"Karlsruhe besiegt Las Vegas!" Mit dieser Headline feiert unser Schwestermagazin GameStar im Oktober 2000 das erste Sudden Strike für den PC. Denn mit 88 zu 87 Wertungspunkten schlägt CDVs Echtzeit-Strategiespiel Westwoods Platzhirsch Alarmstufe Rot 2. Obwohl beide in der gleichen Disziplin turnen, könnten sie kaum unterschiedlicher sein. Während der C&C-Ableger auf Instant-Spielspaß mit abgedrehten Einheiten (Roboterspinnen, Raketenrucksacksoldaten, Riesenkraken!) getrimmt ist, verbindet Sudden Strike Tiefgang mit realistischem Flair.
Hier müssen wir uns den Sieg wirklich erarbeiten: Zum Beispiel können wir mangels Basisbau Verluste nicht einfach mit ein paar Klicks ersetzen - sie treffen uns also wirklich hart. Knapp 17 Jahre, einen fast identischen Nachfolger und einen grottigen dritten Teil (zum Glück alle nur für den PC) später rollt nun Sudden Strike 4 aufs Schlachtfeld. Im Marschgepäck: drei Kampagnen (deutsch, russisch, alliiert) mit 21 überwiegend schön langen Missionen, Skirmish-Gefechte, Multiplayer. Mehr wollen wir doch gar nicht!
Pfft, das ist ja viel zu leich... oh Gott!
Weil alle drei Kampagnen von Beginn an spielbar sind, also nicht erst freigeschaltet werden müssen, stürzen wir uns gleich mal in die alliierte. Denn hier winkt der D-Day als erste Mission, und der entscheidet oft, was ein Weltkriegs-Strategiespiel so kann. Doch statt mit tausenden Soldaten die fünf berüchtigten Strandabschnitte zu stürmen, fangen wir... ganz allein an.
Hinter den deutschen Linien per Fallschirm abgesetzt, müssen wir erstmal unsere Kameraden einsammeln. Dann geht's Schlag auf Schlag: Zwei Brücken sprengen, umzingelte Verbündete rauspauken, ein Dorf säubern, eine Artilleriestellung suchen und vernichten, wobei deren mögliche vier Positionen auf der Minimap markiert werden. Nett: Die Geschütze stehen nicht immer an derselben Stelle, was den ohnehin hohen Wiederspielwert des Einsatzes erhöht - dazu später mehr.
Sobald die Geschützstellung vernichtet (oder erobert!) ist, erweitert sich der bespielbare Bereich der Map, und die Landung am Strand beginnt. Landungsboote schaufeln zwar nicht hunderte, aber dutzende Infanteristen an Land, begleitet von einer Handvoll Panzer. Die Invasion ist überraschend unspektakulär, die wenigen Bunker, MG-Nester und Artilleriestellungen haben wir schnell ausgeschaltet. Insgesamt sind die Einsätze von Sudden Strike 4 meist etwas kompakter als im Urvater von 2000 (und erst recht auf Community-Maps mit tausenden Einheiten).
In der Regel haben wir zwei, drei, vier Dutzend Truppen unter unserem Kommando. Größere Schlachten mit hunderten von Einheiten gibt es zwar auch, aber die sind eher die Ausnahme. Wer bei solchen Zahlen sorgenvoll auf den PS4-Controller schaut und sich fragt, wie das mit Gamepad-Steuerung funktioniren soll, der sei hiermit entwarnt: Die Bediegung der Truppen klappt überraschend gut, wenn natürlich nicht so selbsterklärend wie mit Tastatur und Maus auf dem PC.
Doch selbst mit den kleineren Armeen ist Sudden Strike 4 spannend, denn es belohnt Taktiken und Spielweisen, an denen wir sowieso gern knobeln: Statt Truppenmassen auf den Feind zu hetzen, wollen wir perfekt taktieren, Verluste minimieren, Verwundete mit Sanitätern retten, Kriegsgerät erbeuten statt vernichten, Panzer von hinten angreifen. Dennoch werden wir wegen unserer leichten Erfolge unvorsichtig, schicken ein erbeutetes Reparaturfahrzeug zu einem angeschlagenen Sherman, kümmern uns um einen anderen Frontabschnitt - und prompt geraten der Reparatur-Lkw samt Spähpanzereskorte auf ihrer Abkürzung durch ein Getreidefeld in einen Hinterhalt, nach drei Panzerfausttreffern sind beide zerstört. Bisher hatte die Mission eher Tutorial-Charakter, doch dieser erste herbe Verlust soll nicht der letzte sein ...
Sudden Death
Als wir oben geschrieben haben, dass "Sudden Strike 4 Taktiken und Spielweisen belohnt", war das durchaus wörtlich gemeint. Wann immer wir zum Beispiel Verwundete heilen oder einen Panzer von Achtern knacken, ploppt kurz eine Meldung wie "Feldsanitäter" oder "Meuchler" auf. Was in anderen Spielen nur ein simples Achievement ist und schnell nervt, wirkt sich hier wirklich aus. Denn am Ende jeder Mission gehen diese Taten in die Endwertung ein, und wir kriegen ein, zwei oder drei Sterne.
Die wiederum investieren wir in die Fertigkeiten von drei Kommandanten pro Kriegspartei: In unserem alliierten Beispiel sind das Montgomery, Patton und Bradley, die jeweils Boni für Infanterie, Panzer und Unterstützungseinheiten wie Artillerie oder Nachschubfahrzeuge bringen. Zusätzliche Handgranaten etwa, oder das Eingraben von Panzern. Solche Boni sind zwar nicht kriegsentscheidend, motivieren uns aber zusätzlich, möglichst clever und bedacht zu spielen. Der Ehrgeiz, doch noch drei Sterne zu schaffen, erhöht den Wiederspielwert einer Mission ordentlich, zumal die drei Sterne neben "einfach" und "normal" einen dritten Schwierigkeitsgrad freischalten.
Sudden Strike 4 zeigt sich, wie das Ur-Spiel von 2000, bei Fehlern gnadenlos. Wer Panzer ohne Infanterie-Begleitung blind in ein feindliches Dorf schickt, verurteilt sie in Nullkommanix zu qualmenden Wracks. Denn das Spiel kennt keine langen Feuergefechte; sobald uns eine Panzerabwehrkanone oder ein Panzerfausttrupp auf dem Kieker hat, helfen nur noch Rückwärtsgang und Beten. Hinzu kommt, dass wir zwar Reparaturfahrzeuge einsetzen können, die aber nur Systemausfälle flicken: Motor- und Kettenschaden, das Hauptgeschütz - das kriegen die Jungs hin, aber sie löten keine frischen Panzerplatten auf unsere Tanks, füllen also keine verlorenen Hitpoints auf.
Da haben es unsere Infanteristen besser: Die haben zwar kaum Hitpoints, doch verwundete Soldaten heilen sich langsam automatisch. Bevor jetzt jemand "Casusal-Kram" schreit: Das war im ersten Sudden Strike auch schon so. Schwerverwundete müssen wir aber erst mit Sanitätern versorgen, sonst sterben sie. Beim Testen haben wir immer wieder dramatische Szenen erlebt, wenn Sanis unter Feindfeuer Kameraden gerettet haben - oder nach einem Hinterhalt knapp zu spät gekommen sind.
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