Boyfriend Dungeon für Switch und Xbox One kommt mit einer ebenso skurrilen Genremischung wie Prämisse daher: In dem Mix aus Dating Simulator und Rogue-lite-Dungeon-Crawler können wir uns mit unseren Waffen nämlich nicht nur durch massenweise Gegner schnetzeln, sondern diese Waffen auch daten. Richtig gelesen, wir können mit Dolch, Krummsäbel und Co. knutschen, denn die Waffen haben die Fähigkeit, sich in Personen zu verwandeln.
Und diese Verbindung aus verschiedenen Elementen funktioniert erstaunlich gut zusammen, auch wenn das Spiel Dating Sim-Fans weitaus glücklicher machen dürfte als Rogue-lite-Spieler*innen.
Achtung, verstörende Inhalte: Das Spiel behandelt Stalking. Das Element ist Teil der Storyline und damit nicht vermeidbar. Beim Stalkenden handelt es sich aber um keine der Waffen, die gedatet werden können.
Dungeons voller Boyfriends, Girlfriends und Partner
Boyfriend Dungeon beginnt wie so manch anderer Dating Sim. Zuerst einmal erstellen wir einen Mini-Charakter und wählen Name, Aussehen und Pronomen (neben weiblichen und männlichen gibt es auch nicht-binäre Pronomen, die im deutschen "sier" lauten.) Dann geht es auf nach Verona Beach, einer uns fremden Stadt, in der wir den Sommer verbringen wollen. Dafür können wir bei unserem Cousin Jesse unterkommen, der uns im Gegenzug direkt erstmal verkuppeln will.
Das macht er allerdings unkonventionell, indem er uns in einen Dungeon schickt (kein Sexdungeon, wie er extra nochmal beteuert). Dort treffen wir auch gleich unseren ersten Waffenmenschen: Isaac, Geschäftsmann bei Tag und Degen bei Nacht. Und welch Zufall, Isaac ist gerade Single - genauso wie alle anderen Waffenpersonen, die wir in Boyfriend Dungeon treffen können. Insgesamt gibt es davon sieben, zwei weitere sollen noch folgen.
Der Name des Spiels mag hier etwas irreführend sein, denn es gibt sowohl männliche als auch weibliche und nicht-binäre Romanzenoptionen: von Valeria (einer Künstlerin, die zum Dolch wird) über Seven (Lasersäbel/K-Pop-Star), bis hin zum Schlagring Pocket, der eigentlich eine Katze ist. Bei den weiblichen Liebschaften sieht es allerdings etwas mau aus. Aktuell ist Valeria die einzige der Waffen, die sich mit dem weiblichen Geschlecht identifiziert.
Fühlen wir uns zu einer, mehreren oder sogar allen der Waffen hingezogen, können wir mit ihnen kämpfen und auf Dates gehen, um unseren Liebesrang zu erhöhen. Der Dating Sim-Faktor ist dabei eng verbunden mit dem Dungeon Crawling und umgekehrt.
Dungeon Crawling bleibt zu seicht
Die verschiedenen Waffen treffen wir fast ausschließlich in den "Dunj" genannten Dungeons erstmalig an - ein guter Anreiz also, um zu erkunden. Dabei handelt es sich übrigens nicht um dunkle modrige Höhlen, sondern das Einkaufszentrum und den Nachtclub der Stadt, in dem eines Tages einfach Monster auftauchen.
Rogue-lite-Fans dürfte das Spielprinzip direkt vertraut sein: Wir besitzen einen leichten und einen schweren Angriff, die zu Kombos aufgereiht werden können, sowie eine Ausweichrolle. In bester Millennial-Manier heilen wir uns mit koffeinhaltigen Getränken (von denen wir maximal drei dabei haben können) und haben ein Magazin dabei, das uns eine Spezialfertigkeit gibt: etwa einen Feuerball oder eine Mine, die wir im Kampf werfen können, oder auch einen Insektenbegleiter.
Auch die Wahl unserer Waffe beeinflusst unseren Spielstil. Jede hat zu Beginn eine spezielle Fähigkeit, die erweitert werden kann, wenn wir das Zuneigungslevel mit ihr erhöhen. Sunder der Krummsäbel etwa lässt Feinde bluten, während Rowan die Sense schwarze Löcher erzeugen kann, die Gegner anziehen.
So arbeiten wir uns Stockwerk für Stockwerk nach unten bis zum Boss des Dunjs. Bei den Gegnertypen gibt es hier wenig Varianz, einige greifen aus der Nähe, andere aus der Ferne an. Auch neue Gegnertypen kommen nur wenige hinzu, und das Dungeondesign bleibt weitestgehend unverändert, sodass es hier schnell etwas langweilig werden kann. Alle zwei Stockwerke gibt es außerdem Fahrstühle, mit denen wir den Dunj sicher verlassen und wieder betreten können. Sollten unsere Lebenspunkte doch einmal auf null sinken, werden wir einfach ohnmächtig und zurück nach Hause transportiert.
