Schalttafeln, blinkende Lichter, Projektionen von Weltkarten, die unentwegt Daten runterrasseln. Wir befinden uns an der Spitze des blitzeblank polierten Avengers Towers. Captain Marvel kommt ins Bild geflogen. Sie blockt den Angriff eines Wissenschaftlers ab. Aber der trägt keinen Laborkittel, sondern ist grün. Und wütend.
Hulk will mit seinen beiden gigantischen Fäusten den Schädel der halbaußerirdischen Superheldin zertrümmern, als plötzlich ein stylisches Schwert dazwischenkommt. Es gehört Dante aus Devil May Cry! Hulk wird vom Konter zurückgeschleudert, während der Teufelsjäger seine beiden Pistolen Ebony & Ivory sprechen lässt. Auf einmal kommen auch noch zwei verführerische Dämoninnen hinzu.
Morrigan und ihr Spiegelbild aus Darkstalkers befeuern Dante mit heftigen Energiestößen. Beidseitig! Benommen kippt der Jäger um. Mit einem zufriedenen Grinsen beugt sich die Dämonin über Dante und verhöhnt ihn mit einem niedlichen Kichern.
Klingt wie die wirre Fantasie einer obskuren Fan-Fiction? Ist es nicht. Solche Szenen passieren in Marvel vs. Capcom Infinite im Sekundentakt.
Gleiche Grundidee, neuer Anstrich
Es ist das vierte Mal, dass Helden aus den beiden Universen aufeinandertreffen. Der direkte Vorgänger war ein chaotisches Durcheinander mit einigen Mängeln im Balancing. Doch der Reiz des knallbunten Wahnsinns hat es zu einem Favoriten auf EVO-Turnieren gemacht. Zwischenzeitlich hat die Welt sich weitergedreht.
Marvel etablierte sich mit seinen zahlreichen Kinofilmen und Serien erfolgreich bei einem Massenpublikum. Genau an dieses ist Infinite gerichtet. Die meisten Arenen sind nun im Comic-Universum angesiedelt. Verschwunden sind die lebendigen, verspielten Capcom-Stages vergangener Tage.
Der Comicstil weicht einem gewöhnungsbedürftigen CGI-Look, der vor allem die menschlichen Charaktere unvorteilhaft aussehen lässt - Chris Redfield hat nun selbst die Aura eines Zombies. Und was ist bloß mit der armen Chun-Li geschehen? Sie sieht aus wie das chinesische Bootleg einer Actionfigur.
Kein Risiko
Das Roster ist ebenso gewöhnlicher geworden und geht keine Risiken ein. Wir vermissen den absurden Witz, den Figuren wie Phoenix Wright, Viewtiful Joe oder Amaterasu damals hineingebracht haben. Arthur aus Ghost 'n Goblins ist immerhin am Start. Er macht völlig bekloppte Bewegungen, als würde er sich noch immer in einem 16-Bit-Spiel bewegen.
Auch Frank West ist mit von der Partie und wirft mit allen möglichen Alltagsgegenständen um sich. Davon abgesehen geht Infinite einen Schritt zurück und präsentiert vor allem hauptsächlich obligatorische Lieblinge. Captain America, Thor, Ken oder Mega Man? Alle vorhanden. Der Umfang ist von 50 auf 30 geschrumpft, nur sieben Charaktere davon feiern ihr Debüt. Da bleibt wenig Platz für Überraschungen oder Underdogs.
Für die Anbiederung an das Marvel-Publikum braucht es natürlich auch eine cinematische Kampagne für Solospieler. In der Eröffnungsschlacht wollen wir noch kreischen wie kleine Groupies, als die Helden im Sekundentakt cheesy One-Liner von sich geben. Aber die Euphorie hält nicht lange an, denn die Kampagne hat alle Mühe den fehlenden Variantenreichtum der Stages zu kaschieren. Und die Handlung an sich? Fad und uninspiriert. Es fehlt der gewisse Biss, den zum Beispiel Injustice 2 in manchen Szenen bot.
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