Warum springt Mario, wenn man den B-Knopf drückt? Woher weiß das Spiel, dass Link gerade auf einem Schalter steht? Wie findet der blaue Panzer sein Ziel? Das Nintendo Spielestudio beantwortet diese und viele weitere Fragen auf charmante Art und bietet einen spielerischen Einstieg in die Welt des Programmierens. Mit Super Mario Maker hat Nintendo bewiesen, dass man auch mit einfachen Design-Tools tolle Level basteln kann. Im Spielestudio erschaffen wir nun ... Tja, alles mögliche!
Was ist das Spielestudio eigentlich?
Das Ziel ist simpel: Programmiert mit Hilfe von Nintendo euer eigenes Spiel. Auch wenn sich das im ersten Moment wie Nintendos Antwort auf den PlayStation-Titel Dreams anhört, wäre dieser Vergleich ungerecht. Das Spielestudio verspricht keine Plattform für grafisch beeindruckende Momente, sondern möchte Spieler*innen, die sich im Allgemeinen für die Entwicklung eines Videospiels interessieren, einen motivierenden ersten Berührungspunkt liefern.
Interaktive Lektionen
"Interaktive Lektionen" ist der Tutorial-Bereich des Spielestudios. Hier erwarten euch Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die euch später helfen werden, euer eigenes Spiel zu designen. Abgehalten werden die Lektionen von zwei schwebenden Lichtkugeln namens Bob und Alice, deren Begeisterung fürs Programmieren sofort ansteckt.
Es mag seltsam klingen, doch die beiden wachsen einem durchaus ans Herz. Das liegt natürlich an dem typischen Nintendo-Charme; witzige Texte und ein ausdrucksstarkes Sound-Design machen aus den einfachen Lichtpunkten zwei echte Sympathieträger. Bob gibt ein enttäuschtes Seufzen von sich, sollte das Spielfeld keinen Rand haben und eure Figur ins Unendliche stürzen. Er quietscht zufrieden, wenn einem Knopf die richtige Funktion zugewiesen wurde und ihr endlich springen könnt. Überhaupt liegt in der Persönlichkeit der quirligen Professoren viel von dem, was das Spielstudio so liebenswert macht.
Ein Blick hinter die Kulissen
In den Lektionen lernt ihr die Grundlagen der Spieleentwicklung. Bob gibt euch ein einfaches Spiel vor, das ihr dann in einzelnen Schritten nachbaut. Ihr folgt dem (wortwörtlich) springenden Punkt Bob ins Innere des Spiels, den Programmierbildschirm.
Der ist das Backend eures Spiels. Hier fügt ihr Plattformen und Hindernisse ein, gebt den Knöpfen eine Funktion und den Figuren bestimmte Qualitäten. Ein Gegner sollte zum Beispiel "zerstörerisch" und "zerstörbar" sein. Bei einem Plattformer ist der Spielfeldrand idealerweise von unsichtbaren "zerstörerischen" Balken eingerahmt.
Willkommen bei den Knotixen!
Im Spielestudio wird Programmiersprache durch die sogenannten Knotixe vereinfacht dargestellt. Die Knotixe sind die "Bewohner" eurer Switch und gehorchen ganz euren Befehlen - es gibt ein Quader-Knotix, ein Zylinder-Knotix, ein B-Knopf-Knotix, ein Joystick-Knotix und unzählige andere. Da jeder Aspekt des Spiels in Form eines Knotix erscheint, und die Lektionen immer komplexer werden, lernt ihr bald so schräge Figuren wie das Bei-Objekt-Zerstörung-Knotix kennen, das eben die Zerstörung eines bestimmten Objekts registriert und an ein Zähler-Knotix weitergibt.
Das ist notwendig, wenn euer Spiel zum Beispiel die Zahl der besiegten Gegner anzeigen soll. Unser Favorit: Das Nochmal-Knotix, die nostalgische, schnauzbärtige Restart-Funktion. Die Knotixe sind albern, keine Frage, und die textlastige Vorstellung nimmt viel Zeit in Anspruch. Trotzdem liegt ein gewisser Zauber darin, den legendären B-Knopf nun auch einmal "persönlich" kennenzulernen.
Allerdings sind die Knotixe wenig intuitiv. Will man beispielsweise eine Kanone an ein Raumschiff anbringen, können diese Objekte nicht einfach erstellt und dann mit dem Cursor zusammengefügt werden. Stattdessen muss die Verbindungsstelle im Achsen-Menü beider Knotixe als Zahlenwert eingegeben werden. Das ist besonders ärgerlich, da Nintendo mit den Knotixen eine ansonsten übersichtliche und anfängerfreundliche Programmiersprache entwickelt hat.
