Neues Kampfsystem, alte Wucht
Neben schweren Hieben sind auch schnelle Schläge oder verheerende Schildschwinger kein Problem. Letztere sorgen für einen optisch und spielerisch äußerst attraktiven Konter, der nicht nur Schläge, sondern mit dem richtigen Timing später auch Projektile auf den Gegner zurückwirft.
Besiegte Monster lassen nicht nur Crafting-Material und Geld für neue Rüstungen fallen, sondern belohnen uns auch mit Erfahrungspunkten, mit denen wir unsere Fähigkeiten ausbauen können. Dabei gilt: Je mehr wir kämpfen, entdecken oder zuhören, desto mehr Erfahrungspunkte bekommen wir, und desto mehr können wir verbessern. Der eben erwähnte Projektilkonter ist nur eine der Erweiterungsmöglichkeiten.
Der Kombozähler aus den Vorgängern ist zwar Geschichte, das bedeutet aber nicht, dass Kombos uns nicht doch einen Vorteil verschaffen können. Jetzt sind es aber eher die Kombinationen aus unterschiedlichen Angriffen, die dem Kampf das gewisse Etwas geben. Wenn wir die feindliche Deckung mit dem Schild durchbrechen, den Gegner dann mit einem mächtigen Axtschwinger in die Luft werfen und anschließend mit einem Hagel leichter Schläge gegen die Wand pfeffern, läuft das so flüssig zusammen, dass allein das Zusehen schon Spaß macht.
Anders als in den vorigen Teilen steckt auch eine greifbarere Wucht hinter den Schlägen, da wir nicht mehr mit Kettenklingen durch scheinbar materielose Gegnergruppen dreschen, sondern uns auf einzelne Widersacher konzentrieren, die direkt auf unsere Hiebe reagieren.
Kratos für alle
Zu den normalen Angriffen kommen die Runenangriffe. Das sind Plaketten, die wir in Schatztruhen überall auf der Welt oder nach dem Besiegen von Bossmonstern finden. Die Runenangriffe bringen uns Spezialattacken wie besonders wuchtige Schwerthiebe, einen Sturmangriff oder einen Eiskristallhagel, der eine ganze Reihe Gegner auf einmal von den Füßen haut.
Die Kraft der Angriffe können wir genau wie die Grundwerte Stärke, Vitalität oder Abwehr mit verschiedenen Rüstungen beeinflussen. Allerdings verbessert nicht jede Rüstung alle Werte gleichzeitig. Materialien zum Craften unserer Kampfgewänder lagern bei Gegnern, in Truhen oder in den überall auf der Welt verteilten Shops. Dort können wir auch fertige Rüstungen kaufen, die mit ihren Status-Buffs unseren Kampf unterstützen. Die dafür nötige Kohle erhalten wir von besiegten Gegnern oder aus Truhen - Mikrotransaktionen mit Echtgeld gibt es in God of War nicht.
Egal ob Fern- oder Nahkampf, wuchtige Hiebe oder flinke Schlitzer: Hier ist für jeden Spielertypen was dabei. Außer natürlich für Schleicher. Stealth ist etwas, was der Gott des Krieges wahrscheinlich nie lernen wird. Spätestens wenn Kratos lautstark Spartas Zorn entfacht, ist sowieso jeder Gegner im Umkreis alarmiert. Ein brüllender, leuchtender Spartaner, der mit seinen Schlägen den Boden zum Beben bringt, ist nur schwer zu übersehen.
Von wegen Ragequit
Ja, der in den Vorgängern eingeführte Rage-Modus ist auch im aktuellen God of War fester Bestandteil der Spielmechanik und lädt sich im Kampf durch ausgeteilte Schläge, erlittenen Schaden oder von Gegnern fallengelassene Rage-Kristalle auf. Und wenn wir als rot-weißer Griechen-Hulk brüllend über die Karte rasen, fühlt sich God of War wieder genauso an wie früher.
Anders als damals kämpfen wir jetzt jedoch nicht mehr allein. Sohnemann Atreus begleitet uns nicht nur, sondern hilft dank seines Flitzebogens auch aktiv im Kampf. Seine Schießkünste lassen sich mit der Zeit verbessern, im Laufe des Spiels kommen außerdem Nahkampfangriffe und Spezialattacken hinzu. Zum Beispiel eine Horde Spektralwildschweine, die die Gegner überrennen und sie für kurze Zeit außer Gefecht setzen.
Wichtiger Winzling
Atreus ist aber nicht nur ein schmückendes Beiwerk mit ein paar hübschen Mini-Attacken. Gegen manche Gegner kommt Kratos alleine gar nicht an. Die Wiedergängerhexen zum Beispiel lösen sich bei Berührung in Rauch auf. Erst wenn Atreus sie mit einem Pfeil betäubt hat, können wir sie mit unserer Axt überhaupt treffen.
Kratos kann sich theoretisch auch in der Deckung verkriechen und Atreus allein kämpfen lassen. Das ist zum einen aber nicht sehr heldenhaft, zum anderen dauert es viel zu lange. Besser ist es etwa, die Aufmerksamkeit eines Bossgegners mit einem Pfeilschuss kurz auf Atreus zu ziehen, damit Kratos dem Fiesling dann selbst mit einem tödlichen Schlag in den Rücken fallen kann.
Eine Frage der Perspektive
Eine Sache ist uns im Kampf jedoch aufgefallen: Die Perspektive ist nicht für jeden optimal. Die Kamera ist sehr viel näher an Kratos dran als in den Vorgängern, worunter vor allem im Kampf die Übersicht leiden kann. Fans der alten Kameraperspektive mit ihren teils epischen Totalen werden hier enttäuscht, uns hat das jedoch nicht gestört. Gerade bei den Rätseln oder beim Erkunden der Welt passt das neue Close-up sehr viel besser.
Bei den Knobeleinlagen verschafft uns die neue Sicht sogar einen Vorteil. Die Schalter- oder Geschicklichkeitsrätsel sind so schön in die Umgebung eingefügt, dass sie auch ohne große Änderungen in ein Tomb Raider passen könnten. Die veränderte Perspektive hält uns immer schön nah dran.
Totale Immersion:
HUD lässt sich in God of War komplett ausblenden
Tomb Raider mit Bart
Verzweigte Minen, in denen die Lore über ein kompliziertes System aus dem einen Raum in den anderen gebracht werden muss, Truhen, die sich erst öffnen, wenn wir alle in der Gegend verteilten Siegel zerdeppert haben, oder Aufzüge, die erst einmal repariert werden müssen bevor wir sie nutzen können, würden bei Lara Croft für glänzende Augen sorgen. Die Lösung der Puzzles ist zwar meist die Axt, aber das auf so vielfältige Weise, dass wir teilweise richtig ins Schwitzen kommen.
Manchmal stehen wir so lange grübelnd vor den Kopfnüssen, dass sogar Atreus anfängt, sich über uns lustig zu machen. Überhaupt ist er während des gesamten Spiels sehr präsent. Kratos' Sohn ist nämlich nicht nur im Kampf nützlich, er ist auch eine echte Bereicherung für die Geschichte. Sein Charakter und sein Handeln fordern Kratos heraus, sich mit ihm und sich selbst auseinanderzusetzen und daran zu wachsen. Dabei ist Atreus jedoch nie das nervige Klischeebalg, sondern handelt immer nachvollziehbar.
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