Loot-Shooter haben es von Natur aus nicht leicht, zumindest wenn es um abwechslungsreiches Gameplay geht. Denn hinter dem bunten Rollenspiel-Shooter-Mix steckt eigentlich ein ziemlich mechanischer Ablauf. Ihr startet eine Mission, kämpft und lootet allein oder gemeinsam mit Freunden euren Weg zum Ende, levelt und startet die nächste Mission.
Da die Spiele vor allem auf Koop ausgelegt sind, dient die Geschichte dabei meist nur als Mittel zum Zweck: ein grobes Handlungsgerüst, das eure Aktionen rechtfertigt und als Motivationsansatz fungiert.
Auch in The Division 2 kommt die Story nur selten über plumpes Popcornniveau hinaus. Und trotzdem hat sich das genre-typische Abarbeiten der Kämpfen-Looten-Leveln-Checkliste selten so gut angefühlt und bei uns mehr Emotionen ausgelöst als manch hervorragend geschriebene Geschichte.
Warum? Weil die Entwickler von Massive Entertainment den zweiten Teil mit zahlreichen Details verbessert haben, die für sich allein zwar unscheinbar wirken, in der großen Summe aber aus einem sehr guten Spiel einen neuen Genre-Maßstab.
Bitte in der Ausstellung schießen!
Zu Beginn des Spiels erstellt ihr euch einen Agenten aus einer Reihe vorgefertigter Gesichter und zieht, streckt und schiebt Augenbrauen, Nase und Ohren hin und her. Sieben Monate nach den Ereignissen von The Division 1 hat es euch nach Washington D.C. verschlagen, wo ihr kriminellen Banden das Handwerk legen und die Überlebenden des Virusangriffs schützen sollt.
Die Hauptmissionen der Kampagne präsentieren sich angenehm abwechslungsreich, was vor allem den Schauplätzen zu verdanken ist. Statt nur auf Häuserdächern oder Straßen zu kämpfen, schickt euch The Division 2 in Museen, Theater, und Sehenswürdigkeiten wie das Lincoln Memorial.
Im Air & Space Museum lernen wir im Planetarium die Geschichte über unseren blauen Planeten und schießen gleichzeitig Gegnern die Panzerung vom Leib. Im American History Museum entdecken wir eine Ausstellung zum Vietnam Krieg und huschen im Dschungel zwischen Holzhütten und Sandsäcken hin und her. Das sind großartige Momente, durchgeskriptete Missionen auf dem Niveau eines Call of Duty oder Titanfall 2 dürft ihr dennoch nicht erwarten.
Die größte Schwäche der Kampagne liegt aber in der Story. Die ist nämlich völlig belanglos und scheitert daran, auch nur eine einzige spannende Figur hervorzubringen. Division Koordinator Manny Ortega schickt euch lediglich von einem Einsatz zum nächsten und selbst die Anführer der feindlichen Fraktionen bleiben derart langweilig und profillos, dass wir schnell wieder ihren Namen vergessen. Hier verschenkt The Division 2 viel Potenzial.
Wer spannende Geschichten erleben möchte, der bekommt sie nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern muss sie aktiv in der Spielwelt suchen.
Sightseeing-Tour durch Washington
Und was für eine Spielwelt wir hier erkunden! Anders als in Anthem oder Destiny 2 ist Washington nicht nur eine zweckmäßige Abladefläche für Missionen, Nebenaktivitäten und Sammelitems, sondern eine mit Details übersäte Spielwiese, in der wir auch nach Dutzenden Stunden neue Geheimnisse entdecken.
Neben bekannten Sehenswürdigkeiten wie dem Kapitol, dem Washington Monument und dem Weißen Haus, das wir als unsere Operationsbasis nutzen, warten in den Gassen, Parks und Büros der Stadt genau die Geschichten und Aha-Momente, die wir in der Haupt-Story vermissen.
Ein Laster hat eine Häuserwand durchbrochen, auf der Motorhaube hängt eine Leiche. Am Ufer der Constitution Gardens wartet ein einsamer Plüschhase auf seinen Besitzer. Und Graffitis zeugen von der immer größer werdenden Verzweiflung der Überlebenden, die von Gewalt und Hunger geplagt werden.
Daneben findet ihr die bereits aus dem ersten Teil bekannten Audiologs und ECHOs, die euch mehr über die Hintergrundgeschichte und Bewohner DCs verraten. Hier taucht ihr immer wieder auch in persönliche Momente ein und erlebt beispielsweise, wie einer der Überlebenden vor lauter Kummer im Drogenkonsum versinkt.
Ich geh mal kurz Wasser holen
Gleichzeitig ist die Welt in The Division 2 viel lebendiger als das New York des Vorgängers. Die Überlebenden haben sich in Siedlungen zurückgezogen, die ihr besucht und ausbaut - primär durch den Abschluss von Haupt- und Nebenmissionen.
Besonders cool: Die Bewohner einer Siedlung ziehen eigenständig los, um Ressourcen zu sammeln. Stoßen sie dabei auf Gegner, eröffnen sie das Feuer. Die gegnerischen Fraktionen sind sich außerdem auch untereinander spinnefeind und bekriegen sich regelmäßig auf offener Straße.
Habt ihr die Kampagne abgeschlossen, nimmt das Konfliktpotenzial noch weiter zu. Dann greifen Gangs und Bewohner sogar feindliche Gebiete an und tauschen so im Alleingang regelmäßig ihre Grundstücke. In Washington herrscht ein erbitterter Überlebenskampf, das spüren und erleben wir hautnah!
Als wir auf der Karte sehen, dass einige Zivilisten gerade auf dem Weg zu einem besetzten Kontrollpunkt sind, machen wir uns ebenfalls dorthin auf und kämpfen vor Ort Seite an Seite gegen die feindliche Gang. Während die ersten Schüsse und Granaten in hohem Bogen durch die Luft fliegen, klart der Nebel auf und macht Platz für den Sternenhimmel.
Der dynamisch simulierte Kampf um Washington sorgt gepaart mit dem Tag-Nacht- und Wetterzyklus dafür, dass sich die Spielwelt von The Division 2 deutlich lebendiger anfühlt als bei der Genre-Konkurrenz.
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