Wie zum Teufel konnte das passieren?
So ärgerlich solche Übersetzungsfehler auch sind - atmosphärisch bleibt Hitman: Absolution ein kleines Meisterwerk. IO Interactive bewahrt nämlich die ganze große Stärke der Vorgänger: Wir spielen nicht nur eine Rolle; wir gehen in dieser buchstäblich auf. Klar, theoretisch könnten wir uns einfach eine Schrotflinte schnappen und uns wie in einem Third-Person-Shooter durch die 20 Missionen ballern - bloß hätte das mit Hitman in etwa so viel am Hut wie ein Iltis mit Quantenphysik.
Nein, um Absolution wirklich zu genießen, müssen (und wollen!) wir es als lautloser Killer spielen, als unsichtbarer Racheengel, der ebenso unbemerkt verschwindet, wie er gekommen ist - und der neben einer toten Zielperson lediglich die ratlose Frage zurücklässt, wie zum Teufel das bloß passieren konnte.
Also schleichen wir uns durch Lüftungsschächte und vorbei an schwer bewaffneten Bodyguards, erleichtern einen Cop um seine Uniform und verstecken den halbnackten Körper im Wandschrank, klettern durch Fenster, knacken Schlösser, studieren die Gewohnheiten des Ziels und warten auf den perfekten Augenblick, fühlen uns wie der sprichwörtliche Fuchs im Hühnerstall und freuen uns diebisch, wenn wir einen der vielen gemeinen Wege gefunden haben, das unvermeidliche Resultat dieser Mühen wie einen tragischen Unfall aussehen zu lassen.
Schwierigkeit? Knüppelhart!
In diesen Momenten, wenn wir in letzter Sekunde aus dem Sichtfeld einer Wache entwischt sind, wenn wir den eben ausgeknockten Cop gerade noch verschwinden lassen, bevor seine Kollegen um die Ecke kommen, wenn die Zielperson ein Stück der von uns sorgfältig vergifteten Pizza verputzt, in diesen Momenten ist Hitman: Absolution nicht nur groß-, sondern in seiner Form auch einzigartig. Nirgendwo sonst fühlen wir uns so unmittelbar für das Gelingen eines Plans verantwortlich - und nirgendwo sonst gehen wir so hart mit uns selbst ins Gericht, wenn uns der ganze schöne Plan spektakulär um die Ohren fliegt.
Das nämlich tun unsere Pläne bei Absolution gern mal, weil IO Interactive den Schwierigkeitsgrad der Vorgänger beibehält. Auf »Normal« ist Absolution knifflig, auf den drei höheren Stufen bewegt es sich irgendwo zwischen »Knüppelhart« und »Ach, du liebe Güte«. So kann es durchaus vorkommen, dass wir an einem Kontrollpunkt zwölfmal neu starten, weil uns eine Wache entdeckt, wir die verräterische Leiche einen Moment zu spät aus dem Fenster werfen oder versehentlich in einen abgesperrten Bereich trampeln und damit die örtliche Polizei zappelig machen.
Bei einem schlechteren Spiel würde dieses ständige Neustarten zu Frust und ausgewachsenen Tobsuchtsanfällen führen, zumal die Fehler-Toleranz extrem niedrig angesetzt ist, aber Absolution gelingt das Kunststück, jederzeit transparent zu bleiben. Wenn unsere Tarnung auffliegt, dann wissen wir immer, was wir gerade falsch gemacht haben.
Der konsequente Verzicht auf ein freies Speichersystem stört uns also nicht die Bohne; wohl aber der Umstand, dass die manuellen Kontrollpunkte eher spärlich und gelegentlich schlicht unfair platziert wurden. Fliegt unsere Tarnung nämlich kurz vor dem eigentlich so perfekt eingefädelten Abschluss einer Mission auf, müssen wir stellenweise den ganzen Abschnitt wiederholen, weil sich der einzige Speicherpunkt geradezu absurd nahe am Leveleingang tummelt.
Verhängnisvolle Pinkelpause
Apropos Tarnung: Natürlich dürfen wir auch in Absolution unsere Klamotten wechseln. Zum Beispiel, um im Mechaniker-Outfit eine Werkstatt zu betreten, in der wir eigentlich nicht das Geringste zu suchen haben. Die Sache hat inzwischen bloß einen Haken: Andere Mechaniker nämlich kriegen ziemlich schnell spitz, dass sie uns noch nie gesehen haben - und werden misstrauisch. Wir müssen nun also sehr genau überlegen, was wir anziehen, und wo wir damit überhaupt hinwollen.
Ein Beispiel: Im Gerichtsgebäude der Kleinstadt Hope sollen wir uns Zugang zu den Arrestzellen verschaffen. Kinderspiel, denken wir, schleichen ins Männerklo, braten dem dort pinkelpausenden Polizisten eins über, klauen seine Uniform … und merken beim Betreten der Arrestzellen, dass unsere Idee eine doofe war. Die dort stationierten Kollegen des Pinkelpolizisten wundern sich nämlich schnell, wer zum Henker wir eigentlich sind.
Neuer Versuch: Wir klauen dem bedauernswerten Cop zwar wieder die Uniform, machen um die Arrestzellen aber einen großen Bogen und sabotieren stattdessen die parallel stattfindende Gerichtsverhandlung mit einer kleinen technischen Panne. Die folgende Unterbrechung nutzt der Angeklagte, um ebenfalls mal pinkeln zu gehen, wir braten ihm eine über, stecken ihn zum Polizisten in den Putzschrank und kehren in den Klamotten des Angeklagten in den Gerichtssaal zurück - wo wir prompt verurteilt und in die Arrestzellen abgeführt werden. Das ist mal ein Service!
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