Dishonored 2 im Test - So gut war Stealth seit Jahren nicht

Im Test von Dishonored 2 machen wir innerliche Freudensprünge, weil es spielerisch so großartig funktioniert und fast alles besser macht als der Vorgänger. Mit einer Ausnahme.

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Dishonored ist wie Assassin's Creed. Also ja, natürlich auch wegen Assassinen und Meucheln und so. Aber hier meinen wir ausnahmsweise was anderes. Als das erste Dishonored 2012 erschien, brachte es jede Menge frische, neue Ideen ins Triple-A-Genre und bewies damit ganz schön viel Mut: Ein viktorianisches Steampunk-Setting, obwohl das Szenario alles andere als ein Mainstream-Magnet gewesen sein dürfte, dazu der Fokus aufs Schleichen, obwohl Stealth-Spiele ja nicht unbedingt Hochsaison hatten (und haben) - und darüber hinaus ein kreativer Gameplay-Mix, der das beste aus Bioshock, Thief und Deus Ex nimmt, um daraus eine Kampagne zu stricken, die den ganz großen Fischen Paroli bieten kann.

Doch wie bei Assassin's Creed steckten beim ersten Dishonored viele Ideen noch ein wenig in den Kinderschuhen. Die KI hatte so ihre Ecken und Kanten, die Story blieb auf einem soliden 0815-Niveau. Einige Spieler fanden die kuriosen Spezialfähigkeiten von Assassinen-Held Corvo auch zu mächtig, weil sich die Feinde mit seinem Teleport ziemlich leicht austricksen ließen. Wie bei Altair also ein durchaus gelungener Start. Aber wir haben nicht ohne Grund bereits im Test zu Dishonored 1 davon geschwärmt, wie viel man in einer Fortsetzung aus dieser tollen Grundlage noch rausholen könnte.

Und siehe da: Vier Jahre später steht nun tatsächlich Dishonored 2 in den Startlöchern und erbt alle Chancen, genau das umzusetzen. Mit Emily Kaldwin gibt's neben Corvo eine zweite spielbare Hauptfigur inklusive eigenem Fähigkeits-Repertoire, mit der Küstenmetropole Karnaca einen neuen, mediterranen Schauplatz, und eine umfangreiche Kampagne, die locker 20 Stunden für den ersten Durchgang veranschlagt (wenn man alles sehen will). Dazu das implizite Versprechen einer spannenden Rachegeschichte, die lose Handlungsfäden aus dem ersten Teil zu Ende spinnt (Stichwort: Delilah und der Outsider). Es hat seinen Grund, dass Dishonored 2 für uns bisher eine der größten Story-Hoffnungen des Jahres war.

Kann die Reise nach Karnaca im Test also tatsächlich den Genre-Giganten Thief, Bioshock und Deus Ex die Stirn bieten? Nimmt es wie Assassin's Creed 2 die coolen Ideen des Erstlings und bastelt daraus ein Meisterwerk? Die simple Antwort: Jein. Dishonored 2 gehört spielerisch ohne Frage zu den besten Stealth Games der letzten 15 Jahre und macht tatsächlich sehr vieles besser als sein Vorgänger. Vieles. Aber eben nicht alles.

Wo bleibt das Testvideo? Wir arbeiten auf Hochtouren am Testvideo. Voraussichtlich am Mittwoch oder Donnerstag findet ihr's hier im Test.

Wundervolles Worldbuilding

Nein, Dishonored 2 ist keine Liebe auf den ersten Blick, zumindest nicht optisch. Es kränkelt an ausgewaschenen Texturen, hölzernen Animationen und einer suboptimalen Kantenglättung, die auf beiden Konsolen teils für eine nervige Unschärfe sorgt. Dass uns die Welt rund um die neue Start Karnaca am Ende des Tages trotzdem so wohl fühlen, liegt vor allem am überragenden Artdesign von Entwickler Arkane. So ernüchternd das reine Technikgerüst der neuen Void-Engine auch sein mag, so vielfältig, einladend und einzigartig sieht die Spielwelt auf einer künstlerischen Ebene aus. Ab dem ersten Panorama-Blick nimmt uns das maritime Karnaca mit seinen weißen Sandsteinbauten gefangen. In der Ferne zeigen riesige Minenanlagen (die wir in der Story gar nicht besuchen), dass wir es hier mit einer lebendigen, in sich stimmigen Stadt zu tun haben, die weit größer ist als unsere eigene Kampagne.

