Solospieler werden auf den Arm genommen
Nachdem ich nun die ganzen Versus- und Onlinemodi runtergerattert habe, wird sich der Solospieler nun fragen: "Und was ist mit mir?!" Nun, es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: Eine Story-Kampagne sucht ihr in Arms vergeblich, charakter-spezifische Zwischensequenzen wie in anderen Kampfspielen gibt es ebenfalls nicht. Hier verschenkt Nintendo extremes Potenzial, schließlich gab's selbst im Mehrspieler-Shooter Splatoon einen Singleplayer-Modus inklusive Bosskämpfen.
Die gute Nachricht: Als Trostpflaster dient der Grand Prix-Modus, in dem ihr euch ganz klassisch mit einem Helden durch zehn bis elf KI-Gegner drescht. Zwischen den Gefechten meldet sich stets der putzige Kommentator Amadeus zu Wort, der ein bisschen Lore mit Nintendo-typisch quietschigen Brabbellauten einstreut. Warum Amadeus aber nicht auch Replays kommentiert oder gar in den Matches selbst ein paar Sprüche ablässt, bleibt unklar.
So spielt das eigentliche Maskottchen von Arms am Ende lediglich eine Nebenrolle. Dank sieben gut abgestimmter Schwierigkeitsstufen und sogar einem schweißtreibenden Bosskampf (ab Härtegrad 4) im Grand-Prix-Finale unterhält der Modus Solospieler locker fünf Stunden.
Mehr Tiefgang als erwartet
Auch wenn Arms im Kern ein Casual-Kampfspiel ist, bietet es durchaus taktische Möglichkeiten. Zum einen besitzt jeder der zehn Charaktere eine besondere Fähigkeit. Während Ribbon Girl bis zu dreimal hintereinander springen kann und somit »Luftkämpfe« dominiert, regeneriert Master Mummy beim Blocken stetig Gesundheit, Ninjara teleportiert sich beim Ausweichen und Twintelle kann heransausende Gegnerschläge verlangsamen.
Zum anderen bringen auch die zehn abwechslungsreichen Arenen selbst etwas Würze ins Spiel, indem sie zerstörbare Hindernisse in Form von Glastanks (Arms-Labor) oder Metallröhren (Schrottplatz) bieten. Darüber hinaus gibt es Trampoline, die euch nach oben katapultieren, oder sich drehende Plattformen, die es deutlich schwerer machen, den darauf stehenden Kämpfer zu erwischen.
Auch die sporadisch auftauchenden Items peppen die Gefechte etwas auf. Auf diese Weise pfeffert ihr eurem Gegner eine Bombe vor den Latz, heilt euch (grüner Trank) oder ladet eure Spezialanzeige auf (gelber Trank). Ist diese gefüllt, könnt ihr auf Knopfdruck den Spezialmodus zünden und somit besonders viel Schaden austeilen.
Sowohl die Items, als auch die Superangriffe sowie die Charakterfähigkeiten sind oftmals das Zünglein an der Sieges-Waage - was letztlich aber nichts daran ändert, dass das Kampfsystem von Arms im Genre-Vergleich trotzdem nicht allzu komplex ausfällt und somit auf Dauer zu eintönig werden könnte. Zumal es dem Titel mit zehn Helden und Arenen auch gehörig an Umfang mangelt. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass Nintendo wie bei Splatoon regelmäßig neue Inhalte nachreichen wird.
Making of: Die Idee zu (den) Arms
Laut Art Director Masaaki Ishikawa hatten die Entwickler schon von Anfang an die Idee von streckbaren Armen für Arms im Kopf. Um die Arms-Aufsätze schließlich zu designen, überlegten sie, welche dehnbaren respektive verlängerbaren Gegenstände es gibt - also Federn, Bandagen, Ketten und dergleichen. Anschließend wurden diesen Gegenständen bestimmte Charaktere zugeordnet. Ketten passen beispielsweise zu einem Ninja, Bandagen zu einer Mumie. Auf diese Weise entwickelten sich nach und nach die zehn Helden, die sehr detailliert gestaltet wurden. Achtet zum Beispiel mal auf die Frisur und die Pupillen von Springman, sie bestehen jeweils aus Sprungfedern (springs).
Welche Arms dürfen es denn sein?
Was euch letztlich davor bewahrt, das Spiel nach wenigen Stunden wieder zurück ins Regal zu stellen, sind die 30 mehr oder weniger unterschiedlichen Arms-Aufsätze. Davon besitzt jeder Charakter drei, etwa normale Boxhandschuhe, Raketen, Spiralen, Bumerangs, Stachelkugeln oder gar Drachenköpfe, die einen Laser verschießen.
Der Clou: Fast jeder Aufsatz besitzt eines von sieben Elementen wie Feuer, Eis, Wind, Elektro oder Benommenheit. Ladet ihr im Kampf eure Ärmchen auf, indem ihr die Ausweichtaste gedrückt haltet, springt oder blockt, aktiviert ihr diese Elemente und könnt den Gegner somit etwa mit einem Eisangriff verlangsamen oder ihn elektrisieren, um ihn verwundbar für einen Folgeangriff zu machen.
Um einen beliebigen Charakter auch mit den Arms anderer Charakter auszurüsten, müsst ihr diese erst freischalten. Das geht mit der Ingame-Währung, die ihr für jedes absolvierte Match erhaltet. Keine Angst, Mikrotransaktionen respektive einen Echtgeld-Shop gibt es nicht. Siegreiche Partien werfen vier bis fünf Taler ab, für Niederlagen gibt es immerhin einen als Trostpreis.
Die auf diese Weise gesammelten Arms-Credits investiert ihr anschließend im Arms-Depot für ein Minispiel, indem ihr Zielscheiben und sporadisch auftauchende Arms-Geschenkboxen zerstören müsst. Je mehr Credits ihr investiert, desto mehr Zeit steht euch zur Verfügung. Umgerechnet erhalten geübte Spieler für 100 Credits ungefähr fünf neue Arms. Für 100 Taler wiederum müsstet ihr den Grand Prix-Modus über zwei Mal bestreiten. Es dauert also eine ganze Weile, bis ihr alle Aufsätze für jeden Helden freigeschaltet habt.
Klingt ja eigentlich nach einer super Langzeitmotivation, allerdings gibt es keine wirklich neuen Aufsätze, denn ihr schaltet ja lediglich die bereits bekannten 30 Arms frei, die sich zudem hin und wieder ähneln. Hier hätte ich mir noch mehr Varianz und auch ein paar Überraschungen gewünscht.
Für die Ewigkeit bestimmt?
Der niedrige Umfang bei Arenen und Kämpfern sowie das trotz einiger Finessen (Konterangriffe etc.) recht überschaubare Kampfsystem sind der Grund, warum Arms nicht in höhere Wertungsregionen vordringt. Das heißt aber nicht, dass ich nicht wahnsinnig viel Spaß mit dem Titel hatte, im Gegenteil. Ich spiele beinahe täglich ein, zwei Runden, weil es wie Mario Kart 8 Deluxe und auch Splatoon einfach Laune macht - wenn auch nur für zwischendurch.
Arms bietet zum Launch eine gute Basis, auf die Nintendo in Zukunft mit weiteren Inhalten aufbauen sollte. Denn der Grafikstil ist fantastisch und zeigt selbst in kleinen Details wie Sprungfeder-Haarlocken, wie viel Herzblut in dieses Spiel geflossen ist. Arms hat definitiv das Zeug zum Multiplayer-Hit. Nun liegt es an den Entwicklern, stetig Content nachzuschieben.
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