Seite 3: God of War im Test - Gott sei Dank generalüberholt

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Begleiter mit Verstand

Das Herausstechendste an Atreus ist, dass er kein Idiot ist. Er rennt nicht einfach weg und wird dann gekidnappt. Er hat auch keine plötzlichen Wutanfälle, die hunderte Gegner anlocken. Kratos bringt seinem Sohn bei, zu überleben, und die meiste Zeit macht der Kleine das wirklich gut. Und die paar Male, in denen dann doch etwas passiert, ertappen wir uns dabei, wie wir uns Sorgen machen, statt genervt zu sein. In Verbindung mit den wirklich guten Gesichtsanimationen der Spielfiguren hat uns Atreus in manchen Situationen durch seine Bemerkungen mitten ins Herz getroffen.

Als Atreus zum ersten Mal einen Menschen tötet und wir aus erster Hand mitkriegen, wie das dem Kind das Herz bricht, schmerzt auch uns die Brust. Und das, gerade weil die Szene kein bisschen kitschig rüberkommt.

Atreus und Kratos haben sehr schön inszenierte Vater-Sohn-Momente. Atreus und Kratos haben sehr schön inszenierte Vater-Sohn-Momente.

Atreus ist wichtig für Kratos. In Griechenland hatte der Spartaner keine Probleme, seinen Weg zu finden oder von A nach B zu kommen. Midgard jedoch ist ihm fremd, er kennt weder die Geschichte der Welt, noch kann er die Sprache lesen. Gepaart mit seinem generellen Unwillen in Sachen Kommunikation steht der Muskelmann damit gerne mal allein auf weiter Flur. Gut, dass er Atreus hat. Der liest, forscht, untersucht und unterhält sich mit allem, was einen Mund hat. Damit bekommt er sogar seinen missmutigen Papa dazu, etwas mehr über die Welt zu lernen.

Vater des Jahres

Die Interaktion zwischen den beiden ist sehr gelungen. Direkt am Anfang merken wir, dass Kratos vor dem Tod seiner Frau nicht gerade der Vater des Jahres war. Der kriegsverhärmte Spartaner war kaum präsent, unnahbar, und hat keine Ahnung, wie man mit einem Kind redet. Kein Wunder, Spartaner waren schließlich nicht für ihre pädagogischen Höchstleistungen bekannt. Doch jetzt ist er plötzlich mit einem Sohn konfrontiert, dessen Mutter gerade gestorben ist. Hier hilft die Axt ausnahmsweise mal nicht. Die Konflikte mit Atreus bringen Kratos bisweilen mehr ins Straucheln als eine ganze Horde Höhlentrolle.

Atreus auf der anderen Seite muss einen Verlust verarbeiten, ist zum ersten Mal wirklich in Lebensgefahr und wird mit allerhand Monstern konfrontiert, die er bis dahin nur aus Erzählungen seiner Mutter kannte. Die ist aber tot, ihm bleibt nur ein entfremdeter Vater, dessen Anerkennung er sich zwar wünscht, er aber auch gleichzeitig überzeugt ist, nie gut genug sein zu können.

Und dann wäre da noch die Frage, wie sehr er eigentlich wirklich wie sein Vater sein will? Hat er als Sohn des Kriegsgotts überhaupt die Wahl? Atreus hat ein ähnliches (wenn auch lebensgefährlicheres) Problem wie Kinder in traditionsreichen Familien. Nur ist es hier nicht die Frage, ob er den Familienbetrieb von Papa übernimmt, sondern ob er irgendwann mal dessen blutbefleckte Axt schwingen will.

Axt ins Herz

Im Laufe der Story wachsen sowohl Kratos als auch Atreus an ihren guten und schlechten Erfahrungen miteinander. Die Entwicklung der beiden ist dabei sehr gut in den Rest der Handlung eingewoben. Atreus bleibt nicht durchgehend der blauäugige Junge, sondern wird zwischendurch übermütig, hochmütig und (unser persönlicher Favorit) bockig. Wenn der Kleine hinter seinem riesigen Vater herläuft und ihn dabei trotzig hinter seinem Rücken nachäfft, ist das eine Szene, wie sie sich zwischen Eltern und Kindern überall auf der Welt abspielen könnte.

Nicht nur die Geschichte, auch die Welt drumherum ist wunderschön. Nicht nur die Geschichte, auch die Welt drumherum ist wunderschön.

Auch Kratos verändert sich. Genau in dem Moment, in dem seine fehlende emotionale Intelligenz beinahe die Story stoppt, gibt er sich einen Ruck und geht endlich einen Schritt auf seinen Sohn zu. Ob er Atreus hilft, seinen Waffengurt zu reparieren, ihm zeigt, wie man ein Messer hält oder ihm einfach nur beruhigend die Hand auf die Schulter legt: Die kleinen Momente zwischen Vater und Sohn sind wohlplatziert und wirken nie kitschig, sondern echt.

Das bedeutet aber nicht, dass God of War jetzt zu einem Bildungsroman geworden ist. Neben der persönlichen Entwicklung der Figuren gibt es natürlich noch eine viel umfassendere Handlung. Und das nicht erst, wenn die beiden die Weltenschlange treffen, die ganz Midgard umspannt. Die großen nordischen Götter glänzen jedoch mit Abwesenheit. Wir sehen weder den Göttervater selbst, noch seinen wohl berühmtesten Sohn Thor. Wollen wir aber auch gar nicht.

Die wahre Geschichte der Asen

Anders als in den Marvel-Verfilmungen ist Thor im Spiel nämlich kein charmanter Surferboy mit perfekten Haaren und frechem Grinsen, sondern ein richtig fieser Sack. Vergleicht man die beiden Versionen mit dem Thor aus den nordischen Mythen, ist die God of War-Version nach allem, was wir im Spiel so mitkriegen, erheblich näher an dem gefürchteten Krieger dran.

In God of War werden viele der klassischen Heldengeschichten aus einer anderen Sichtweise erzählt. Das macht den glorreichen Sieg Thors über die Riesen schnell zu einem Massaker und Odins Eroberung der Welten zur Ausbreitung eines totalitären Regimes. Hier wird deutlich: Ob jemand ein Held oder ein Halunke ist, liegt im Auge des Betrachters. Besonders bei Odin, denn der hat ja nur eins.

Auf den Schreinen steht die etwas andere (und weniger heldenhafte) Geschichte der Asen geschrieben. Auf den Schreinen steht die etwas andere (und weniger heldenhafte) Geschichte der Asen geschrieben.

God of War kommt jedoch sehr gut ohne die erste Riege der Asengötter aus. Der Fremde gibt einen ganz hervorragenden Bösewicht ab. Er stellt Kratos und Atreus unaufhörlich nach und geht dabei über Leichen. Gleich mehrmals versucht er uns zu töten, und jedes Mal kommen wir nur um Haaresbreite davon. Das Problem: Er kann nicht verletzt werden. Aber das wäre ja nicht das erste Mal, dass Kratos es mit einem vermeintlich Unsterblichen aufnimmt.

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