In Schatztruhen finden wir zudem neue Blaupausen für Outfits oder Gegenstände, die wir den Waffen schenken können. Gegner droppen beim Tod die benötigten Materialien für den Bau - eigentlich ein nettes Prinzip, allerdings erhalten wir jedes Mal, wenn wir ein neues Material zum ersten Mal aufsammeln ein Popup, was im Kampf störend ist. Und mehr als einmal konnten wir ärgerlicherweise ein Material nicht aufsammeln, weil es in einem Bereich gefallen war, den wir nicht betreten konnten.
Wo die Dunjs anfangs noch durchaus anspruchsvoll sein können, werden sie schnell leichter, da wir mit jedem Durchlauf aufleveln und stärker werden. Auch der steigende Schwierigkeitsgrad auf den tieferen Ebenen des Dungeons kommt da nicht hinterher.
Wer sich übrigens trotzdem primär auf den Dating Sim-Anteil fokussieren will, der kann den Göttinnen-Modus einschalten, der erlittenen Schaden um die Hälfte reduziert. Auch diverse Kopfbedeckungen, die wir während des Spielens freischalten, geben uns Boni, wie etwa mehr Heilgegenstände tragen zu können oder einmal wiederbelebt zu werden. Schade ist hier nur, dass der Turban und das Kopftuch, die von vornherein verfügbar sind, keine solchen Boni besitzen. Wer also entsprechende Vorteile möchte, muss diese Kleidungsstücke wechseln.
Technische Performance: Das Spiel lief bei uns im Test sowohl auf Switch als auch Xbox Series X und S ohne Bugs und Abstürze. Auch in hektischen Dungeon-Gefechten blieb die Framerate stabil.
Dating mit Tiefgang
Obwohl die Dungeons eine willkommene Ergänzung zum eher klicklastigen Dating Sim sind, dienen sie doch zu großen Teilen dazu, das Zuneigungslevel unserer Waffen zu steigern. Das können wir tun, indem wir gemeinsam mit ihnen kämpfen und sichere Orte innerhalb der Dunjs (etwa einen Eisstand oder Massagebereich) finden, wo wir ihnen gecraftete oder gekaufte Geschenke überreichen können.
Hat die Zuneigung der Waffenperson ein neues der insgesamt sechs Zuneigungslevel erreicht, können wir mit ihr außerhalb der Dungeons auf ein Date gehen. Die sind zu Teilen sehr gut vertont, einen Großteil der Konversationen müssen wir aber lesen.
Hier zeigt sich eine der größten Stärken des Spiels, denn die Charaktere sind allesamt charmant und interessant geschrieben, sodass wir im Test selbst die Beziehungen mit den Charakteren vorantreiben wollten, bei denen wir nicht an einer Romanze interessiert waren. Das ist auch kein Problem, denn die Beziehungen in Boyfriend Dungeon können sowohl romantischer als auch platonischer Natur sein. Auch Polyamorie und Asexualität sind kein Problem.
Der Sense Rowan etwa haben wir einfach geholfen, den Tod von Großmutter Alice zu verarbeiten. Die Möglichkeit zu scheitern hatten wir dabei nicht. Bei unserem Test haben die gewählten Antworten lediglich beeinflusst, ob unsere Beziehung freundschaftlicher oder romantischer Natur war. Damit sorgt Boyfriend Dungeon für ein entspanntes Spielerlebnis, denn wir mussten uns nicht etwa verbiegen, um einem bestimmten Charakter zu gefallen. Zugleich fehlte uns hier (verglichen mit anspruchsvolleren Dating Sims wie etwa Monster Prom oder Dream Daddy) auch das Erfolgserlebnis, eine Romanze mit den richtigen Aktionen freischalten zu können.
Mit dem Kater Pocket gibt es übrigens natürlich keine Romanze, dennoch bietet seine Story für Katzenliebhaber eines der besten Enden im Spiel (hier spoilern wir natürlich nicht.)
Eine Mischung, die funktioniert
Mit sechs bis zehn Stunden Spielzeit (je nachdem, ob wir die Zuneigung aller Waffen maximieren oder nur der Story folgen wollen) ist Boyfriend Dungeon eine recht kurzweilige Erfahrung. Die Rogue-lite-Elemente sorgen für die nötige Action im textlastigen Dating Sim, während letzterer durch die Story für Motivation sorgt. Trotz der ungewöhnlichen Mischung schafft es das Spiel erstaunlich gut, seine verschiedenen Elemente miteinander zu verknüpfen. Das bedeutet allerdings auch, dass Boyfriend Dungeon nicht für diejenigen geeignet ist, die ausschließlich an einem der Genres interessiert sind.
Wo das Spiel als Rogue-like eher durchschnittlich bleibt, glänzt es als Dating Sim umso mehr und sorgt bei uns für Vorfreude, wann immer wir aus einem Dunj zurückkommen und ein Date auf uns wartet.
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