Arkane hat in den vergangenen Jahren einige tolle Spiele wie Dishonored oder Prey herausgebracht. Diese entwickelten sich zwar schnell zu Fan- und Kritikerlieblingen, konnten aber nie große finanzielle Erfolge einfahren.
Wir sind uns sicher, das wird auch Redfall nicht gelingen und das hat sehr viele Gründe. Welche das sind und warum wir etwas traurig auf die Zukunft des Studios schauen, lest ihr in unserem Test.
Austauschbare Charaktere und eine blasse Story
Redfall, ein fiktives Städtchen an der US-amerikanischen Ostküste, hat gleich mehrere Probleme. Zum einen streunen neuerdings Vampire durch die Straßen und saugen alle aus, die ihnen über den Weg laufen.
Zum anderen haben eben diese Blutsauger noch auf magische Weise die Sonne verdunkelt, das Wasser des umliegenden Meeres zu hohen Mauern aufgetürmt und - wie sollte es anders sein - den einzigen Landweg aus der Stadt blockiert.
Wie effektiv diese Blockaden sind, spüren wir zu Beginn des Abenteuers direkt am eigenen Leib. Doch noch bevor unsere Spielfigur bei einem Fluchtversuch über das Meer scheitert, müssen wir dieser zuerst ein Gesicht verpassen und uns für einen von vier Charakteren entscheiden.
Vier Freunde sollt ihr sein
Da wäre z.B. Devinder “Dev” Crousley, der sich auf die Verwendung seiner Gadgets, wie dem Blitzspeer oder mächtigen Lichtbomben, spezialisiert hat und agil über das Schlachtfeld teleportiert.
Oder aber Remi de la Rosa, die sich mit ihrem Roboterfreund Bribón ins Gefecht stürzt, explosive C4-Ladungen platziert und auf Kommando detonieren lässt, sowie sich und Teammitglieder heilt.
Wir haben uns in der Testphase hingegen für Jacob Boyer, einen auf Stealth fokussierten Scharfschützen, und Layla Ellison, eine mit telekinetischen Fähigkeiten ausgestattete Biologiestudentin, entschieden.
Die spielbaren Charaktere in Redfall:
Nach dem bereits erwähnten Versuch, über das Meer zu türmen, erwachen wir nach dem Intro auf dem Boden eines Bootes. Ein paar grundlegende Tutorials und erste Feuergefechte später stehen wir auch schon in der Feuerwache von Redfall, dem ersten Hub im Spiel.
Hier können wir mit einigen NPCs reden, gegen Credits unsere Vorräte wie Munition und Medikits auffüllen sowie Haupt- und Nebenmissionen starten. Die Einsätze bringen uns nicht nur im Kampf gegen die blutsaugende Bedrohung voran, sondern erzählen auch die Hintergründe über ihre Entstehung.
Mehr wollen wir an dieser Stelle auch nicht verraten. Die Geschichte bietet zwar durchaus einige spannende Ansätze, verpasst es aber, diese mit interessanten Charakteren und genügend Tiefe zu erzählen. Zudem sind die Missionen so arm an erzählerischen Highlights, dass wir sie - bis auf ein, zwei Ausnahmen - Minuten später bereits wieder vergessen haben.
Auch die sehr minimalistische Präsentation trägt ihren Teil dazu bei. Zwischensequenzen bestehen lediglich aus vertonten Standbildern, die Geschichte innerhalb der Missionen erleben wir fast ausschließlich durch Erinnerungs-Echos, in denen blaue Schemen an bestimmten Orten vergangene Augenblicke nacherzählen.
Auf der Suche nach dem Spielspaß
Eine zweckmäßige Geschichte ist im Genre der Koop-Shooter allerdings nicht zwingend ein Beinbruch, immerhin soll es in erster Linie darum gehen, sich durch Vampirhorden zu ballern und den eigenen Charakter zu verbessern.
Für den Kampf gegen Draculas Familienbande stehen uns allerhand Knarren zur Verfügung. Per Knopfdruck schalten wir jederzeit durch unsere drei aktuellen Loadouts, die Waffen aus sechs verschiedenen Kategorien beherbergen. Pistolen, Sturmgewehre, Shotguns oder Sniper-Rifles kommen in jeweils unterschiedlichen Ausführungen, die sich in Feuerrate, Schaden, Magazingröße und Visier voneinander unterscheiden. Dazu kommen die sehr passenden Exoten unter den tödlichen Spielzeugen: die UV-Lichtkanone und der Pflockwerfer.
Granaten oder Nahkampfwaffen haben wir jedoch schmerzlich vermisst. Zudem erschienen uns einige Waffentypen wesentlich stärker als andere. Während wir mit verschiedenen Sturmgewehren in der Regel gut durch das Spiel kamen, empfanden wir die Schrotflinten als etwas schwach auf der Brust.
