Und da war sie plötzlich, diese unangenehme Stille. Beim Candlelight-Dinner, nachdem wir einen offenbar unpassenden Witz gemacht haben. Nervös nippen wir am Wein und wollen am liebsten im Boden versinken.
Jeder von uns kennt sie, die kleinen und großen Peinlichkeiten, die beim ersten Rendezvous passieren können. Vielleicht erfreuen sich Dating-Simulationen gerade deshalb großer Beliebtheit. Bei der virtuellen Partnersuche können wir interessante, wenn auch "unechte" Menschen kennenlernen, ihnen näher kommen und Gefühle entwickeln, ohne Gefahr zu laufen, dass uns entweder unser Selbstbewusstsein einen Strich durch die Rechnung macht oder etwas gewaltig schief läuft.
Dank Dream Daddy: A Dad Dating Simulator reiht sich nun ein weiterer Kandidat mit einem noch gänzlich unverbrauchten Setting in die Genre-Riege ein: Wir spielen einen liebesuchenden Vater, der schwul ist.
Dadrector's Cut
Die PS4-Version des Spiel ist die um einige Inhalte erweiterte "Dadrector's Cut"-Edition. Sie bietet zusätzliche, in der ursprünglichen PC-Version herausgeschnittene Szenen und neue Nebenaufgaben. Zusätzlich gibt es ein neues Minispiel und die Möglichkeit, diese auch außerhalb der Story einzeln zu wiederholen.
Warum erst jetzt der Test?
Im Laufe des Jahres sind uns einige Spiele durchs Netz gegangen und haben dementsprechend keinen Test bekommen - manchmal waren es Zeitgründe, manchmal ist uns ein Titel schlicht nicht genug aufgefallen. Zum Ende des Jahres holen wir das jetzt nach und testen sechs dieser Titel nach. Ganz nach dem Motto: "Vergessene Perlen"
Ein Horror-Dad zum Kuscheln
Bevor wir auf Partnerjagd gehen können, basteln wir uns unseren Daddy in einem Charakter-Editor à la Die Sims. Die Auswahl an Frisuren, Bärten und Klamotten hält sich allerdings in Grenzen, und viele der Augen- oder Mundpartien könnten geradewegs aus einem Gruselkabinett stammen.
Wo es bei der optischen Ausarbeitung an Identifikationspotenzial mangelt, gibt das Spiel bei den (weitgehend unvertonten und nur englisch untertitelten) Gesprächen und Gedanken unseres Vaters indes Vollgas. Gemeinsam mit unserer 18-jährigen Tochter Amanda sind wir in eine neue Nachbarschaft gezogen und stehen nun sprichwörtlich zwischen den Stühlen. Die Gegend ist fremd, wir kennen niemanden und überhaupt könnte jetzt endlich mal Ruhe einkehren.
Klar auch, dass man sich zwar irgendwie nach einem neuen Partner sehnt, aber dass sowohl eine unbekannte Situation als auch der mangelnde Mut die Bremse reindrücken - das kennen wir alle. Gut, dass wir Amanda haben. Ihre quirlige und optimistische Art macht schon zu Beginn deutlich, wer in der kleinen Familie die Hosen an hat. Und sie gibt unserem Dad den Rückhalt sowie die nötige Motivation, um erste Kontakte zu knüpfen.
Diese oft langen Vater-Tochter-Gespräche sind ein echtes Highlight des Spiels. Die frechen Neckereien und der so liebe- wie respektvolle Umgang miteinander sind klasse geschrieben und könnten glatt aus der TV-Serie "Gilmore Girls" stammen. Zumal durch die Dialoge viele familiäre Themen Platz finden, was den Figuren Leben und Persönlichkeit einhaucht.
Die glorreichen Sieben
In den ersten beiden Spielstunden lernen wir die insgesamt sieben potenziellen Partner-Daddys kennen, darunter den raubeinigen Badboy Robert, Amandas Lehrer Mr. Vega oder den religiösen Joseph. Sie alle sind Väter eines oder mehrerer Kinder und der eine oder andere ist gar verheiratet - mit einer Frau.
Wer nun klassische Probleme wie Eifersucht, sexuelle Irritation oder ähnliches erwartet, den müssen wir enttäuschen. Dream Daddy zeichnet ein sorgenfreies Bild moderner Regenbogen-Familien ganz ohne Intoleranz, Diskriminierung oder gar offener Homo- und Biphobie.
Das finden wir einerseits klasse, weil es eine so wichtige wie richtige Message sendet. Andererseits rauben die optimistisch-glattgebügelten Charaktere dem Spiel interessantes Konfliktpotenzial, das man in Dating-Simulationen eigentlich erwartet.
Größtenteils wieder wettgemacht wird dieses Manko durch die toll geschriebenen Abenteuer, die wir mit den Daddys erleben. Gegen den Schiffsarbeiter Brian etwa bricht ein unterhaltsamer Wer-ist-der-beste-Vater-Wettbewerb aus, und als Aushilfslehrer unterstützen wir Mr. Hugo beim Bändigen seiner pubertären Schüler.
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