The Plucky Squire lässt uns seufzend zurück. Nicht, weil das Action-Adventure für PS5, Xbox Series X/S, Nintendo Switch und PC ein schlechtes Spiel wäre, das ist es absolut nicht. Stattdessen macht es seine Sache größtenteils sogar sehr gut und hat uns über knapp 10 Stunden eine fantastische Zeit beschert.
Gleichzeitig führt uns das bunte Abenteuer um den Bilderbuch-Helden Jot aber auch vor Augen, wie großartig eine potenzielle Fortsetzung werden könnte. Warum das eigentlich ein dickes Lob ist und das knuffige Spiel eure Aufmerksamkeit auf jeden Fall verdient hat, erfahrt ihr im Test.
Der Kühne Knappe ist herzallerliebst
Wir starten in Der Kühne Knappe, wie das Spiel auf Deutsch heißt, als kleiner Held Jot auf der ersten Seite eines in wunderschöner 2D-Optik gezeichneten Kinderbuches. Schnell stellt sich heraus, dass der böse Zauberer Grummweil wieder mal nichts Gutes im Schilde führt und das Königreich bedroht.
Kein Problem, denn Jot hat sich in zahlreichen Abenteuern bewiesen und ist ein viel besungener Krieger. Doch Grummweil ist es leid, in jeder Geschichte nur der trottelige Böse zu sein, der immer verliert. Also schmeißt er Jot während des Endkampfes kurzerhand aus dem Buch.
Ein toller 3D-Twist: Von nun an können wir an bestimmten Portalen das Buch verlassen bzw. betreten und den Schreibtisch des Kinderzimmers erkunden. Zusammen mit unserer Freundestruppe müssen wir den finsteren Magier aufhalten. Denn wenn er gewinnt, wird er die Story zum Schlechten verändern. Damit würde Sam, das Kind in dessen Zimmer The Plucky Squire spielt, das Buch nicht mehr lesen und die Figuren in Vergessenheit geraten.
Die Geschichte ist süß. Neben der fröhlichen Erzählweise und tollem Humor gibt es sogar ein paar nette Twists, die damit spielen, dass die Figuren wissen, dass sie Teil eines Buches sind. Obwohl der Plot sehr simpel ist, hat es bis zum Ende Spaß gemacht, den Geschehnissen zu folgen.
Eine Präsentation, die uns verzaubert hat
The Plucky Squire ist optisch ein sehr schönes Spiel, dessen Artstyle die Kinderbuch-Ästhetik großartig rüberbringt. Das gilt sowohl für die 2D-, als auch für die 3D-Abschnitte. Alle Figuren und Gegnertypen sind toll gezeichnet und auch beim Wechsel auf den Schreibtisch geht von dem niedlichen Zeichentrick-Charme kaum etwas verloren.
In der „echten Welt“ erinnert das Spiel beispielsweise an das Remake von Zelda: Link's Awakening oder Yoshi's Crafted World. Wir erkunden verschiedene, detailliert gestaltete Welten aus Bauklötzen, Spielzeugfiguren, Puzzleteilen, gezeichneten Skizzen und vielem mehr.
Doch Jots Abenteuer sieht nicht nur schön aus, sondern ist auch inhaltlich liebevoll ausgearbeitet. Auf unserer Reise begegnen wir hippen DJ-Zauberern, dichtenden Schnecken und vielen Figuren, die voller kreativer Ideen stecken.
Außerdem möchten wir an dieser Stelle die deutschen Texte loben! Die Autor*innen hatten sichtlich Freunde bei der Übersetzung und haben teils wunderbar formulierte und witzige Sätze auf das digitale Papier gezaubert.
Da ist es auch kein Problem, dass die meisten Dialoge nicht vertont sind. Die Erzählerstimme ist allerdings eingesprochen, führt durch die Handlung und macht ebenfalls einen hervorragenden Job. Kurz und knapp: Die Präsentation von The Plucky Squire ist ein Highlight des Spiels.
Gute Performance und ein paar Bugs
Wir haben auf PS5 und PC gespielt. Auf beiden Plattformen hatten wir keine Performance-Probleme oder Abstürze. Allerdings sind uns Bugs aufgefallen. Hin und wieder kann es passieren, dass Jot sich zwischen Objekten verkeilt und nicht mehr bewegen kann. Außerdem ist es in beiden Versionen vorgekommen, dass ein geworfenes Item außerhalb der Levelgrenzen landete und nicht mehr aufgehoben werden konnte. In diesen Fällen musste der Letzte, der größtenteils fair gesetzten Checkpoints geladen werden.
Auf der PS5 gab es ein größeres Problem. Eine Mechanik des Spiels ist, dass wir die Seiten des Buches umblättern können. Vor allem in Kapitel 7 kam es häufiger vor, dass das Spiel dabei eingefroren ist. Auch hier musste jedes Mal der letzte Checkpoint geladen werden, was viele Male hintereinander wirklich frustrierend war. Da an dieser Stelle auch das Vorankommen erschwert wird, geben wir eine Abwertung, bis ein Patch diesen Fehler behebt. Auf dem PC ist dieser Bug bei uns nicht aufgetreten.
Zelda-Kämpfe mit kreativer Rätselei!
Spielerisch haben wir uns oft an klassische Zelda-Titel erinnert gefühlt. Das liegt nicht nur an den simplen Schwertkämpfen und der Tatsache, dass wir ständig auf Büsche hauen, um Rubin-ähh, Glühbirnen zu sammeln. Mit denen können wir in Shops neue Kampfmoves für Jot freischalten.
