Ich bin eskaliert und es tut mir leid. Gleich mehrere Kollegen wurden von mir in den vergangenen Tagen mit wüsten Flüchen und unter Gewaltandrohung aus unserem Spielezimmer gescheucht.
Dabei war ich doch nur mit einem VW Polo auf verlassenen finnischen Feldwegen unterwegs. Ganz entspannt, sollte man meinen. Nur ist in Dirt Rally gar nichts entspannt - vor allem ich nicht.
Dirt Rally - Konsolenversion
Grundsätzlich unterscheidet sich die Konsolenfassung von Dirt Rally nicht von der PC-Fassung, weshalb wir den PC-Test nur an den entsprechenden Stellen (Steuerung, Technik) angepasst haben. Auf PS4 und Xbox One kommen ein paar Neuerungen hinzu, diese werden allerdings zeitgleich zum Release auch in die PC-Version gepatcht:
- 22 Tutorial-Videos zur Einführung ins Spiel
- sieben neue Fahrzeuge (Peugeot 208 T16 Pikes Peak, Renault 5 Turbo, Renault Alpine A110, Opel Corsa Super 1600, Peugeot 207 S1600, Renault Clio S1600, Mini Classic Rallycross)
- zwei neue Rennserien (Classic-Mini- und Super 1600-Klasse)
- Neue »Pikes Peak«-Streckenvariante
Auferstehung einer Legende
Wer nur Codemasters' Dirt-Reihe kennt, kann das vielleicht nicht ganz nachvollziehen. Seit dem Release von Colin McRae: Dirt im Jahr 2007 (nur drei Monate vor dem tragischen Unfalltod Colin McRaes) bieten die Dirt-Spiele zwar hervorragende Offroad-Rennen, die allerdings den Spielspaß deutlich über den Simulationsanspruch stellen. Gleichzeitig wurde die klassische Rallye-Disziplin mehr und mehr von spektakulären Rennen verdrängt, in denen ich mir direkte Kopf-an-Kopf-Duelle mit meinen Kontrahenten liefere.
Dirt Rally schlägt dagegen eine ganz andere Richtung ein, und weckt in mir wohlige Erinnerungen an die Serienanfänge mit Colin McRae Rally aus dem Jahr 1998. Mein Gegner ist nicht auf der Straße, sondern die Straße selbst. Statt enger Zweikämpfe mit Blechkontakt treibt mir der Blick auf die Stoppuhr Schweißperlen auf die Stirn. Und jeder Fahrfehler endet unweigerlich vor dem nächsten Baum. Das Spiel schenkt mir nichts, die Kontrolle des Fahrzeugs verlangt meine volle Konzentration. Wehe dem armen Menschen, der mich in diesem Moment anspricht. Dirt Rally zu spielen, ist Stress pur für mich. Aber der beste Stress aller Zeiten.
Schweden-Schnee und Griechen-Kiesel
In sechs Ländern trete ich zum Kampf gegen die Uhr an. Deutschland, Wales, Schweden, Finnland, Monaco und Griechenland stellen alle unterschiedliche Anforderungen an meine Fahrkünste und mein Auto. Auf den griffigen Asphaltpisten der Bundesrepublik erinnert das Fahrgefühl noch am ehesten an klassische Rundkurse. In Griechenland verlangt das Spiel dagegen von mir, mit Höchstgeschwindigkeit über Schotterpisten zu jagen, die das restliche Jahr wohl nur Ziegenhufe zu sehen bekommen. Und in den verschneiten Wäldern Schwedens komme ich nur mit Spikes überhaupt vom Fleck.
Der Streckenbelag wechselt auch gerne mal innerhalb einer Etappe. So brause ich gerade noch zuversichtlich über die asphaltierten Serpentinen Monacos als vom Beifahrersitz die lapidare Bemerkung »ab hier Eisplatten« herüberschallt, die meine Knie spontan in Gummi verwandelt.
Auch für die Konsolenfassung gilt: Über ein exzellentes Force-Feedback vermittelt mir Dirt Rally jederzeit ein hervorragendes Gefühl für die Beschaffenheit des Untergrunds. Wie auf dem PC lassen sich auf PS4 und Konsole die Force-Feedback-Effekte von einzelnen Karosseriteilen wie Motor oder Radaufhängung in mehreren Schritten anpassen - das bietet kaum ein anderes Rennspiel und ist dementsprechend vorbildlich! Allerdings sind die Effekte aufgrund der kleinen verbauten Motoren in den PS4- und One-Controllern zwar einigermaßen befriedigend aver längst nicht so mächtig und immersiv wie mit einem entsprechenden Lenkrad, zum Beispiel dem Logitech G29.
Erst hiermit entsteht ein großer Teil der Faszination des Rennspiels. Und das Optionsmenü bietet zwar für alle Eingabegeräte eine Vielfalt an Einstellungsmöglichkeiten wie zum Beispiel die Empfindlichkeit der Analogstocks oder das Gaspedalspiel - Simulationen wie Dirt Rally schreien aber nach einem guten Lenkrad. Dementsprechend werden wohl auch die Konsolen-Online-Bestenlisten von Spielern mit Lenkrad dominiert werden.
Ein Tanz auf der Rasierklinge
Ohnehin sollten Rallye-Piloten eine ordentliche Portion Frusttoleranz besitzen und sich damit zufriedengeben, erst mal kleine Brötchen zu backen, statt sich reihenweise Siegerpokale ins Regal zu stellen. Dirt Rally ist nämlich verflixt anspruchsvoll. Es gibt zwar einige Fahrhilfen wie ABS, Traktions- und Stabilitätskontrolle, die wir auf Wunsch auch deaktivieren können und zur Belohnung höhere Preisgelder kassieren, trotzdem bleibt jede Fahrt ein Tanz auf der Rasierklinge. Auf den unebenen Pisten muss ich ständig die perfekte Balance zwischen einer schnellen und einer sicheren Fahrweise finden.
Wenn ich die Konkurrenz auf dreiviertel einer Strecke in Grund und Boden rase, nur um kurz vor dem Ziel von einer Bodenwelle überrascht und den nächsten Abhang hinabgeschleudert zu werden, würde ich am liebsten ins Lenkrad beißen - einerseits macht zwar genau das die Faszination des Rallyesports aus, andererseits ist der Frustfaktor ziemlich hoch. Unfälle bestraft Dirt Rally sogar gleich doppelt: Zum einen kostet mich jeder Neustart einen Teil meiner Siegprämie, zum anderen verfolgt mich ein heftiger Crash sogar über ein Rennen hinaus.
Das steckt drin
- 3 Spielmodi (Rallye, Rallycross, Hillclimb)
- 6 Locations
- 72 Wertungsprüfungen (inklusive Varianten)
- 3 Rallycross-Strecken (plus Varianten)
- Pikes Peak Hillclimb-Strecke (plus Varianten)
- 47 Fahrzeuge
- Online-Rennen und Herausforderungen
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