Auf das neue Tomb Raider-Spiel von Crystal Dynamics müssen wir uns noch gedulden. Dafür ist auf Netflix am 10. Oktober mit Tomb Raider: The Legend of Lara Croft eine Animationsserie erschienen, die unsere Wartezeit etwas verkürzen soll.
Ich habe bereits alle 8 Folgen der ersten Staffel gesehen und war am Ende vor allem eines: verwirrt. Die Serie scheint nicht zu wissen, was sie eigentlich will, wodurch sie an Qualität und Unterhaltungswert einbüßt.
Ein Drahtseilakt zwischen der alten und neuen Lara Croft
Wer Lara Croft seit ihrem ersten Abenteuer im Jahr 1996 begleitet, weiß, dass sie sich mit den Jahren verändert hat. Wenn sie nicht gerade als beinharte, weibliche Popkultur-Legende auf Zeitschriften prangerte oder auf mein Zutun hin den Butler im Kühlschrank einsperrte, rätselte, kletterte und kämpfte sich die toughe Frau mit teils akrobatischen Aktionen durch unzählige Ruinen und Tempel.
Spätestens seit dem Reboot, der sogenannten Survivor-Trilogie – bestehend aus Tomb Raider (2013), Rise of the Tomb Raider und Shadow of the Tomb Raider –, erlebten wir Lara aber auch viel emotionaler und zerbrechlicher. Die Archäologin sollte dadurch nahbarer rüberkommen. An eben diese Lara knüpft die Tomb Raider-Serie auf Netflix an.
Genauer gesagt führt sie die Geschichte der Survivor-Spiele fort. Wir treffen daher auch wieder auf ihre guten Freunde Jonah und Sam, von denen sich Lara zu Beginn der Serie allerdings stark zurückgezogen hat. Lara kämpft aufgrund eines Verlustes mit ihren inneren Dämonen. Sie hat Albträume, flüchtet sich in gefährliche Abenteuer und nimmt selbstzerstörerisch an Straßenkämpfen und Saufgelagen teil.
Diese gebrochene, emotionale Seite von Lara gefällt mir im Prinzip, da ich mich mit ihr besser identifizieren kann, als mit ihrer Powerfrau-Version – die ich natürlich trotzdem aus anderen Gründen mag, die ihr hier nachlesen könnt:
Allerdings verschenkt die Serie hier, ähnlich wie die Reboot-Trilogie, viel Potenzial. So ernst und erwachsen The Legend of Lara Croft auch sein will, verläuft der Anspruch schnell im Sande. Natürlich macht Lara eine gewisse Entwicklung durch. Sie findet zu alter Stärke zurück, statt sich einfach weiter trotzig und weinerlich alleine durchzuschlagen, aber wie das rübergebracht wird, ist einfach nicht stimmig.
Die acht Folgen mit je 23 Minuten bieten nicht genug Raum, Laras Trauma so aufzuarbeiten, dass ich ihre Entwicklung nachvollziehen kann. Plötzlich springt und kämpft sie wieder übermenschlich durch die Gegend, als wäre nichts gewesen. Vielmehr noch gibt es Anspielungen auf die Lara der ersten Spiele, die mit der neuen Lara nicht gut zusammenpassen. Dazu zählt etwa der Sieg über einen T-Rex, den Lara schon fast überaktorbatisch aus dem Ärmel schüttelt.
Schau ich noch oder spiele ich schon?
Diese Identitätskrise spinnt sich noch auf anderer Ebene weiter. Die Tomb Raider-Serie fühlt sich nämlich mehr wie ein Videospiel als eine Serie an. Immer wieder rissen mich Momente raus, in denen ich nur dachte “Sicher, dass das eine Serie und kein Spiel ist?!”.
Natürlich gibt es strukturelle und narrative Parallelen zwischen Filmen, Serien und Videospielen. Die Geschichte folgt etwa im Kern der typischen Heldenreise (Einleitung, Krise und Auflösung). Trotzdem hat mich die Videospiel-DNA beim Schauen einer Serie noch nie so offensichtlich angesprungen, wie in The Legend of Lara Croft.
Mit ihren vielen, wechselnden Locations und der Jagd nach vier mächtigen Artefakten hatte ich gefühlt dauerhaft die Einteilung der Hauptquests vor Augen. Zudem bekommt Lara während ihrer Reise einen Rückholmagneten (ein Seil mit einem starken Magneten am Ende) geschenkt und erweitert damit ihre Fähigkeiten, wie wir es in vielen Spielen ebenfalls tun. Noch offensichtlicher wurde es aber im Bosskampf, bei dem Lara Schwachpunkte des Feindes gezielt angreifen musste, was letztendlich in einem Kampf mit mehreren Phasen resultierte.
Dass ich so ständig das Bedürfnis habe, zum Controller greifen zu wollen, statt mich einfach berieseln zu lassen, reist mich ebenso immer wieder heraus, wie das Hin und Her zwischen den beiden Lara-Versionen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Netflix konsequenter vorgeht, um diese Unstimmigkeit zu verhindern.
Nichtsdestotrotz war ich als Fan auch glücklich darüber, mit Lara endlich ein neues Abenteuer zu erleben und bekannte Gesichter zu sehen – besitzt ihr also ohnehin ein Netflix-Abo, schaut ruhig rein, vielleicht ergeht es euch ja ähnlich.
Was sagt ihr zur Netflix-Serie Tomb Raider: The Legend of Lara Croft?
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