und ganze Strukturen auf Basis von Proben als Reflexionen einbindet. Um Rechenaufwand zu sparen, liegen diese Proben aber nur niedrigerer Auflösung und Präzision vor, weshalb die Spiegelungen mit zunehmender Distanz grobkörnig wirken können.
60 fps trotz Ray-Traced Global Illumination? Wahnsinn!
Global Illumination realistisch umzusetzen ist ein irrsinnig aufwendiges Unterfangen. In einem vorab veröffentlichten Blog-Artikel mussten die Entwickler aber einräumen, dass sie, glücklicherweise, die Performance der neuen Konsolengeneration in puncto Ray-Tracing unterschätzt haben.
Ein Quantensprung in der Performance: Während sämtliche PS4- und Xbox-One-Versionen mit 30 fps dahindümpelten, erreichen ausnahmslos alle neuen Konsolen nahezu konstante 60 fps.
Starke Auflösungsunterschiede: Alle drei Konsolen verwenden eine dynamische Auflösung, die je nach Rechenlast angepasst wird.
Viele Skalierungsartefakte: Bei allen neuen Konsolen wird mittels temporaler, also aus vorherigen Frames gewonnener Bildinformationen eine höhere Auflösung rekonstruiert. Der Unterschied zu nativ gerenderten Bildern in 4K (Xbox One X) bzw. 1080p (PS4) lässt sich aber selbst von ungeschulten Augen erkennen. Nicht nur war die bisherige Version schärfer, die Hochskalierung sorgt auch für Artefakte an dünnen Objekten wie Zweigen oder Seilen. Je niedriger die interne Auflösung des Spiels, desto mehr "Spinnenbeinchen" oder Verzerrungen machen sich bemerkbar.
Systemübergreifende Problemzonen
Grundsätzlich gleichen sich die Versionen für PS5 und Xbox Series X sehr stark. Beide sind nicht vor Pop-Ups in sehr weitläufigen und dicht bewachsenen Gebieten gefeit, bieten aber dennoch eine hohe Weitsicht.
Ausfälle beim Ray-Tracing: Je nach Tageszeit und Level kann es passieren, dass die Kalkulation der globalen Beleuchtung fehlerhafte Ergebnisse liefert. Dann erscheinen kurze Abschnitte übermäßig hell, während umliegende Areale noch immer korrekt ausgeleuchtet werden.
Tiefenschärfe mit falschem Fokus: Während pixelgenaue Bewegungsschärfe dem Spiel mehr Dynamik verleiht, macht die Tiefenschärfe in Zwischensequenzen genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich sollte. Der Fokus der Kamera wird immer wieder auf Hintergründe gesetzt, statt auf die handelnden Charaktere davor. Auf Dauer ein gehöriger Störfaktor - vielleicht ist Artyom aber auch einfach nur ein sehr schüchterner Protagonist, der Menschen nicht ins Gesicht schauen kann.
Probleme bei der Helligkeitsfindung: Während des Tests hatte ich die PS5, aber auch die Xbox Series X an zwei verschiedenen Fernsehern sowie zusätzlich zwei Monitoren angeschlossen. Auf keinem Gerät war die Setzung des Gamma-Levels in irgendeiner Weise intuitiv. Ich würde sogar so weit gehen, das Menü an dieser Stelle als Totalschaden zu bezeichnen.
Die PS5-Fassung zeigt uns durchgängig an, dass die Helligkeit zu niedrig ist, selbst wenn einem das Spiel fast die Netzhaut vom Auge brennt. Bei der Xbox-Version ist das Gegenteil der Fall. Selbst auf der niedrigsten Einstellung animiert uns das Beispielbild, das Gamma-Level weiter runterzudrehen, im Spiel bricht jedoch bereits eine Sonnenfinsternis über uns herein.
Mein Tipp daher: Richtet euch bei Spielstart nach den Instrumenten im Hauptmenü. Findet eine Stufe, auf der sie natürlich wirken. Sucht euch anschließend im Spiel eine schön ausgeleuchtete Stelle mit kontrastreichen Übergängen von knallig hell zu dunkel. Daraufhin wechselt ihr in den Fotomodus und sucht die Einstellung "Belichtung" bzw. "Exposure". Dieser Regler erfüllt exakt dieselbe Funktion wie das Gamma-Level, ihr könnt aber die Auswirkungen im Spiel erkennen und so für eurer Display das beste Ergebnis heraussuchen. Leider speichert Metro: Exodus diese Änderungen nicht ab, ihr müsst also noch einmal ins Gamma-Menü und eure favorisierte Helligkeitsstufe übertragen.
Von der Xbox-Series-S-Version lasst ihr lieber die Finger
Viele Aspekte trüben das Spielererlebnis auf Microsofts Budget-Konsole abseits der niedrigen Auflösung.
Darunter:
Variable Rate Shading: Bei transparenten Effekten wird nicht jeder Pixel berechnet, sondern mehrere Pixel in Gruppen zusammengefasst, die dann gleichermaßen gerendert werden. Dies bringt zwar mehr Performance, mindert aber auch den visuellen Eindruck.
Nettes Experiment, aber kein tolles Erlebnis: Für mich war es dennoch erstaunlich zu sehen, dass solch eine hohe Qualität von Assets, wie sie bei Metro: Exodus zu finden ist, im Verbund mit Ray-Traced Global Illumination überhaupt auf einer 300€-Konsole dargestellt werden kann. Die Xbox Series S schlägt sich dahingehend absolut wacker.
Eine angenehme Spielerfahrung ist Metro: Exodus auf dem günstigen Gerät dennoch nicht. Aufgrund der ständigen Auflösungswechsel und einer allgemeinen Unruhe bzw. Unschärfe wurde mir während kurzer Intervalle sogar unwohl, teilweise schwindelig. Obwohl ich eigentlich keine Probleme mit Motion Sickness oder dergleichen habe, löste Metro: Exodus auf der Series S vergleichbare Symptome aus.
Weitere Besonderheiten des Upgrades:
- Ihr könnt das angezeigte Sichtfeld anpassen. Eine genaue Grad-Angabe fehlt zwar, aber ihr bekommt so mehr vom Spiel zu sehen. Der Performance-Verlust ist kaum messbar. Meine persönliche Empfehlung ist die "5", da das Bild auf dieser Stufe nicht unnatürlich gekrümmt wird und man mehr von der wunderbaren Grafik genießen kann.
- Deutlich niedrigere Ladezeiten. Das Laden eines Levels nahm auf Xbox One und PS4 teilweise bis zu drei Minuten in Anspruch. Auf den neuen Konsolen könnt ihr innerhalb von 30 bis 45 Sekunden durchstarten.
- Die Xbox-Version kann auf bereits vorhandene Speicherstände zurückgreifen, ihr müsst das begonnene Kapitel jedoch neustarten. Bei der PS5-Version handelt es sich im Gegensatz dazu um ein eigenständiges Spiel mit neuer Trophäen-Liste und damit auch eigenen Speicherständen. Ihr müsst also von vorn beginnen.
- Raumklang via Dolby Atmos und Tempest 3D-Audio. Metro: Exodus bietet nun echten 3D-Sound an. Waffen krachen ordentlich los und hallen realistisch im Raum nach. Auch Hintergrundsounds wurden klasse gesetzt. Ab und an verschluckt das Spiel jedoch ein paar Effekte, einige Sounds wirken recht uninspiriert. Ein insgesamt sehr gutes, aber kein herausragendes Klangerlebnis.
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