Es gibt Titel, die prägen eine ganze Generation von Spielern. Natürlich ist Super Mario Bros. so einer. Auch Doom gehört dazu, Tetris sowieso. Gut, das Action-Rollenspiel Secret of Mana von 1994 ist vielleicht nicht ganz so einflussreich, aber dennoch war das SNES-Abenteuer für viele, viele Spieler in Europa ein prägendes Erlebnis und der erste Kontakt mit dem Publisher Square (mittlerweile Square Enix).
Wunderschöne Grafik, einer der besten SNES-Soundtracks überhaupt, knuddelige Monster, sympathisch-freche Helden und eine gelungene Mischung aus Kämpfen und Leveln begeisterten die Super-Nintendo-Gemeinde nachhaltig. So nachhaltig, dass der Titel auch nach 24 Jahren bei Vetranen massiv nostalgische Emotionen weckt. Da sollte man doch meinen, Square Enix würde sich beim Remake eines Klassikers von diesem Kaliber ganz besonders ins Zeug legen… so einfach ist es dann aber leider doch nicht.
Altes Spiel, neue Polygone
Square Enix hat Aufbau, Spielablauf und viele Spielsysteme ziemlich direkt aus dem Original übernommen. Das Spiel beginnt, als Held Randi - seinen Namen und die der beiden Begleiter dürft ihr auch ändern - ein rostiges Schwert aus einem Stein zieht. Sofort werden die Monster im Wald aggressiv und Randi wird aus seinem Heimatdorf Potos verbannt.
Denn das gefundene Schwert ist nicht einfach nur ein beliebiges Argumentiereisen, sondern das legendäre Mana-Schwert, mit dem ein Held vor langer, langer Zeit die gefürchtete Mana-Festung zerstörte und so zwar einen großen Krieg zwischen den Menschen und den Göttern beendete, gleichzeitig aber auch eine hochentwickelte Zivilisation um Jahrhunderte zurückwarf. Und da sich nun neues Unheil zusammenbraut, ist es Randis Aufgabe, dem mittlerweile ziemlich rostigen Manaschwert zu neuer Macht zu verhelfen.
Animations-Armut
Seid ihr anfangs noch alleine unterwegs, trefft ihr schon bald das naseweise Feenkind Popoi und die energische junge Dame Prim, die ihren geliebten Dulac aus den Fängen einer Hexe befreien möchte. All das hat Square Enix jetzt komplett neu in 3D-Optik inszeniert - allerdings mit eher einfacher, grober Polygongrafik, näher an aktuellen Mobile-Spielen dran als an zeitgenössischer PS4-Kost.
So punktet Secret of Mana einerseits mit kräftigen Farben und klarer Darstellung, enttäuscht aber andererseits mit groben Modellen und unerklärlichen grafischen Sparmaßnahmen: Alle Gespräche des Spiels sind vertont, Mund- und Lippenbewegungen gibt es allerdings nicht - das wirkt schon etwas arg befremdlich. Ebenso fehlt eine Möglichkeit, die Kameraführung zu beeinflussen: Das Geschehen wird stets aus der leicht versetzten Vogelperspektive gezeigt; verschwindet eine Figur hinter einem Objekt im Vordergrund, dann werden nur ihre Konturen angezeigt.
Halb-Action-Kämpfe
Das Kampfsystem funktioniert fast so wie im Original. Ihr lauft frei umher, auf Knopfdruck verpasst ihr den Gegnern mit eurer gerade ausgerüsteten Waffe einen saftigen Schwinger. Per Steuerkreuz wechselt ihr die gerade aktive Figur, die anderen beiden werden von einer grob einstellbaren KI kontrolliert. Am besten aber holt ihr zwei willige Mitspieler vor den Fernseher, so macht Secret of Mana den meisten Spaß.
Allerdings hat das Kampfsystem so seine Eigenheiten: Wer einfach unkoordiniert auf die Gegner einknüppelt, der sieht kein Land, tatsächlich stehen die Kämpfe noch ein wenig in der rundenbasierten Tradition des Cousins Final Fantasy. Ihr dürft zwar jederzeit zuschlagen, aber nur wenn eure Angriffsleiste auf 100% steht verursacht ihr nennenswerten Schaden. Das ergibt einen interessanten Spielfluss: Man haut zu, nimmt wieder etwas Abstand und greift erst nach kurzer Zeit wieder an. Auch die kurze Unverwundbarkeit des Gegners nach einem Treffer sorgt dafür, dass man nicht einfach nur Angriffe raushauen kann, bis der Daumen blutet.
Neu ist die erhöhte Flexibilität: Dank Analogsteuerung greift ihr nun aus allen erdenklichen Winkeln an, die Gegner tun allerdings das Gleiche - und das ist teilweise ein echtes Problem! Insbesondere Gegner mit Fernkampfangriffen wie die Kapuzenratten im Wald der Hexe schießen teilweise wie mit der Kalaschnikow auf euch und schicken so eure zu diesem Zeitpunkt noch unterlevelten Mitstreiter binnen kürzester Zeit über den Jordan. Taktisches Vorgehen wie im Original - etwa das Ausnutzen des toten Winkels der Gegner - ist hier nicht mehr möglich, Frust und Hektik sind die Folge.
Komfort? Wozu?
Auch das Menüsystem wurde verschlimmbessert: Die Ringstruktur des Originals wurde beibehalten, allerdings liegt dieser Ring nun nicht mehr um die jeweilige Figur, weniger Übersicht ist die Folge. An anderen Stellen fehlen sinnvolle Komfortfunktionen: Bevor man gutes Geld in ein Stück Ausrüstung investiert, würde man auch gerne sehen, welche Charakterwerte damit gesteigert werden - eine entsprechende Anzeige fehlt aber. Auch der relativ grindlastige Spielablauf des Originals wurde beibehalten: Wollt ihr alle Waffen mit allen Figuren meistern, dürft ihr jede Menge Monster über den Jordan schicken. Besonders eklatant: Abstürze und andere Bugs sind keine Seltenheit! Positiv dagegen: die dümmlich-albernen deutschen Texte von 1994 wurden gegen eine weitgehend vernünftige Lokalisation ausgetauscht.
Und die Switch..?
Das Remake von Secret of Mana erscheint auf PS4, Vita und PC - für die meisten Spieler ist das Fehlen einer Switch-Version vollkommen unverständlich… Immerhin ist das Original auf Nintendo-Hardware erschienen und gerade mit der portablen Natur der Switch würde Secret of Mana absolut profitieren. Immerhin hat Square Enix mittlerweile die Wünsche der Switch-Gemeinde mittlerweile zumindest gehört. Und wer weiß, ein wenig Hoffnung besteht sogar noch, dass die hervorragende Seiken Densetsu Collection ihren Weg in den Westen findet: Neben Secret of Mana ist da auch der hierzulande als Mystic Quest erschienene Game-Boy-Vorgänger und der bisher noch nicht lokalisierte Nachfolger Seiken Densetsu 3 mit von der Partie - alleine deswegen schon wäre eine westliche Fassung ein echter Traum.
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