Im Nahen Osten brechen reihenweise die Tyrannen weg, China ist auch nicht mehr, was es mal war, und die Russen … ach bitte. Nur gut, dass sich Nordkorea immer noch mit schöner Regelmäßigkeit weltpolitisch daneben benimmt. Denn so muss der »Schurkenstaat« im Ego-Shooter Homefront von THQ als das Böse herhalten. Basierend auf dem realen Konflikt zwischen dem kommunistischen Norden und dem demokratischen Süden Koreas hat der amerikanische Autor John Milius (verantwortlich für den kontrovers aufgenommenen Film »Die rote Flut«, der eine ähnliche Handlung besitzt) ein spannendes und halbwegs glaubwürdiges Zukunftsszenario gezeichnet: Nach dem Tod Kim Jong-Ils übernimmt dessen Sohn Kim Jong-Un die Macht in Nordkorea. Er vereinigt die verfeindeten Bruderstaaten mit Gewalt und erobert in den Folgejahren große Teile Südostasiens sowie Japan. Als die von der Weltwirtschaftskrise stark geschwächten USA dann auch noch Opfer einer tödlichen Grippe-Epidemie werden, marschieren koreanische Truppen in Nordamerika ein und errichten eine Schreckensherrschaft, die der der Nazis in nichts nachsteht.
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Lieber wegschauen
Einer der unzähligen Leidtragenden der bei Spielstart schon einige Zeit andauernden Besetzung ist Robert Jacobs, unser Alter Ego. Der Ex-Pilot wird eines Morgens im Jahr 2027 von koreanischen Truppen aus seiner armseligen Behausung gezerrt, um deportiert zu werden. Wohin, weiß er nicht, aber es sieht nicht gut aus: Überall auf der Straße treiben die Invasoren Menschen zusammen; sie misshandeln, prügeln und morden ungestraft. Homefront überflutet uns schon in den ersten Minuten mit Szenen grausamer Unmenschlichkeit, die auch in der deutschen Version nicht geschnitten wurden. Da wird zum Beispiel ein junges Paar vor den Augen seines schreienden und weinenden zweijährigen Sohnes auf offener Straße hingerichtet. Die Botschaft von Homefront ist klar: Jeder einzelne koreanische Soldat ist ein Sauhund, den es zu vertreiben gilt. Und diese Botschaft -- so plump sie auch ist -- kommt an.
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Rebell ohne Willen
Was hingegen nicht ankommt, ist Jacobs’ Gefangenentransporter: Der Bus wird von zwei Widerstandskämpfern gekapert, Jacobs bei der Gelegenheit befreit. Nun gehört er zwangsläufig auch zur Resistance, und die hat eine Aufgabe für ihn. Welche, verraten seine Befreier zunächst nicht. Und Jacobs fragt auch nicht nach, denn er schweigt beharrlich. Es gibt Spiele, da stört ein stummer Held nicht (siehe Half-Life), doch Homefront gehört nicht dazu. Denn in einer solchen Situation wäre es doch normal, zu fragen: »Danke, aber was wollt ihr eigentlich von mir?!« Stattdessen fügt sich Jacobs gleichmütig in sein ungewisses Schicksal und ballert sofort fröhlich mit. Zu ballern gibt’s in Homefront mehr als genug: Keine Spur von subtilen Guerilla-Taktiken, die dem Szenario entsprechen würden, stattdessen nehmen es Jacobs und seine neuen Freunde zu dritt mit der ganzen Invasionsarmee auf. Homefront mutiert schon nach wenigen Minuten vom potenziellen Polit-Actionthriller zum Call of Duty-Klon, inklusive unendlich nachwachsender Gegnerhorden. Wir schießen derart viele Koreaner über den Haufen, dass wir uns mit der Zeit fragen, wie viele da eigentlich noch zum Amerika-Besetzen übrig bleiben. Und wie die das überhaupt hinbekommen haben, wenn man bedenkt, wie dumm sich unsere Gegner verhalten.
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