Und nun zum Solo-Modus...
Nach Nazis, Russen, islamistischen Terroristen, noch mehr Russen sowie US-amerikanischen Verrätern wirft das Entwicklerstudio Infinity Ward seinen Kunden endlich mal ein frisches Feindbild vor die Flinten. Denn im Ego-Shooter Call of Duty: Ghosts halten zwei neue Gegnerfraktionen Einzug, beide sind - Aliens! Im neuen Koop-Modus »Extinction« nehmen wir tatsächlich Besucher vom anderen Stern ins Visier.
Die Kampagne sowie der reguläre Multiplayer-Modus schicken uns dagegen in einen Krieg gegen menschliche »Aliens« - so nennt man im Englischen ausländische Mitbürger. Die kommen diesmal aus Lateinamerika, nennen sich »Föderation« und sind den Vereinigten Staaten unwohl gesonnen. Im fiktiven Szenario von Call of Duty: Ghosts sind die Ölreserven der OPEC-Staaten nämlich zerstört, während Lateinamerika zur Supermacht aufgestiegen ist, die in der nahen Zukunft die USA erobern will.
Warum, wird nie ganz klar, Bodenschätze gibt es dort kaum, und mit der technologischen Überlegenheit ist es nach der Massenvernichtung amerikanischer Großstädte auch vorbei. Aber literarischer Tiefgang war sowieso noch nie die Stärke von Call of Duty, hier geht's seit jeher um Krawall-Schießereien.
Solo ganz oben und tief unten
Die Solo-Kampagne von Call of Duty: Ghosts spielt größtenteils rund zehn Jahre nach dem ersten Großangriff der Föderation. Als schweigsamer Soldat Logan Walker schließen wir uns gemeinsam mit unserem Bruder Hesh recht bald der Elite-Einheit der Ghosts an und kämpfen gegen die größtenteils gesichtslose Föderation. Einen markanten Gegenspieler gibt dann aber doch, und der hat noch eine Rechnung mit den Ghosts offen - mehr wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, die Geschichte ist auch so schon vorhersehbar genug.
Wie üblich in der Serie nimmt uns auch Ghosts in der Kampagne mit auf eine halsbrecherische Action-Achterbahn. Die ist serientypisch mit viel Peng und Puff inszeniert, aber eben auch genauso gradlinig. Spielerische Neuerungen muss man mit der Lupe suchen, Ghosts zitiert seine Vorgänger, böse Stimmen würden es »kopiert« nennen.
Also brechen wir in Zeitlupe jede Menge Türen auf, ballern Hunderte Schießbuden-KI-Gegner über den Haufen, schauen zu, während unsere Schattenkameraden Gefangenen die Kehlen durchschneiden, jagen selbst jede Menge Messer in irgendwelche Hälse, steuern Drohnen, bemannen Geschütze, folgen den haargenauen Anweisungen unserer Begleiter, fliegen wie im ersten Black Ops mit dem Kampfhubschrauber durch einen Level und übernehmen ein andermal die Kontrolle über einen Panzer.
Zwischendurch schlüpfen wir auch mal in andere Figuren oder steuern unseren ebenso treuen wie neuen Schäferhund-Begleiter Riley direkt über seine Halsbandkamera. Währenddessen explodiert in der Regel der halbe Level um uns herum. Ja, das ist stupide - aber es fetzt! Und zwar mehr als in der überwiegend lieblos gemachten Kampagne von Battlefield 4, das in seinem sowieso nur fünfstündigen Solo-Feldzug sogar einen kompletten Schauplatz recycelt (Stichwort: Flugzeugträger)!
Call of Duty: Ghosts ist hingegen durchweg abwechslungsreich und hetzt uns von Location zu Location. Bei jedem Wetter, zu jeder Tageszeit kämpfen wir uns durch das zerstörte Amerika, das nicht selten an Szenen aus Endzeitfilmen oder aus Spielen wie The Last of Us erinnert. Ob auf einem High-Tech-Zug oder beim Taucheinsatz, die Umgebungen sind zwar schlauchiger als in Battlefield 4, aber immer stimmungsvoll in Szene gesetzt und voller Details.
Keine Zeit für Gefühle
Bei der ganzen Eile bleibt nur eines auf der Strecke: die Charaktere. Weder Logans Familie (ja, auch die liebe Verwandtschaft spielt eine Rolle) noch die Ghosts noch Riley wachsen uns ans Herz, dafür fehlt schlicht die Zeit, warten doch an jeder Ecke Gegner, die noch keine Kugeln in ihren Gesichtern stecken haben. Trotzdem funktioniert die Kampagne von Ghosts deutlich besser als in manchem Vorgänger, denn der rote Faden geht nie verloren. Die Story ist simpel, aber wenn die Welt um einen herum explodiert, ist es durchaus beruhigend, zu wissen, was man da eigentlich für wen macht. Zumindest kommt das klarer rüber als im oft konfusen Battlefield 4.
Wirklich ärgerlich ist hingegen der Umgang mit dem neuen »Endzeit«-Setting. Das wird nämlich schlicht nicht genug erklärt. Wie kann es sein, dass die USA nach zehn Jahren Krieg noch einen Flugzeugträger haben, oder massig Panzer und Hubschrauber? Haben sie sie vielleicht in Omas Scheune versteckt? Wo kommt das Geld für die Truppenversorgung her, wenn das Hinterland in Schutt und Asche liegt? Infinity Ward liefert in diesem ersten von vermutlich drei Ghosts-Spielen noch ein zu lückenhaftes Bild seines neuen Erzähluniversums ab.
Run and Gun
Spielmechanisch gibt es ansonsten wie erwähnt nur Detailänderungen. Wir können jetzt aus dem Rennen direkt in Deckung rutschen und uns aus dieser auch herauslehnen - ähnlich wie in den alten Call of Duty-Spielen für den PC. Dieses neue, alte Feature kommt uns besonders auf den beiden höchsten der vier Schwierigkeitsgrad zu Gute.
In jedem der 18 Levels, für die wir beim einmaligen Durchspielen rund fünf Stunden brauchen, sind außerdem die sogenannten Rorke-Files als freischaltbare Geheimnisse versteckt.
Der Rest ist Ballern. Klingt alles etwas abgenutzt? Ist es auch! Die Kampagne von Call of Duty: Ghosts ist trotzdem eine der besten der Serie, selbst wenn das Entwicklerteam in vielen Szenen serientypisch übers Ziel hinausschießt und uns beispielsweise auf einem Flugzeugträger in zwei Minuten gefühlte 20 Hubschrauber abschießen lässt - frei nach dem Motto »Je mehr explodiert, desto besser«.
Entschädigt werden wir mit sehr stimmungsvollen oder einfach ungewöhnlichen Einsätzen, beispielsweise der Tauchmission oder einem Einsatz im Weltraum, der im besten Sinne an den Roger-Moore-Bond Moonraker erinnert. So erzeugt Ghosts durchaus einige Momente, die in Erinnerung bleiben - die Kampagne von Battlefield 4 haben wir nach dem Abspann schon fast wieder vergessen.
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