Und dieses Gefühl wird auch in den unzähligen Details der Spielwelt zu einer der atmosphärischsten Stärken des Spiels: Von den viktorianischen Werbeplakaten an jeder Straßenecke über die Inneneinrichtungen der Häuser mit Wandgemälden, Briefen, Dekorationen und Klamotten bis zu den unzähligen Dialogen zwischen Zivilisten oder Wachleuten - hier wird klar: Wir haben es mit einer lebendigen, komplexen Welt zu tun, die ganz abseits von unseren eigenen Taten atmet, lebt und pulsiert. Wer will, kann sich über Handel, Historie und Herrscherhäuser informieren, und findet auf fast jede Hintergrundfrage irgendwo eine Antwort. Dishonored 2 punktet als Paradebeispiel für gelungenes »Worldbuilding«, für eine Welt, die Atmosphäre geradezu blutet.

PS4 vs. Xbox One vs. PC: Auf den Konsolen leidet Dishonored 2 erheblich weniger unter Einbrüchen in der Bildrate. Die Versionen für PS4 und Xbox One laufen stabil und rund, auch dank adaptiver Auflösung, die in technisch anspruchsvollen Situationen dynamisch die Auflösung skaliert, um die Framerate konstant zu halten. Bei Xbox One finden die Anpassungen tendenziell häufiger statt als auf PS4, Sony behält also technisch leicht die Nase vorn. Trotzdem bleiben die Unterschiede eher subtil, beide Konsolenfassungen laufen mit angenehmer Performance. Wie bereits erwähnt wird Dishonored 2 dadurch nicht zum Grafik-Kracher, aber zumindest läuft es im Rahmen seiner Möglichkeiten so, wie es sollte.

Wiedersehen mit alten Bekannten

Dishonored 2 spielt 15 Jahre nach dem Vorgänger, Emily Kaldwin regiert als junge Kaiserin, ihr Vater Corvo fungiert als Beschützer und Mentor. Eines Tages kommt der Herzog von Serkonos (des Fürstentums, in dem Karnaca liegt) zum Staatsbesuch vorbei, präsentiert aber prompt Delilah Kaldwin als verschollene Thronerbin (und Schwester von Emilys Mutter) - und dann startet er einen Putsch. Während die Soldaten den Thronsaal stürmen, entscheiden wir uns für Emily oder Corvo als Spielfigur. Danach überschlagen sich die Ereignisse, wir reisen auf dem Frachter einer Fremden namens Meagan Foster in die Südmetropole Karnaca. Und nehmen uns fest vor, alle Strippenzieher zu beseitigen, die zwischen uns und der Kaiserkrone stehen. Allen voran natürlich Delilah, die Serienfans schon aus den DLCs des Vorgängers kennen.

Dishonored 2 - PC gegen PS4 und Xbox One im Grafik-Vergleich Video starten 4:26 Dishonored 2 - PC gegen PS4 und Xbox One im Grafik-Vergleich

Fast jedes der neun umfangreichen Kapitel dreht sich darum, auf dem Weg zu Delilah irgendeinen Fiesling aus dem Weg zu räumen. Ob wir das vergleichsweise friedlich tun oder eine Schneise der blutigen Verwüstung hinterlassen, entscheiden wir selbst. Dishonored 2 gibt uns generell viele Wahlmöglichkeiten: Emily oder Corvo, laut oder leise, tödlich oder nicht-tödlich - das Spiel quittiert diese Möglichkeiten mit leichten Abweichungen im Story-Verlauf und unterschiedlichen Endsequenzen.

Dabei zählen sowohl unsere Entscheidungen an Schlüsselstellen der Kampagne (zum Beispiel, ob wir Zielpersonen umbringen oder verschonen), aber auch ganz generell der Berg an toten Wachen, den wir auf dem Weg zum Thron anhäufen. Wie im Vorgänger ergeben sich daraus zwei Chaos-Stufen: Niedriges Chaos sorgt für einen optimistischeren Story-Verlauf, hohes Chaos drückt die Stimmung. Weil die Story so ein zentraler Bestandteil des Spiels ist, wollen wir natürlich nicht zu viel verraten. Deshalb sprechen wir zuerst über die spielerischen Aspekte, bevor wir in den Abschnitten »Die Story von Dishonored 2« und »Show, don't tell« näher auf die Handlung eingehen. Das machen wir weitgehend spoiler-frei, wenn ihr aber gar nichts darüber wissen wollt, lasst die Abschnitte aus und springen direkt zum Fazit.

Okay, eigentlich platzen die Gedanken zum Gameplay auch förmlich aus uns raus, denn Dishonored 2 demonstriert meisterhaft, wie sich ein Stealth-Spiel 2016 spielen sollte!

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