Test: Hitman Bonus-Episoden im Test - Kreativpause für den Killer

Zwei Bonus-Episoden, keine Episode 4: Statt neuer Location (Thailand) gibt’s wieder Marrakesch und Sapienza. Eine gute Entscheidung?

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Ich bin die Kernzielgruppe des neuen Hitman. Ehrlich, ich kann das beweisen. Seit die erste spielbare Location (Paris) im Februar veröffentlicht wurde, habe ich Hitman mindestens einmal in der Woche gespielt. Im Prolog und in Episode 1 konnte ich alle der insgesamt über 150 Challenges meistern, in Sapienza (Episode 2) und Marrakesch (Episode 3) sind zumindest jegliche Gadgets und Einstiegspunkte auf »Mastery Level 20« freigeschaltet. Ich habe fast jede Waffe unlocked, alle Elusive Targets umgebracht und damit sogar den schnicken Bonus-Anzug aus Hitman: Absolution verdient. Kurz: Ich spiele Hitman so, wie die Entwickler das beabsichtigen - stetig, gründlich, live.

Und trotzdem hinterlassen mich die beiden Bonus-Episoden, die IO Interactive für den Sommer 2016 statt einer richtigen vierten Location veröffentlicht, mit gemischten Gefühlen. Ein Teil von mir schätzt an ihnen dieselben Stärken, die Hitman seit Release für mich so interessant machen. Auf der anderen Seite bin ich ziemlich enttäuscht - wenn IO Interactive nicht langsam ein bisschen in die Pedale tritt, verspielt Hitman das immense Potenzial, das es in den ersten Episoden gezeigt hat.

Wo kaufen?
Die Bonus-Episoden sind bei allen Käufern der Full Experience (50 Euro) oder des Upgrade Packs (40 Euro als Aufpreis für das 13 Euro teure Intro-Pack) automatisch als Download verfügbar. Alle anderen können die beiden Missionen mit einer demnächst erscheinenden dritten Bonusmission im Dreier-Pack für den Preis einer normalen Episode (10 Euro) kaufen.

Filmstar oder Verräter?

Die beiden Bonus-Episoden führen Profi-Meuchler Agent 47 zurück nach Sapienza und Marrakesch, den Schauplätzen der bisher veröffentlichten Episoden. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen geändert: In Italien soll ich einen profitgierigen Filmstar live bei den Dreharbeiten zu seinem Superhelden-Blockbuster abmurksen, während in Marokko zwei zwielichtige Bauunternehmer an einem geheimen Informationsgeschäft gehindert werden müssen. Durch Mord, versteht sich.

Hitman - Das »Intro Pack« im Testvideo Video starten 5:08 Hitman - Das »Intro Pack« im Testvideo

IO Interactive hat die beiden bekannten Locations extra für die neuen Episoden umgestaltet, die Aufträge finden bei Nacht statt und besonders Sapienza gleicht einer Science-Fiction-Filmkulisse, weil überall Requisiten, Riesenmonster und Show-Explosionen zu finden sind. Rein spielerisch gibt's außerdem ein paar zugeschnittene Herausforderungen, besondere Kill-Strategien und Ausrüstungsgegenstände zu entdecken - in der Summe machen die jeweils ein Drittel des Umfangs einer normalen Episode aus.

Das geht in Ordnung, zumal die beiden Aufträge qualitativ durchaus die Stärken der bisherigen Missionen erben. 47 bewegt sich frei in den großen Sandbox-Arealen herum, beobachtet Wachpatrouillen, späht günstige Gelegenheiten aus, schnappt sich Verkleidungen und entscheidet zum Schluss, ob er das Ziel lieber mit einem spektakulär orchestrierten Signature Kill ausschaltet, oder ihm schlicht in den Kopf schießt. Die möglichen Strategien passen sich dabei dem Setting an. Ohne zu viel zu spoilern: Beim Filmstar kann ich beispielsweise Special Effects manipulieren, in der Shisha-Bar von Marrakesch hingegen die Wasserpfeifen vergiften. Das Highlight ist hier klar Marokko, das Lowlight hingegen Sapienza.

