Seite 4: The Division im Test - Test-Tagebuch - Das Finale: Endgame, Fazit und Wertung

Tag 3

Gespielte Zeit: 20 Stunden, 27 Minuten
Charakterstufe: 21
Basis-Instandsetzung: 70 Prozent (21 von 30 Upgrades)
Highlight des Tages: Erste Konfrontation mit den Kämpfern des Last Man Battalion

Tag drei unseres Abenteuers in Manhattan. Mit großen Schritten nähern Mirco und ich uns dem Endgame. Sofern The Division keine Überraschungen aus dem Ärmel zaubert, müssen wir nur noch vier Aufträge absolvieren, bis wir das Ende der Hauptquest erreicht haben. Die Geschichte des MMO-Shooters sollte also längst auf ihr großes Finale zusteuern - aber Fehlanzeige.

Wer bin ich und was mach ich hier?

Stattdessen plätschert die Story lose dahin, ich kann mir die Namen der blassen, eindimensionalen Charaktere nur mit Mühe merken und ich fühle mich immer noch nicht schlauer als zu Beginn des Spiels: Wer hat die Viren freigesetzt? Was sind seine Absichten? Wie können wir ihm das Handwerk legen? Keine Ahnung. Irgendwo nagt das dumme Gefühl an mir, dass The Division mir die Antworten schon gegeben haben könnte, sie jedoch in einem der vielen Funksprüche untergegangen sind. Also stelle ich Mirco die gleichen Fragen. Als Antwort folgt ein Schulterzucken.

The Division - Kein Spiel für Fans der klassischen Singleplayer-Kampagne Video starten 10:03 The Division - Kein Spiel für Fans der klassischen Singleplayer-Kampagne

Dass uns die Story von The Division so kalt lässt, stimmt mich traurig, denn die zugrunde liegende Idee ist doch sehr spannend, zumal sie auf einer realen Simulation des amerikanischen Center for Civilian Biodefense Strategies fußt: Eine Krankheit stürzt unsere moderne Welt von einem Tag auf den anderen ins Chaos. Unser Alltag wird zur Herausforderung. In diesem apokalyptischen Szenario ist plötzlich jeder auf sich allein gestellt.

Tragödien am Wegesrand

Dabei haben die Entwickler von Massive es durchaus drauf, aus diesem Material tolle Geschichten zu stricken. Das beweisen sie immer wieder mit der großartigen Spielwelt, die sie für The Division geschaffen haben. Sie ist der eigentliche Star des Spiels und überrascht mich immer wieder mit kleinen Details am Wegesrand, die mich darüber nachgrübeln lassen, was für Tragödien sich dort vor meinem Eintreffen abgespielt haben. Mal entdecke ich einen Müllwagen, bis oben hin beladen mit menschlichen Leichen. Woanders durchsuche ich eine Wohnung, während der tote Körper ihres Besitzers noch immer in seinem Lieblingssessel sitzt, in der Hand die Pistole, mit der er sich selbst das Leben genommen hat.

Am meisten beindruckt hat mich aber der Ausflug zum Madison Square Garden in der ersten Medizinflügel-Mission. Die gigantische Mehrzweckarena, in der normalerweise die Basketballer der New York Knicks ihre Dunkings versenken, ist zum Notlazarett umfunktioniert worden. Auf dem blank polierten Parkett stehen Krankenbetten und medizinische Gerätschaften. Hier kann ich wirklich spüren, wie die New Yorker verzweifelt versucht haben, der Seuche Herr zu werden.

Versteckte Highlights

Neben solchen Erlebnissen sind es ausgerechnet kleine Nebenmissionen, die es hin und wieder schaffen, den Storyfan in mir emotional mitzureißen. Zu meinen persönlichen Highlights mit The Division gehört die Geschichte einer Virologin, die für einen großen Pharmakonzern gearbeitet hat. Ihr Arbeitgeber hat ein vermeintliches Gegenmittel für die tödliche Krankheit entwickelt. Statt das Medikament der Allgemeinheit zugänglich zu machen, wollen die Bosse es jedoch teuer verkaufen.

Solche Echo-Aufnahmen gewähren uns einen Blick in die Vergangenheit. Hier versuchen wir den Sanitäter Michael Dufrane zu finden. Solche Echo-Aufnahmen gewähren uns einen Blick in die Vergangenheit. Hier versuchen wir den Sanitäter Michael Dufrane zu finden.

Diese - pardon - Sauerei will die Medizinerin verhindern, und die Daten des Gegenmittels aus der Firma schmuggeln. Über sogenannte Echos - Computerdaten, die schemenhaft die Geschehnisse der Vergangenheit in die Realität projizieren - müssen Mirco und ich dem Schicksal der Virenforscherin nachgehen. Das ist spielerisch belanglos und beschränkt sich auf das Abklappern mehrerer Wegpunkte nebst gelegentlichem Knöpfchendrücken. Aber solche Geschichten hauchen dieser Welt, die auf den ersten Blick sehr steril wirkt, unglaublich viel Leben ein.

