Für Ruhm und Ehre - oder Nahrung
In etwas hölzern inszenierten Dialogen unterhalten wir uns viel und ausgiebig mit unseren Begleitern. Dabei treffen wir nicht auf Klischee-Abziehbildchen, sondern auf Charaktere, die Fehler machen und Vorurteile hegen. Auf Menschen, die vor lauter Verzweiflung zu Plünderern werden und auf Helden, die langsam aber sicher den Mut verlieren und sich in leiser Melancholie ihrem Schicksal ergeben. Werden dann die wenigen, die dem Chaos widerstehen konnten von Schmerz und Trauer übermannt, sitzen wir mit Gänsehaut vor dem Bildschirm und wollen eigentlich nie mehr weg aus der Welt von The Banner Saga 2.
Wenn wir uns nicht gerade nicht unterhalten, müssen wir durch Vorratsbeschaffung unsere Karawane ernähren und durch Pausen die Moral hochhalten. Dazu braucht es vor allen Dingen Vorräte, die es allerdings nur für die einzige Ressource Ansehen gibt. Die wiederum bekommen wir fast ausschließlich durch gewonnene Kämpfe. Blöderweise brauchen wir das Ansehen auch für jeden Stufenaufstieg unserer Helden, der uns Boni auf die Charakterwerte gewährt und - das ist neu - weitere Spezialangriffe freischaltet. Wir stehen also wieder vor einer schwierigen Entscheidung: Vorräte oder Helden-Tuning?
Nicht neu, aber besser
Die taktischen Rundenkämpfe folgen noch demselben Prinzip wie im Vorgänger und sind wieder richtig knifflig. Abwechselnd ziehen wir und der Gegner mit einem Kämpfer über das Schlachtfeld, und versuchen, unsere Angriffe und Spezialfähigkeiten möglichst sinnvoll zu kombinieren. Will etwa ein Gegner partout nicht in unsere Pfeilfalle tappen, stoßen wir ihn einfach mit dem wütenden Kopfstoß eines Varls hinein.
Grundsätzlich verfügt jede Figur über einen Rüstungs- und einen Stärkewert, wobei letzterer gleichzeitig Leben und Angriffsstärke darstellt. Der besondere Kniff: Bei jedem Angriff müssen wir uns entscheiden, ob wir die Rüstung des Gegners oder seine Lebenspunkte attackieren wollen. Während weniger Rüstung den Feind für weitere Hiebe anfälliger macht, schwächt eine Attacke auf die Lebenspunkte gleichzeitig auch die Angriffskraft des Gegners. Allerdings prallt dabei ein Großteil des Schlags an der Rüstung ab.
Aufgrund dieser cleveren Mechanik, in die uns ein kurzes Tutorial oberflächlich einführt, müssen wir einen Gegner mit viel Rüstung erst einmal von seiner schweren Last befreien, einen angriffsstarken Hünen dagegen schnell um seine Stärke- bzw. Lebenspunkte bringen. Zusätzlich verzichtet das Spiel fast völlig auf Trefferwahrscheinlichkeiten und damit auf Glück. Im Gegensatz zu XCOM: Enemy Unknown können wir uns daher auf unsere Recken verlassen und haben deutlich mehr Kontrolle über das Geschehen.
Mit Gamepad und kleinen Rucklern
Allerdings verlangt die Gamepad-Steuerung etwas Eingewöhnungszeit. Wie schon beim Vorgänger ist der Weg zum gewünschten Menüpunkt trotz Bildschirmeinblendungen aufgrund der leicht überladenen Tastenbelegung nicht immer klar ersichtlich. Mal benötigen wir den Stick zum Durchschalten der Optionen, dann wieder das Digitalkreuz und manchmal gar die Bumper.
Immerhin: Das Problem der teils zu kleinen Schrift in den Textfenstern haben die Entwickler bei The Banner Saga 2 in den Griff bekommen. Nun können wir die Texttafeln auch auf Distanz jederzeit gut erkennen. Auch die Ladezeiten halten sich auf der Xbox One und PS4 in Grenzen, selten müssen wir länger als 10 Sekunden warten.
Dafür stören hin und wieder kleinere Ruckler, sowohl in den Kämpfen, als auch in den Menüs. Diese kleinen Schluckauf-Probleme trüben zwar nicht den Spielspaß, eine saubere Konsolenumsetzung sieht trotzdem anders aus.
Große und kleine Schippen
War besonders die Missions- und Gegnervielfalt im Vorgänger noch recht gering, merzt der zweite Teil diese Schwäche nahezu aus und bietet jede Menge unterschiedlicher Ziele. Mal schalten wir nur den Boss der Gruppe aus, mal zerstören wir eine Barriere, während diverse neue Gegnertypen wie die biestigen kleinen Skulker auf uns eindreschen, die in einiger Entfernung zu unseren Helden unsichtbar werden. Keine dieser neuen Einheiten stellt das Spiel auf den Kopf, sie bringen aber deutlich mehr Abwechslung auf das Schlachtfeld.
Die übrige Inszenierung legt ebenfalls eine Schippe drauf, wenngleich eine etwas kleinere. Einige Zwischensequenzen an den relevantesten Stellen der Story und gelegentliche Sprachausgabe lockern die allzu statischen Dialoge auf, werden jedoch noch einen Tick zu selten eingesetzt. Der einzigartigen Atmosphäre tut das aber eh keinen Abbruch. Wer erst einmal seine Reise durch die wunderschöne, detailreiche Landschaft begonnen hat und dazu die erstklassige Musik vernimmt, kann nicht anders, als dieses Spiel zu lieben.
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