Es ist ein Krampf mit dem Kapitalismus. Einerseits bestimmt er unser Leben und treibt den Fortschritt voran - diesen Artikel hätten wir beispielsweise sonst auf ein Stück Rinde einritzen müssen. Andererseits ist er die Wurzel von allerlei Unrecht und Unglück in der Welt.
Der GTA-Klon Shakedown: Hawaii nimmt uns mit auf diese dunkle Seite des Geldes und schickt den Helden auf eine verpixelte Open-World-Version der zentralpazifischen Insel. Der Twist: Auf dem Papier ist keine der Spielfiguren kriminell.
Eure primäre Spielfigur, der ergraute Geschäftsführer "The CEO", hat seinen Konzern immerhin auf einem halbwegs legalen Fundament aufgebaut. Dumm nur, dass seine Firma nach einer Auszeit am Strand kurz vor dem Aufkauf durch den Erzrivalen steht.
Eure Aufgabe: Die Insel mit Marketing-Blenderei und jeder Menge Blei zurückerobern. Zu diesem Zweck schießt ihr euch mit dem CEO, seinem Sohn Scooter und seinem Handlanger Al (beide bekommt ihr nur in speziellen Missionen zu Gesicht) in Twin-Stick-Shooter-Manier durch eine knallbunte 16-Bit-Pixel-Spielwelt.
Pfusch am Bau
Einen Großteil der Zeit verbringt ihr mit den Story-Missionen, in denen sich der Geschäftsführer von einer schlechten Geschäftsentscheidung zur nächsten hangelt. Obwohl viele dieser Missionen im Schema "Lege X Gegner um" ablaufen und sich alle drei Charaktere exakt gleich steuern, gibt es durchaus Lichtblicke im Missionsdesign.
Um euren Konkurrenten zu diskreditieren, müsst ihr beispielsweise als CEO in sein Hotel einsteigen und mit einem Fön die Wärmeisolierung der Fenster sabotieren. Daraufhin hagelt es schlechte Online-Bewertungen für die Luxusabsteige - das erinnert positiv an den Anarcho-Humor der frühen GTA-Teile.
Das völlige Unverständnis des CEOs für Trends wie Video-Streaming oder Fairtrade-Lebensmittel in den Zwischensequenzen ist ebenso unterhaltsam, wird aber schnell durch ausgelutschte Plattitüden untergraben. Überhaupt, die Klischees: Schwarze Bewohner der Insel sind entweder Gangmitglieder oder Rapper, und die einzigen Frauen, die ein wenig mehr Bildschirmzeit bekommen, sind die Agentin des CEOs und eine Nachrichtensprecherin.
Dabei zeigt sich die offene Welt mit ihren frei begehbaren Ladengeschäften und unterschiedlichen erkundbaren Arealen wie Stränden, Wäldern und Wohn- und Industriegebieten durchaus schrill. Passanten mit Selfiesticks, Muskelmänner am Strand oder breit grinsende Kopfhörerträger: Die Figuren, die Shakedown: Hawaii in seiner Spielwelt platziert, sind bunt und detailliert.
Aber letztlich bleiben sie austauschbar. Ähnlich verhält es sich auch mit der örtlichen Polizei. Sobald ihr mehr als zwei oder drei Passanten, äh, touchiert steigt zwar euer Fahndungslevel und die Uniformträger heften sich an eure Fersen. Dass die Gesetzeshüter dabei gegen den Straßenverkehr immun zu sein scheinen ist aber ebenso unsinnig wie die Tatsache, dass ihr selbst ganze Bataillone ohne Probleme ausradiert - und sich das nicht merklich weiter auf euer Fahndungslevel niederschlägt.
Häuslebauer auf Hawaiianisch
Ähnlich eindimensional präsentieren sich die diversen Läden, die ihr während und zwischen den Missionen völlig frei aufsuchen und mit eurem Geld bewerfen dürft. Ob die Autolackiererei (die euch die Polizisten vom Hals schafft), der Waffenladen (der euch mit allem von Pistolen bis hin zu Raketenwerfern versorgt), oder die Klinik (in der ihr letztlich kosmetische Upgrades wie Doppelsprünge oder höherer Laufgeschwindigkeit kauft): Habt ihr ein Geschäft gesehen, habt ihr alle gesehen.
Ihr könnt die immer gleichen Läden allerdings nicht links liegen lassen. Denn um in Shakedown: Hawaii für Geldfluss zu sorgen, müsst ihr euer in Missionen verdientes Geld in Immobilien reinvestieren. Dieses Mikromanagement erledigt ihr auf der Übersichtskarte der Insel.
Hier könnt ihr beispielsweise Wohnungen, die besagten Geschäfte und später sogar den Flughafen der Insel kaufen und euch so täglich neues Geld in die Kassen spülen lassen. Netter Bonus: Besitzt ihr beispielsweise alle Waffenläden, erhaltet ihr dort Rabatt.
Große Welle, wenig dahinter
Mit Multiplikatoren wie Lobbyisten oder dem Einsatz von Tracking-Pixeln für bessere Online-Werbung generiert ihr sogar noch mehr Kohle. Das ist zwar ein netter Seitenhieb auf die Methoden in der heutigen Marketingwelt, aber mehr ist aus dem recht dünnen Wirtschaftssimulations-Anteil nicht herauszuholen. Wie aufgepfropft der ist, schlägt sich im Spiel deutlich nieder. Trotz vollem Firmenkonto meckert der CEO über seine Finanzen, und mehr als das Durchklicken der immer gleichen Menüs lässt sich mit euren Immobilien nicht anstellen.
Immerhin: In kurzweiligen den Arcade-Herausforderungen ist die Eindimensionalität kein Problem, wenn ihr beispielsweise mit einem Monster Truck innerhalb eines Zeitlimits möglichst viele Fahrzeuge plätten müsst. Auswirkungen auf das Spiel selbst hat das keine, und auch die Highscores finden sich nicht in globalen Leaderboards oder ähnlichem wieder.
Immerhin ist dieser Modus unterhaltsam, während der Free-Roam-Modus völlig unnütz wirkt. Hier könnt ihr zwar auch durch die Gegend brausen, mit Waffen um euch ballern und euch neue Outfits zulegen. Dank Geld ohne Ende und keinen echten Aufgaben funktioniert dieser Spieltyp allerdings nicht mal als konsequenzfreier Sandkasten. Mit Shakedown: Hawaii ist es also ein bisschen wie mit dem Kapitalismus, den es zu parodieren versucht: Manche Teile davon braucht man irgendwie - und manche machen nur unglücklich.
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