Die Eastward-Hauptfiguren John und Sam leben in einer Untergrund-Gemeinde, in der man die "World Above", also die Oberwelt, früh zu fürchten lernt. Im Lauf des Spiels erforscht ihr die heimatliche Höhle, erfahrt allerhand Geheimnisse und begebt euch irgendwann natürlich doch in die Außenwelt; die ist allerdings ganz anders als in den Geschichten.
Stimmungsvolle Welt mit spannenden Figuren
Selten war Pixelgrafik so ausdrucksstark wie in Eastward. Das liegt zum einen am meisterhaften Einsatz von Licht und Schatten, der dem Spiel auch in witzigen Momenten etwas Unheilvolles verleiht. Zum anderen an der großen Detailverliebtheit: die Filmposter in Johns Wohnwagen, die tropfende Dusche, das Graffiti an den Wänden - solche Kleinigkeiten belohnen jede Erkundungstour und machen die Welt von Eastward lebendig und glaubhaft.
Hier könnt ihr euch Eastward im Gameplay-Trailer anschauen:
Die Beziehung zwischen dem schweigsamen John und seiner übernatürlich begabten Ziehtochter, der quirligen Sam, ist das Herz des Spiels. Die beiden leben in Portrock Isle, einer zusammengeschusterten, unterirdischen Minenstadt, in der das Leben kälter und erbarmungsloser ist, als die niedlichen Figuren ahnen lassen. Hier wird geflucht, gelästert und getrunken. Die Untergrundstadt ist eine angenehme Abwechslung von gängigen Dystopie-Klischees; die raue Atmosphäre kommt nicht durch angestrengt pseudocoole 80s-Vibes, sondern durch echte Spannungen zwischen den Figuren.
Meine Bratpfanne und ich
Entgegen aller Warnungen möchte Sam die Welt oberhalb mit eigenen Augen sehen. Irgendwann haben die Bewohner von Portrock Isle genug von der Freidenkerin und verbannen sie und John an die Oberfläche. Und das Abenteuer beginnt.
Das Spielprinzip erinnert stark an die klassischen 2D-Zeldas. Ihr erkundet die Gegend, erledigt kleine Aufgaben für schrullige Charaktere, bekommt dafür nützliche Gegenstände und kämpft euch durch Dungeons. Dort wimmelt es vor kleinen, nervigen Gegnern wie Riesenfliegen oder mutierten Nacktschnecken, die meist mit wenigen Schlägen erledigt sind. In den Dungeons findet ihr neue Waffen, betätigt Schalter, besiegt am Ende einen Boss und verdient euch ein weiteres Herz. Das Schöne dabei: Eastward fügt dieser bewährten Formel viel eigene Persönlichkeit hinzu und nimmt sich selbst und die Vorbilder herrlich auf die Schippe. Statt Schwert und Schild ist John beispielsweise mit einer Bratpfanne bewaffnet.
Zunächst spielt ihr John und Sam abwechselnd, nach ungefähr einer Stunde könnt ihr dann frei zwischen den beiden wechseln. John drischt ganz stumpf auf Gegner ein, während Sam sie mithilfe ihrer Psychokinese-Kräfte einfriert. Kreativität wird belohnt - ihr fangt Monster mit Sams Kräften, wechselt rüber zu John und erschlagt die Mistviecher dann mit ihm ganz entspannt.
Auch für das Lösen von Rätseln ist Teamarbeit unumgänglich: So räumt Sam beispielsweise Hindernisse aus dem Weg, damit John auf einen Schalter steigen kann, der wiederum Sam die Tür öffnet. Es ist erstaunlich, wie flüssig der Wechsel von John zu Sam funktioniert und wie unterschiedlich sich beide Figuren dennoch anfühlen: John ist schwer und träge mit dumpfen Schritten, Sam dagegen leicht, geräuschlos, fast schwebend - ein wunderbares Zusammenspiel von Animation und Sounddesign.
Zu häufig steht ihr jedoch vor simplen Schalterrätseln, die uns nach 35 Jahren Zelda schon zum Hals raushängen. Zu häufig ist die Lösung eines Puzzles ein einfaches Hin- und Herschalten zwischen John und Sam. Und zu häufig marschiert ihr ohne Herausforderung durch die Dungeons, da auch die Kämpfe sich gut anfühlen, aber nie wirklich fordernd sind. Das hätten wir uns innovativer gewünscht. Respekt vor Zelda ist ja gut und schön, aber Eastward übernimmt auch die staubigsten Aspekte der Reihe.
Eine gelungene Hommage mit eigenem Touch
Das wirklich Besondere an Eastward ist jedoch die kleine und unaufgeregte Geschichte, die es in diesem postapokalyptischen Setting erzählt. Sam möchte unbedingt zur Schule gehen und träumt von der Welt außerhalb der Höhlen. Ihr Vater John ist resignierter und möchte seine Ziehtochter vor den Gefahren der Welt beschützen. Das Spiel nimmt sich viel Zeit, um diese Beziehung herauszuarbeiten und rückt die ruhigen Momente in den Vordergrund. John und Sam sind echte Menschen und keine Superhelden: Als Sam warten wir ängstlich an Johns Krankenbett.
Als John begleiten wir Sam zu ihrem ersten Schultag. Das ist stimmungsvoll inszeniert, trotzdem unterbrechen die vielen Dialoge den Spielfluss. Eine Sprachausgabe gibt es nicht, nur Sprechblasen. Diese Textlastigkeit nimmt dem Spiel allerdings oft die Atmosphäre. Die Welt ist so ausdrucksstark, dass man die vielen Dialoge eigentlich nicht braucht. Die Landschaftsdetails erzählen die Geschichte nämlich viel subtiler; die U-Bahn, die als zusammengeschusterte Schule herhalten muss, sagt beispielsweise viel über die pragmatischen Überlebensmentalität der Bewohner von Portrock Isle aus. Vorsicht: Das Spiel ist derzeit nur in Englisch verfügbar!
Eastward ist eine tiefe Verneigung vor Klassikern wie EarthBound, Dragon Quest, Final Fantasy und eben Zelda. Trotz langsamem Spielrhythmus und eintönigen Puzzlen: Mit ganz eigenem Charme, atmosphärischer Pixelgrafik und einer einfühlsam erzählten Vater-Tochter-Geschichte durchbricht Eastward viele Dystopie-Klischees und schafft eine eigene Welt voller Geheimnisse und liebevoller Details.
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