Auch bei den Rätseln hat Entwickler All Possible Futures viel Liebe zum Detail an den Tag gelegt und tief in die Trickkiste gegriffen. Mit der Zeit lernt Jot neue Wege, wie er mit dem Buch interagieren und es manipulieren kann.
Wir wollen hier nicht zu viel spoilern, aber nur mal als Beispiel: Recht früh lernen wir, die Seiten vor- und zurückblättern. Damit können wir innerhalb eines Kapitels an vorherige Schauplätze zurückkehren und z.B. wichtige Gegenstände holen, die wir weiter hinten brauchen. Metroidvania-Elemente gibt es nicht. Es geht streng linear von einem Kapitel ins nächste.
Auf dem dreidimensionalen Schreibtisch können wir hingegen in Zeichnungen, bedruckte Tassen und mehr hineinspringen, um in 2D Hindernisse zu überwinden, an denen wir in 3D nicht vorbeikommen würden. Das funktioniert gut und das Spiel schafft es auch in jedem Level neue Kniffe mitzubringen, die das Gameplay über die gesamte Spielzeit frisch halten.
Ein weiteres Highlight: Immer wieder verschlägt es Jot in Minispiele oder Abschnitte, in denen wir auf einmal in ganz anderen Genres unterwegs sind! Auf einmal kämpfen wir ein rundenbasiertes JRPG-Duell, schießen mit einem Lasergewehr auf Aliens und vieles mehr. Das sorgt für jede Menge Abwechslung und gute Laune, weil es regelmäßig Überraschungen gibt!
Barrierefreiheit
The Plucky Squire ist grundsätzlich ein eher leichtes Spiel. Ihr bekommt zum Start die Wahl zwischen dem etwas fordernden Abenteuermodus und dem Story-Modus mit leichteren Kämpfen und Sprunghilfe. Außerdem bietet das Spiel eine Reihe Barrierefreiheitsoptionen an. Zusätzlich könnt ihr Minispiele auf Wunsch überspringen.
- Sprunghilfe
- verborgene Portale anzeigen
- abstürzende Plattformen deaktivieren
- Unbesiegbarkeit
- Ein-Treffer-Sieg
The Plucky Squire ist auch für Kinder geeignet und wurde von der USK “Ab 6 Jahren” freigegeben.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Bei den Rätseln liegt aber auch unser größter Kritikpunkt. The Plucky Squire ist sehr linear und erlaubt es kaum, eigene Lösungen zu finden. Das lässt sich am besten an den Wörterrätseln erklären.
Auf vielen Seiten stehen Sätze wie: „Das Tor war geschlossen“. Daneben finden wir, zur Überraschung von niemandem, ein verschlossenes Tor, das den Weg versperrt. „Geschlossen“ können wir, nach einem wuchtigen Schwerthieb, durch den sich das Wort aus dem Satz löst, durch andere Wörter tauschen, die wir innerhalb des Buches finden. Ändern wir den Satz zu „Das Tor war offen“, passt sich die Buchseite an und wir können weiterziehen.
Leider bietet das Spiel aber immer nur eine Lösungsmöglichkeit an. Es gibt oft mehrere Wörter, die wir einsetzen könnten, und das Spiel reagiert auch darauf. Bilden wir den Satz „Das Tor war Käse“, verändert sich das Bauwerk und bekommt eine Käse-Textur. Das ist nett, aber um weiterzukommen, müssen wir zwangsläufig das Wort „offen“ finden.
Mehr Freiheit bitte, denn Freiheit finden wir gut
Diese Linearität zieht sich durch alle Rätsel des Spiels. Obwohl sich mit der Mechanik, Gegenstände vom Schreibtisch in das Buch zu holen, ein offenerer Sandbox-Ansatz geradezu aufdrängt. Wir hätten uns gefreut, wenn wir mit den vorhandenen Möglichkeiten selbst Lösungen entwickeln könnten, die dann vielleicht etwas abwegig sein mögen, aber es wären eben unsere Lösungen.
Die eingeschränkte Handlungsfreiheit wirkt sich auch auf die 3D-Abschnitte aus. Ab und zu bekommen wir gesagt, dass wir hinausmüssen, um wichtige Items zu holen. Nur dann dürfen wir größere Szenerien, wie eine kleine Ritterburg, betreten, die auf dem Tisch aufgebaut sind. Den allergrößten Teil des Spiels verbringen wir im oder direkt auf dem Buch. Die 2D- und 3D-Abschnitte fühlen sich dadurch wie separate Elemente an und weniger wie ein großes Ganzes.
Trotzdem machen die Rätsel viel Spaß, strotzen vor kreativen Ideen und verlangen auch mal ein wenig um die Ecke zu denken. Es zeigt aber, wie viel Potenzial noch in der sehr coolen Grundidee von The Plucky Squire schlummert. An dieser Stelle können wir nur hoffen, dass es eine Fortsetzung geben wird. Wenn es das Entwicklerteam schafft, mit den bereits vorhandenen Mitteln einen etwas offeneren Ansatz umzusetzen, oder zumindest mehrere Lösungswege anzubieten, steht uns vielleicht ein potenzielles Meisterwerk bevor.
The Plucky Squire macht das, was es macht, schon sehr gut und wir können euch das Spiel wirklich ans Herz legen, wenn euch das Konzept anspricht. Vor allem lässt uns The Plucky Squire mit dem Wunsch nach mehr zurück. Das ist ein gutes Zeichen, denn es unterstreicht, wie viel Spaß Der Kühne Knappe jetzt schon macht.
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