Nix »Casual«!
Unterdessen legt sich Cameron Lee mit einem steinewerfenden Riesen an und verliert prompt zwei Gruppenmitglieder durch einen akuten Anfall von Tod durch Felsbrocken. Als die beiden nach dem Kampf plötzlich wieder quicklebendig durch die Gegend marschieren und wir beim Creative Director Mike Laidlaw um Aufklärung bitten, weil das verflixt »casual« wirkt, entspinnt sich ein aufschlussreiches Gespräch. Ja, tote Gruppenmitglieder werden nach einem erfolgreichen Kampf tatsächlich automatisch wiederbelebt, erklärt Laidlaw, allerdings werde sich dabei nur ein Teil ihrer Lebensenergie regenerieren. Ha! Dann schlucken wir halt einen Heiltrank - die gibt's in Rollenspielen normalerweise ja ohnehin wie Sand am Meer. Mike Laidlaw grinst schelmisch: »Aber nicht in Inquisition.« Wie es dann mit dem Mana sei, wollen wir wissen. Regeneriert sich das automatisch? Laidlaw nickt. Und fügt hinzu: »Aber du wirst trotzdem keine Heilzauber spammen können.«
Wie genau Bioware das vermeiden möchte, will Laidlaw indes noch nicht verraten. Wichtig ist ihm allerdings, dass jede Begegnung in der Spielwelt eine gewisse Gefahr birgt. Wenn wir eine Bande von lausigen Banditen auf die leichte Schulter nehmen, dann soll sich das rächen, weil es die knappen Ressourcen unnötig strapaziert. Das klingt prima, aber natürlich bleibt abzuwarten, ob das Spiel die notwendige Balancing-Kurve kriegt; schließlich lassen sich die Kämpfe grundsätzlich auch actionlastig aus der Schulterperspektive spielen.
Als Cameron Lee seinen Schurken in einem anderen Kampf wie toll herumrollen lässt und wir einigermaßen besorgt nachfragen, ob sich das nicht mit der taktischen Ansicht beiße, wiegelt er jedenfalls ab. Die Ausweichrollen seien ein optionales Mittel für Spieler, die ein Action-Kampfsystem bevorzugten - man müsse also nicht rollen, wenn man das nicht wolle. Unsere Prognose: Taktik-Ansicht und ein cleveres Ressourcen-Management dürften insbesondere auf den hohen Schwierigkeitsgraden voll zur Geltung kommen. Davon sind nämlich wieder mehrere geplant.
Weil wir gerade vom Schurken sprachen: Bei der Charaktererschaffung stehen erneut die aus den Vorgängern bekannten Klassen zur Auswahl - also Magier, Krieger und eben Schurken. Außerdem soll es wieder mehrere Spezialisierungen pro Klasse geben, Anzahl und Details dazu will Bioware aber erst in den kommenden Monaten bekannt geben. Im Gegensatz zu Dragon Age 2, das seinen Protagonisten Hawke zum Menschsein verdammte, dürfen wir uns allerdings die Rasse des titelgebenden Inquisitors aussuchen.
Zwergen oder Elfen sind also wie in Origins möglich, hinzu kommt mit den Qunari erstmals eine vierte spielbare Rasse. Das wiederum wirft die Frage auf, wie Bioware die Vollvertonung des Helden realisieren will; schließlich sollte sich ein krümeliger Elfenmagier anders anhören als ein austrainierter Qunari-Krieger.
Die angestrebte Lösung: Jedes Geschlecht wird zweimal vollvertont, zum Spielbeginn dürfen wir uns eine Stimme aussuchen. Ob ein weiblicher Charakter auch eine Männerstimme haben könne, will an dieser Stelle eine US-Kollegin wissen. Mike Laidlaw schaut ziemlich verdutzt: »Äh. Nein, das nicht.« Der erste transsexuelle Protagonist der Bioware-Geschichte wird also noch ein Weilchen auf sich warten lassen.
Fade Fades?