Alle Waffen verfügen genretypisch über eine farbcodierte Qualitätsstufe, die je nach Seltenheit ein oder mehrere Perks spendiert. Diese verbessern nicht nur die Grundwerte unserer Waffe, sondern bringen auch Effekte wie z.B. eine Selbstheilung nach jedem Vampir-Kill.
Eine Möglichkeit, eine bestimmte Waffenart gezielt zu beschaffen, einzelne Bestandteile auszutauschen oder die gegebenenfalls liebgewonnene Ausrüstung zu verbessern, gibt es leider nicht. Lediglich das Aussehen können wir über freischaltbare Skins verändern.
Pflocking on heavens door
In den Feuergefechten stoßen wir auf Vampire und Menschen, die sich entweder auf deren Seite geschlagen haben oder einer Militärorganisation angehören, die einfach auf alles schießt, was sich bewegt.
Der Kampf gegen die Blutsauger bietet dabei einen besonderen Kniff, denn unsere normale Munition tötet die Biester nicht, sondern betäubt sie nur für einen kurzen Moment. Dieses Zeitfenster müssen wir nutzen, um ihnen entweder einen Pflock ins Herz zu jagen oder sie zu verbrennen.
Während sich die menschlichen Widersacher nur durch ihre Bewaffnung voneinander unterscheiden, gibt es neben den normalen Vampiren noch eine Handvoll Elite-Varianten, die mit besonderen Fähigkeiten daherkommen.
Die sogenannten Watcher sitzen zum Beispiel in der Regel auf Dächern und halten Ausschau nach Blutbeuteln wie uns. Entdecken wir sie zuerst, segnen sie schnell das Zeitliche. Sind wir aber unaufmerksam und werden von ihnen erspäht, machen sie aus großer Entfernung mächtig viel Schaden.
Andere Typen saugen uns aus der Entfernung aus und schaden uns so über Zeit, beschränken unser Sichtfeld oder ziehen uns an sich heran. Abseits dieser eher seltenen Elite-Vampire gibt es bis zum Ende des Spiels aber kaum Abwechslung im gegnerischen Team. Somit spielen sich die meisten Gefechte gleich und sind in der Regel auch sehr schnell vorbei.
Dazu kommt, dass die gegnerische KI streckenweise so kaputt ist, dass wir uns oftmals nicht sicher sind, ob wir lachen oder weinen sollen. So interessieren sich Kultisten z.B. nicht mal dann für uns, wenn wir ihre Freundinnen direkt neben ihnen mit einer Schrotflinte ins Jenseits befördern, oder sie sehen uns nicht mal dann, wenn wir direkt vor ihnen stehen.
Das sorgt auch dafür, dass wir die Fähigkeiten unserer Charaktere nur sehr selten gebraucht und genutzt haben und diese so nie richtig Teil unseres Gameplay-Loops geworden sind. Lediglich in den wenigen Bosskämpfen haben wir vor allem die ultimativen Fähigkeiten auf Cool Down gehalten.
Eben diese Fertigkeiten, bzw. deren Weiterentwicklung, stellen neben dem Story-Fortschritt aber unsere einzige nennenswerte Progression im Spiel dar. Für erfolgreiche Levelaufstiege erhalten wir nämlich Skillpunkte, die wir dann in einem Skillbaum verteilen.
In diesem können wir unter anderem jede unserer drei Fähigkeiten verbessern und etwa ihren Schaden erhöhen oder die Anwendungsdauer verlängern. Verbesserungen, die die Fähigkeiten aber wirklich spürbar stärken oder gar richtig verändern, gibt es allerdings nur sehr selten.
Diese Punkte sorgten schnell dafür, dass uns die Skills der Charaktere, samt dem dazugehörigen Fertigkeitenbaum vollkommen egal waren und wir uns bis zum Schluss weitestgehend allein mit unseren Waffen durch die Monsterhorden geballert haben.
Eine blutleere Open World
Mit Redfall versucht sich Arkane zum ersten Mal an einer Open World. Genauer gesagt handelt es sich aber um zwei große Gebiete, die wir nacheinander bereisen.
Besonders der erste Abschnitt ist durchaus gelungen gestaltet und bietet einige richtig tolle Sehenswürdigkeiten. Da wären z.B. der Leuchtturm samt dazugehörigem Museum oder das urige Kino der Stadt. Diese Orte sind mit so viel Liebe und tollen Details gebaut, dass wir sie wirklich gerne besucht haben.
Allerdings ist die gesamte Stadt abseits dieser vereinzelten Highlights wie leergefegt. Nicht selten sind wir auf dem Weg zu einer neuen Quest nicht auf einen einzigen Widersacher gestoßen und oft haben wir uns beim Erkunden der Stadt gefragt, ob die angebliche Bedrohung auch wirklich eine ist.
