Ein Hauch von Tomb Raider
Solche versteckten Grabkammern findet wir immer wieder abseits des Weges, markiert beispielsweise durch kryptische Schriftzeichen an Felswänden. Nicht immer kann Lara die Ruhestätten modriger Knochen und wertvoller Schätze sofort erkunden: Gelegentlich fehlt ein wichtiges Ausrüstungsteil, das sie erst im weiteren Spielverlauf bekommt – etwa Pfeile mit angeknotetem Seil, um Objekte heranzuziehen und Schluchten zu überwinden, oder die Kletteraxt, mit der wir poröse Steilwände erklimmen. Klingt bekannt? Zelda lässt schön grüßen!
Wer allerdings denkt, dass die Gräber ihre Geheimnisse freiwillig preisgeben, der irrt. Vor der großen Truhe mit vielen Erfahrungspunkten, die wir in jeder Gruft abstauben können, steht eine meist ziemlich knackige Kopfnuss. Hier muss Lara ganz wie in ihren früheren ... pardon, zukünftigen Abenteuern zum Beispiel Plattformen mit Gewichten ausbalancieren oder mit der richtigen Schalterkombination und etwas Klettergeschick höher gelegene Ebenen erreichen. Genauer allerdings dürfen wir nicht auf die Gruften eingehen, da Hersteller Square Enix darin mögliche »Spoiler« wittert und uns entsprechend einen Maulkorb verpasst hat.
Das ist ebenso schade wie unverständlich, denn gerade hier kommt das typische Tomb Raider-Feeling richtig stark durch, das über einen Großteil der Spielzeit von Explosionen, Blut und Gewalt in den Hintergrund gedrängt wird. In diesen Abschnitten haben Serienveteranen den meisten Spaß, schließlich geht es darum, mit dem richtigen Timing auf bewegliche Plattformen zu hüpfen oder uralte Mechanismen wieder zum Laufen zu kriegen. Wenn wir genauer darüber nachdenken, dann mutet es schon etwas merkwürdig an, dass der Grabräuberaspekt des Titels (»Tomb Raider« bedeutet schließlich nichts anderes) in diesem Neustart eher zur Nebensache wird.
Technik: gar nicht modrig!
Dauergeballer, bei dem wir teilweise sogar nur stur den Analogstick nach vorne drücken müssen, während um uns herum alles explodiert und in Flammen aufgeht, beherrscht stattdessen das Geschehen auf der Insel. Spielerisch ist das vielleicht nicht besonders anspruchsvoll, doch es macht ziemlich viel Spaß, in diesem maßlos übertriebenen Actionfilm die Hauptrolle zu spielen.
Da trifft es sich gut, dass Tomb Raider auch technisch ein richtig starkes Stück ist: Die Action ist jederzeit flüssig, weder Ruckler noch verrutschte Bildzeilen (»Tearing«) trüben das Spielgeschehen. Und gelegentlich wird das Ganze dank toller Lichteffekte auch richtig stimmungsvoll. Zum Beispiel, wenn Lara im Schein ihrer flackernden Fackel durch finstere Höhlengänge schleicht und alles in ein schummriges Licht getaucht wird. Natürlich bringen die besten Lichteffekte nichts, wenn verwaschene und matschige Oberflächen die Illusion der Spielwelt zunichtemachen.
Doch keine Angst, die Texturen in Tomb Raider sind knackscharf und gehören mitunter zu den schönsten, die wir auf PlayStation 3 und Xbox 360 bisher gesehen haben – nunja, »schön« ist vielleicht nicht ganz die korrekte Bezeichnung für aus verrostetem Wellblech zusammengezimmerte Hütten oder ausgeweidete und mumifizierte Körper.
So detailreich die Polygonumgebung auch tapeziert sein mag, die immer gleiche Palette aus erdigen Farben und Grautönen lässt das Spiel wie den x-ten Aufguss der bekannten Kriegs-Shooter wirken. Ein Tomb Raider-Spiel sollte anders aussehen. Die actionorientierte Tomb Raider-»Kopie« Uncharted zeigt, wie es richtig gemacht wird: Gedämpfte Erdtöne sind okay, solange sie an den richtigen Stellen eingesetzt und immer wieder durch farbigere Abschnitte aufgelockert werden.
Über jeden Zweifel erhaben ist hingegen die akustische Untermalung des Spektakels: Sowohl der Soundtrack, der sich mal dezent im Hintergrund hält und dann wieder pompös aufdreht, als auch die deutsche Synchronisation der Dialoge sind äußerst gelungen. Vor allem möchten wir an dieser Stelle die deutsche Schauspielerin Nora Tschirner (Keinohrhasen) loben, die Lara in der deutschen Version glaubwürdig zum Leben erweckt. Hier spielt Tomb Raider tatsächlich in der Königsklasse.
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