Seite 3: Emotionen in Videospielen - Wenn Spiele uns zum Weinen bringen

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Nichts zu verlieren

Auch der Third Person Shooter Max Payne hat uns in emotionaler Hinsicht einiges abverlangt. Schon der Einstieg ins Spielgeschehen war derart verstörend und intensiv, dass wir Max’ Wut und Trauer wie ein Schwamm aufgesogen haben: Ein stressiger Tag im Revier neigt sich dem Ende zu. Ein Tag mit zuviel Kaffee, Diskussionen und Streitigkeiten. die letzten Sonnenstrahlen ziehen über die New-Yorker Straßenschluchten hinweg, wir machen uns auf den Heimweg. Es ist schon sehr spät als wir Zuhause ankommen und in freudiger Erwartung, Frau und Kind in den Arm zu nehmen, den Vorgarten zur Haustür durchqueren. Wir stecken routiniert den Schlüssel ins Schloss -- doch etwas stimmt nicht!

Die comichaften Zwischensequenzen transportieren Max' Gefühle hervorragend. Die comichaften Zwischensequenzen transportieren Max' Gefühle hervorragend.

Wir betreten den Flur. Schränke stehen offen, sind durchwühlt, Bilder hängen schief an den Wänden und eine zu einem »V« stilisierte Schmiererei prangt an der Tapete. Dumpfe Stimmen aus dem ersten Stockwerk dringen an unser Ohr. Während wir uns dem Treppenhaus nähern, erkennen wir die flehenden Schreie unserer Frau und das verzweifelte Schluchzen unserer kleinen Tochter.

Mit gezückter Waffe stürmen wir die Treppe hinauf, treten die Tür zum Schlafzimmer aus den Angeln und stehen einem Unbekannten gegenüber. Als der die Waffe zückt, jagen wir dem Eindringling eine Kugel in den Schädel. Die Schreie sind inzwischen verstummt. Unsere geliebte Frau liegt tot auf dem Bett. Ein blutiges Laken liegt über der Leiche des Säuglings. Willkommen in der Welt des Schmerzes, willkommen in der Welt von Max Payne.

Der Third Person Shooter erschien 2001, wird von seinen Schöpfern gerne als Film-Noir-Story bezeichnet und zieht einen Großteil seiner bedrückenden Atmosphäre aus Elementen, die dem gleichnamigen Film-Genre entliehen sind. Max Payne ist düster, dreckig und gibt dem verbitterten Ex-Cop eine Bühne für seinen ganz persönlichen Rachefeldzug an den Mördern seiner Familie.

Nie zuvor haben wir einen dermaßen vom eigenen Leben entfremdeten Protagonisten, angetrieben von einem explosivem Cocktail aus ungestillten Rachegelüsten und purem Hass durch bizarre Träume, Flashbacks und das verschneite New York gesteuert. Max Payne ist auch heute noch ein emotionaler Brocken, der gekonnt mit der Thematik der Selbstjustiz spielt, aber auch als Shooter bestens funktioniert.

Allein zusammen

Valve-Chef Gabe Newell bezeichnete es als »Single-Player-Koop-Erfahrung« und beschreibt damit das Spielgefühl von Half Life 2recht treffend. Zwar sind wir in weiten Teilen des Ego-Shooters alleine unterwegs, treffen aber während unseres Abenteuers auf den kumpelhaften Barney oder die charismatische Alyx. Schnell wird klar, was Newell meint. Unsere Kumpane verhalten sich durch die Bank menschlich und lassen uns durch Gestik und Mimik stets wissen, was in ihnen vorgeht.

Half-Life 2 gehört zu den ersten Spielen die Emotionen glaubhaft durch Mimik und Gestik transportieren. Half-Life 2 gehört zu den ersten Spielen die Emotionen glaubhaft durch Mimik und Gestik transportieren.

Nachdem wir mit Alyx aus den Trümmern eines entgleisten Zuges klettern, um uns gleich danach weiter zur Zitadelle vorzukämpfen, bittet die Dame um eine kurze Verschnaufpause. Völlig fertig mit den Nerven lehnt sie sich erschöpft an einen Betonpfeiler und muss erst mal durchatmen, bevor die Reise weitergehen kann. Wir sehen in ihrem Blick, dass die Situation ihr zu schaffen macht -- und das ist das Entscheidende: Wir glauben ihr.

Uns würde es in einem solchen Moment nicht anders ergehen. Alyx ist eben keine emotions- und schmerzfreie Superheldin, an der ein solches Erlebnis spurlos vorbeigeht. Sie ist menschlich und verhält sich auch dementsprechend. Ein großer Teil dieser Erfahrung ist dem damals brandneuen Animationssystem des Shooters geschuldet. Vor der Veröffentlichung von Half Life 2 im Jahr 2004 haben wir keine so überzeugende Darstellung von Mimik und Gestik gesehen. Böse dreinschauen können aber auch andere.

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