Endlich ein Perspektivwechsel

Bisher lag in Marrakesch noch zu viel Potenzial auf der Straße. Die Story-Mission in Episode 3 fand quasi ausschließlich in einer abgetrennten Schule und im Innern des Konsulatsgebäudes statt, der üppige Basar mit Shisha-Bar, Marktständen und Dachterasse blieb hingegen spielerisch ungenutzt. Die Bonus-Episode ändert das und gibt mir inmitten von unzähligen abendlichen Basarbesuchern die Herausforderung, meine beiden Ziele unerkannt zu erledigen - eine willkommene Abwechslung, die endlich das volle Potenzial der Map ausschöpft. Klasse!

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Die Bonus-Episode in Sapienza macht hingegen das Gegenteil. Das komplette Geschehen findet in einem künstlich in die Karte gesetzten Filmareal statt, fast alle Gebiete der Ursprungs-Location bleiben ungenutzt. Da 47 hier auch nur ein einziges Ziel um die Ecke bringen muss, bin ich rasch fertig. Klar, eine Zielperson mit einem brennenden Kampfroboter auszuschalten, hat schon Stil, allerdings gewinnt The Icon als Episode dadurch eher den Charakter einer Fun Map, die mir persönlich etwas zu wenig Fun bietet.

Nicht falsch verstehen: Beide Maps sind kurzweilig zu spielen - und anders als in vielen Escalation-Nebenmissionen muss ich hier auch wieder richtig tüfteln, um meinen Auftrag abzuschließen. Dass ich so nüchtern klinge, hat einen anderen Grund: Hitman tritt mir im Moment zu sehr auf der Stelle. Für all die Challenges, die ich in den drei bisherigen Episoden erledigt habe, musste ich Paris, Sapienza und Marrakesch mehrere Dutzend Male durchspielen - rechnet man dann noch die Escalation Missions dazu (Nebenmissionen, die ebenfalls in diesen Arealen stattfinden), dann kommt man locker auf 50 Durchläufe pro Location.

Die Uhr tickt gegen Agent 47

Ich verstehe schon, dass Hitman darauf ausgelegt ist, dass man Missionen wieder und wieder spielt, um alle Gebiete der riesigen Level zu entdecken, diverse Strategien auszuprobieren und so weiter. Wie bereits erwähnt: Ich bin die Zielgruppe. Aber irgendwann kränkelt die vom Entwickler versprochene »ultimative Assassinen-Fantasie«, wenn ich die ersten zehn Schritte meines hochbrisanten Kill-Auftrags aus dem Effeff abspule, weil ich die Handbewegung schon Hunderte Male gemacht habe. Klar, die neuen Missionen lockern diese Routinen durch neue Herangehensweisen auf - aber das ändert nichts daran, dass Agent 47 allmählich echt wieder einen Tapetenwechsel braucht. Letztlich muss IO Interactive eine Gratwanderung für sich entscheiden: Wie intensiv lasse ich meine Spieler eine Location erforschen und als Spielplatz zum Experimentieren nutzen, bevor ich ihnen wirklich neues Futter geben muss?

Und ich verstehe auch, dass die Bonus-Missionen wahrscheinlich insgeheim nur darüber hinwegtrösten sollen, dass die Entwicklung der eigentlichen Episoden weit hinter dem ursprünglich kommunizierten Zeitplan liegt. Natürlich sind die Bonus-Episoden besser als nichts. Hitman hat ein großes Sommerloch zu überwinden und versucht, das mit dem Bonus-Content und kuriosen Promi-Elusive-Targets zu erreichen - aber das ändert nichts daran, dass mir als Fan so langsam die Puste ausgeht.

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