Aber worum geht's überhaupt in Dragon Age: Inquisition? Mit Details zur Handlung hält sich Bioware immer noch vornehm zurück, sicher ist lediglich die Prämisse: Zum Spielbeginn öffnen sich Risse ins alptraumhafte Nichts (im Englischen auch »Fade« genannt), Dämonen ergießen sich nach Thedas, die Templer machen die nichtsnutzigen Magier für den ganzen Schlamassel verantwortlich, die nichtsnutzigen Magier behaupten, sie seien es nicht gewesen, beide Fraktionen hauen sich gegenseitig die Schädel ein … und mittendrin ist unser Inquisitor aus bislang rätselhaften Gründen die einzige Person, die diese Risse wieder schließen kann. Aber wer hat sie überhaupt aufgemacht? Und warum?
Es ist eine spannende Ausgangslage, aber ein bisschen unwohl ist uns beim Gedanken an das Nichts schon; schließlich gehört der Fade-Abschnitt von Dragon Age: Origins zu den unbeliebtesten Quests des ganzen Spiels. »Keine Angst«, sagt uns der verantwortliche Grafik-Designer, »wir haben die Fade völlig neu entworfen, du musst dich also zum Beispiel nicht mehr in Tiere verwandeln.« Puh. Die entsprechenden Passagen gehörten nun wirklich nicht zu den Highlights von Origins.
Die reformierte Inquisition, quasi eine politisch unabhängige Untersuchungskommission, bildet aber nicht nur den erzählerischen Mittelpunkt, sondern ist auch integraler spielerischer Bestandteil. Nahezu alles, was wir tun, ist in irgendeiner Form an die Inquisition gekoppelt. Wenn wir neue Gebiete erkunden, Monster töten, Quests lösen und uralten Geheimnissen auf die Schliche kommen, dann wird dadurch unsere Organisation stärker. Wird unsere Organisation stärker, dann schalten wir umgekehrt neue Gebiete oder Storyabschnitte frei. Das erinnert in Grundzügen an die Kriegsbereitschaft aus Mass Effect 3 oder die Erzählstruktur von Mass Effect 2. Dort ging's mit der Geschichte erst dann weiter, wenn wir eine gewisse Zahl von Crewmitgliedern rekrutiert hatten.
Jetzt benötigen wir eine gewisse Inquisitionsstärke, um die Handlung voranzutreiben. Im Zentrum steht dabei die sogenannte Skyhold, unsere Heimatbasis. Laut Bioware reflektiert diese Skyhold optisch die Macht der Inquisition, es kommen also beispielsweise neue Soldaten hinzu, wir dürfen die einzelnen Räume im weiteren Spielverlauf kosmetisch verändern und Upgrades bauen oder kaufen, etwa einen Garten, in dem wir unsere eigenen Kräuter zum Tränkebrauen anpflanzen. Oder Crafting-Stationen, um eigene Waffen und Rüstungen herzustellen.
Es erscheint zudem wahrscheinlich, dass wir über einen Kartensaal Truppen entsenden dürfen, zum Beispiel, um verlassene Außenposten wieder flott zu machen und auf diese Weise neue Handelsrouten freizuschalten oder zuvor nicht zugängliche Orte zu öffnen. Wie genau diese Mechanik in der Praxis funktioniert, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nur erahnen, spannend klingt sie aber allemal. Zu oft stehen wir in Rollenspielen mit gefühlten vier Fantastilliarden Goldstücken da und haben keine Ahnung, wofür wir sie ausgeben sollen.
Wenn die Skyhold letztlich wie ein eigenständiger Charakter funktioniert, in den wir überschüssige Reserven spielerisch sinnvoll investieren dürfen (wir denken etwa an die »Jackdaw«, also das Schiff aus Assassin's Creed 4), dann wäre das eine sehr willkommene Ergänzung. Und noch dazu eine, die uns tatsächlich das Gefühl geben könnte, den Anführer einer immer mächtigeren Organisation zu spielen.
So gut wie Origins?
Erreicht Inquisition die gleiche Qualität wie Dragon Age: Origins? Wir vergleichen die Kerndisziplinen und geben eine Tendenz ab.
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