Auch die Aktivitäten, die wir in der Welt erleben können, sind rar gesät. Zum einen haben wir die Möglichkeit, Unterschlüpfe zu entdecken und diese samt dem dazugehörigen Stadtviertel für unsere Bewegung zurückzugewinnen.
Das erledigen wir, indem wir die Stromversorgung der Bunker wiederherstellen. Dazu folgen wir einem gelben Kabel, das aus jedem Versteck heraus den Weg zu einem Generator aufzeigt. An diesem warten dann entweder ein, zwei Feinde oder aber wir müssen einen Schlüssel finden, der das Gerät aktiviert.
Im Bunker selbst gibt es dann jeweils eine Mission zu erledigen, die uns nur selten mehr als drei oder vier Minuten beschäftigt. So müssen wir z.B. die Straße überqueren, um ein Gegnercamp zu leeren, oder aber einen sogenannten Blutbaum von Vampirunrat befreien. Im Anschluss gilt es schon, den Vampir-Leutnant des jeweiligen Einzugsgebietes zu erledigen, was uns dann noch einmal für ca. drei Minuten beschäftigt. Stadtteil gerettet.
Die zweite Aktivität sind Vampirnester, welche sich hinter zufällig auf der Karte erscheinenden Türen verbergen. In diesen Brutstätten kämpfen wir uns durch eine kleine Horde von Vampiren und erbeuten am Ende etwas Ausrüstung. Beim ersten und zweiten Besuch fanden wir diese kurzen Ballersnacks ziemlich gelungen, auch da das Leveldesign hier stark an eine surreale Alptraumversion der Stadt erinnert und klasse aussieht.
Allerdings mussten wir feststellen, dass die Nester mit Ausnahme kleiner Details jedes Mal gleich aufgebaut sind und sich spielerisch kaum bis gar nicht voneinander unterscheiden.Im Solospiel sorgten die Vampir-Gruppen zudem für ordentlich Frust, da sie allein nur schwer zu besiegen waren.
Selbst die Story-Einsätze haben uns nur in wenigen Ausnahmen begeistert, da auch diese in den meisten Fällen weder spielerisch aufregend noch besonders fordernd sind.
Wenn ihr euch jetzt fragt, “Da ist ja aber sicher noch mehr?!”, müssen wir euch enttäuschen. Neben den Haupt- und Nebenmissionen, dem Suchen von Grablocken (den Audiologs von Redfall) und einer Handvoll kleiner Geheimnisse gibt es nur die beiden oben genannten Aktivitäten. Mehr nicht.
Geteiltes Leid ist halbes Leid
Wir können die gesamte Kampagne allein oder mit bis zu drei Freund*innen durchspielen. Ob wir dabei mit vier unterschiedlichen Charakteren spielen, bleibt uns überlassen. Alle Mitspieler*innen behalten ihren Loot und ihre Erfahrungspunkte, den Missionsfortschritt erhält allerdings nur der Host - für uns ein deutlicher Minuspunkt fürs Gruppenspiel.
Redfall unterstützt zudem Crossplay mit dem PC und skaliert die Herausforderung entsprechend der Teamgröße. Im Koop seid ihr allerdings auf eure Freundesliste angewiesen, mit fremden Vampirjäger*innen könnt ihr nicht zusammen spielen.
Ein paar Worte zur Technik
Die Ankündigung, dass Redfall zum Release auf der Xbox Series X lediglich über einen Modus mit 30fps verfügen würde, sorgte bereits im Vorfeld für wilde Spekulationen über den technischen Zustand des Spiels.
Trotz einer sehr angestaubten Grafik und dem Verzicht auf anspruchsvolle Techniken wie Raytracing schafft es Arkane zum Release nicht, einen Performance-Modus zu liefern. Derzeit ist nur das spielbar, was nach dem kommenden Performance-Update als Qualitäts-Modus wählbar sein wird.
Vor allem im letzten Spieldrittel werden die 30fps darin nicht immer gehalten. Der finale Bosskampf wurde bei uns sogar zur zittrigen Ruckelpartie.
Direkt von Anfang an hat das Spiel darüber hinaus mit teilweise nur langsam nachladenden Texturen und Fehlern bei der Lichtdarstellung zu kämpfen.
Zahlreiche Bugs, wie fehlerhafte Munitions-Anzeigen oder reaktionslose Gegner, kamen in unserer Testphase leider sehr häufig vor. In einigen Fällen konnten wir einen bestimmten Munitionstyp nicht mehr looten oder aber das Spiel verwehrte uns die Ducken-Funktion und das Öffnen des Menüs.
Zudem kam es sowohl im Solo- als auch im Koop-Modus hin und wieder zu Abstürzen. Aus diesem Grund verpassen wir Redfall zum Release eine Abwertung von 8 Punkten.
Der am 1. Mai erschienene Day 1 Patch soll einige dieser Fehler adressieren. Um das ausreichend zu testen, benötigen wir allerdings noch etwas Zeit.
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