Nintendos bunte Programmierschule
Schauen wir uns eines der insgesamt sieben für das Tutorial vorgefertigten Spiele, "Alien Attacke", etwas genauer an: In der ersten Lektion erschafft ihr eure Spielfigur, ein Raumschiff, und stattet es mit einer Kanone aus. Nun möchte Regisseur Bob, dass der Bildschirm automatisch mit dem Raumschiff mitscrollt. Ihr müsst also ein Konstant-Knotix herbeirufen und ihn mit dem Spielbildschirm-Knotix verbinden. Noch habt ihr dem Konstant-Knotix allerdings keinen Zahlenwert zugewiesen, sodass der Bildschirm in Windeseile davondüst.
Die Lösung? Ein Zähler-Knotix muss her, das die Geschwindigkeit des Konstant-Knotix reguliert. Jede erlernte Fähigkeit wird von Alice protokolliert und im Handbuch gespeichert.
Testet eure Programmierfähigkeiten
Ihr seht also, dass die Lektionen immer komplizierter werden. Allerdings gibt Bob euch genau vor, wo ihr ein Objekt einsetzen müsst und welche Funktion es zu erfüllen hat. Fehler sind hier unmöglich. Die Herausforderung beginnt erst bei den Kontrollpunkten. Jeder Kontrollpunkt stellt euch vor fünf Rätsel, in denen ihr beweisen müsst, dass ihr Bobs Lektion auch verstanden habt.
Die Rätsel funktionieren so: Ihr werdet mit einem Spiel konfrontiert, das aus irgendeinem Grund nicht funktioniert. Eure Figur muss beispielsweise einen Apfel aus der Luft schnappen, kann aber nicht springen. Auch im Backend lässt sich das Springen nicht aktivieren. Die Lösung könnte hier sein, die Schwerkraft des Apfels anzustellen, damit dieser auf das Männchen herabfällt. Diese Rätsel sind durchaus knifflig. Hier wird mit eurer Erwartungshaltung gespielt, das erinnert an Puzzle-Games wie Baba is You oder What the Golf?
Im Test haben wir für jedes der sieben Spiele im Durchschnitt ca. 45 Minuten gebraucht und auch die anschließenden Kontrollpunkte hatten es teilweise ganz schön in sich. Für ausreichend Umfang ist also bereits in den Lektionen gesorgt.
Freies Programmieren
Natürlich könnt ihr auf Bobs Lehrstunden auch verzichten und euch stattdessen gleich im "Freien Programmieren" austoben. Nachdem die Grundlagen erlernt wurden, darf man sich also gleich an die Entwicklung eines Spiels wagen. Also, ab ins Backend! Jedes Spiel beginnt mit einer leeren Fläche, der weißen Leinwand, auf die ihr eure Welt pinselt. "Alles ist erlaubt" ist hier das Motto, es ist also durchaus möglich, dem Joystick die Funktion "Springen" zuzuweisen. Ob das im Endprodukt viel Sinn ergibt, sei dahingestellt …
Nach wenigen Minuten hatte wir ein simples Labyrinth gezaubert und ein "Männchen" hineingesetzt. Das Labyrinth war furchtbar und die Spielfigur ziemlich hässlich. Aber das war egal, denn nicht die Qualität des Endprodukts ist hier entscheidend, sondern der Spaß am Ausprobieren. Es ist immer wieder faszinierend, den B-Knopf-Knotix zu rufen, ihn mit der Sprungfunktion des Männchens zu verbinden, zurück ins Spiel zu gehen, um dann festzustellen, dass die Figur ja wirklich springt. Wen interessiert es da, ob unser Labyrinth zum Game of the Year gekürt wird?
Das Teilen der Eigenkreationen ist jedoch alles andere als einfach: Ihr könnt euch nicht einfach durch Spiele aus aller Welt klicken (was in Dreams und Super Mario Maker problemlos möglich ist). Stattdessen müsst ihr die ID eines Spiels erfragen oder schauen, ob diese bereits im Netz geteilt wurde. Eine unverständliche Entscheidung; das Erkunden anderer Spielwelten könnte viel einfach sein.
Der Weg ist das Ziel
Kommen wir zu einem weiteren Kritikpunkt: Den Spielen selbst fehlt es an Tiefe und Abwechslung. Die Bausteine lassen sich zwar immer wieder neu arrangieren und zusammenfügen, sind aber rein äußerlich kaum veränderbar. Ihr arbeitet mit Plattformen und Spielfiguren, die euch das Spiel vorgibt. Auch fehlt ein 3D-Modell-Editor, in dem Objekte frei gezeichnet und dann eingefügt werden können. Dadurch wirken die Spiele rein äußerlich alle gleich - ein paar weitere Gestaltungsmöglichkeiten hätten den Werken zusätzliche Persönlichkeit gegeben.
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