Viele »coole« Typen

Die belanglose Hauptstory steht dazu im krassen Gegensatz. In den kurzen Ingame-Zwischensequenzen lerne ich eben keine glaubwürdigen Charaktere kennen, sondern pseudo-coole Stereotypen: die taffe Anführerin, die taffe Ärztin, der taffe Technikexperte - schnarch! Dass meine Spielfigur bei sämtlichen Dialogen stumm bleibt, ist da fast schon verständlich. Mit diesen Leuten würde ich auch nicht reden wollen.

Je nachdem welchen Missionsstrang ich verfolge (Medizin, Technik oder Sicherheit), erfahre ich mehr über den Ursprung des Virus, die verschwundene erste Welle Division-Agenten oder die Gangs, die Manhattan beherrschen. Die Infos kommen über Funksprüche, durch kurze, abwechslungsreiche Videoschnipsel - mal als Aufnahmen von Überwachungskameras in Spielgrafik oder als schnell geschnittene Rendersequenzen. Außerdem finden wir zahlreiche Sammelobjekte, die uns mehr über die Welt von The Division verraten: verlorene Drohnen, Handys mit gespeicherten Gesprächsfetzen oder die Akten anderer Division-Agenten.

Funksprüche unserer Vorgesetzten während der Missionen erzählen einen Teil der Geschichte. Funksprüche unserer Vorgesetzten während der Missionen erzählen einen Teil der Geschichte.

Alle diese Informationen rufen wir jederzeit im Menü ab. Wer möchte, kann also tief in die Story eintauchen - und findet dort möglicherweise sogar die Antworten, die ich vermisse. Im normalen Spielablauf rauschen diese Handlungsfetzen einfach an uns vorbei. Auf wirklich große Erkenntnisse oder spannende Wendungen warte ich daher, wie eingangs erwähnt, bislang vergebens. Lediglich das Auftauchen des Last Man Battalions - über das ich an dieser Stelle nicht mehr verraten will - könnte einige Spieler überraschen.

Für mich ist klar: Ich werde The Division noch viele Stunden spielen. Die Story ist dafür allerdings kein Grund. Wie so oft bei Multiplayer-Spielen sind es die gemeinsamen Erlebnisse, die kuriosen Momente oder die Rettungen in letzter Minute, von denen ich begeistert erzähle und nicht die Geschichte, die sich die Storyschreiber am Reißbrett ausgedacht haben. Und die besten Momente dieser Art erwarten Spieler definitiv im PvP-Bereich, der Dark Zone. Welche Abenteuer wir dort überstanden haben, erzählt Mirco morgen in Tag 4 unseres Test-Tagebuchs zu The Division.

Meinung der Tester - Tag 3

Johannes Rohe
(@DasRehRohe)

Nach der Beta hatte ich die Befürchtung, dass die Story von The Division löchrig sein könnte und vermutlich ein offenes, unbefriedigendes Ende haben würde. Wäre ja auch doof, wenn nach Abschluss der Hauptquest plötzlich Friede, Freude, Eierkuchen herrscht, gerade wenn das Endgame beginnt. Dass die Story bei dieser coolen Prämisse aber so belanglos dahinplätschert und mich so gar nicht mitreißt, hätte ich nicht erwartet. Da lässt Massive extrem viel Potenzial ungenutzt verpuffen.

An anderer Stelle trumpfen die Schweden dafür unerwartet groß auf. Die Nebenquests, die ich zu Spielbeginn noch als belanglose Stangenware abgetan hatte, begeistern mich inzwischen mit vielen kleinen Geschichten. Und wer sich Zeit nimmt, um die Spielwelt zu erkunden und sie auf sich wirken zu lassen, kann sich an schier endlos vielen Details sattsehen. So gestaltet man eine lebendige Welt, auch ohne an jeder Ecke 30 KI-Charaktere zu platzieren. Mein Appell an alle Division-Spieler: Scheuklappen runter! Vergesst für einen Moment die Jagd auf Loot oder den nächsten Skill. Schaut euch um und entdeckt die vielen versteckten Geschichten dieser Welt. Es lohnt sich.

Mirco Kämpfer
(@MirCommander)

Das Mid-Crisis-Szenario von The Division ist so interessant, dass es fast schone eine Schande ist, wie wenig das Spiel erzählerisch aus dieser Prämisse herausholt. Allen voran die Hauptmissionen, die ja eigentlich Interesse wecken und die Handlung vorantreiben sollen, verraten mir fast nichts über die Spielwelt, die Figuren oder die Gefahr. Da bieten die Echo-Sequenzen oder gar die subtil inszenierten, aber sehr wirkungsvollen Nebenmissionen zehn Mal mehr Erzählstoff.

Wenn ich quasi nebenbei in Flashbacks oder durch Funksprüche erfahre, dass sich Menschen daheim eingeschlossen und schließlich erschossen haben, weil sie keinen Ausweg mehr gesehen haben, berührt mich das mehr als jede Hauptmission, in der ich ohnehin nur Gegner über den Haufen ballere. Diese Handlungsschnipsel in der Spielwelt, dieses Environmental Storytelling, ist so viel spannender als die eigentliche Rahmenhandlung. Dessen muss man sich bewusst sein. Ich persönlich habe zum Glück keine bahnbrechende Story erwartet - und wurde daher auch nicht enttäuscht.

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