Ob Forza Horizon 3, Need For Speed: Underground oder Midnight Club: Der Reiz, eine alte Abgasschleuder optisch und technisch aufzuhübschen und seine Widersacher Staub fressen zu lassen, ist zentral für arcadelastige Rennspiele.
Umso erstaunlicher, dass die Tuner-Kultur nie in vollem Umfang Einzug in diese Titel gehalten hat. Denn ab einem bestimmten Punkt ist selbst im vollends auf die Import-Supercar-Thematik zugeschnittenen NfS: Underground Schluss mit der Personalisierung des eigenen Gefährts - irgendwann wurde es den Entwicklern wohl zu motor-nerdig. Diese Lücke will Super Street: The Game schließen.
Zu diesem Zweck hat sich Team6, das bislang eher für Rennspiele fragwürdiger Qualität bekannt ist, mit dem Lifestyle-Tuning-Magazin Super Street zusammengeschlossen. Entsprechend reizvoll gestaltet sich auch der Einstieg in den Arcade-Racer.
Ohne große Umschweife werdet ihr zu Beginn in eine virtuelle Garage geworfen und müsst euch dort für eine von acht Schrottkarren entscheiden, die ihr zum flottesten Flitzer am Block machen dürft. Für lizenzierte Autos hat das Budget nicht gereicht. Dafür aber für knapp 500 verschiedene Teile namhafter Hersteller aus detaillierten Kategorien wie Motor, Karosserie-Kits, Lufteinlass, Zwischenkühler, Reifen oder sogar Seitenspiegel, mit denen ihr euer Fahrzeug aufwerten könnt.
Ist der Ruf erst ruiniert…
Selbstverständlich sind diese Bauteile nicht gratis, weswegen ihr euch das nötige Taschengeld für die neuen Bremsen oder den schicken Mattlack in knapp 60 Einzelrennen verdienen müsst. Diese sind wiederum in elf von Sponsoren organisierten Events unterteilt, die ihr nach und nach freischalten könnt. Hierfür benötigt ihr die zweite Ingame-Währung: Ansehen, das ihr ebenfalls durch den Abschluss von Rennen auf den ersten drei Plätzen erhaltet.
Mit dieser immateriellen Währung bekommt ihr jedoch nicht nur Zugang zu neuen Events, sondern erarbeitet euch auch Erwähnungen auf den Social-Media-Kanälen von Super Street und werbt bis zu sechs Crew-Mitglieder an, die unterschiedliche Aspekte eures Autos verbessern sollen.
Davon ist in der Praxis allerdings wenig zu merken. Umso offensichtlicher ist dafür das archaische Frauenbild der Entwickler. So sitzt beispielsweise die Sekretärin, die euch bei der Einsparung von Gewicht an eurem Boliden helfen soll, im bauchfreien Blüschen und ultrakurzen Minirock am Bürorechner, während ihr von eurem Renncoach eigentlich nur den mit hautengem Latex bedeckten Hintern zu sehen bekommt.
Nicht nur die unangenehm stereotypen Crew-Mitglieder bieten kaum Auswirkungen auf die Leistung eures Autos. Auch eine Vielzahl der Einzelteile, die ihr in eurer Karre verbauen dürft, sind abgesehen vom optischen Faktor nutzlos. Denn sobald ihr ein Grundbauteil durch ein gekauftes ersetzt, verbessern sich je nach Kategorie Werte wie Haftung, Leistung, Show-Faktor oder Gewicht.
Wollt ihr dann aber beispielsweise eine Markenfelge gegen eine andere ersetzen, bleiben die Attribute gleich - ein recht oberflächlicher Ansatz, der die wirkliche Beschäftigung mit den einzelnen Fabrikaten unnötig macht und Tuning-Profis schwer enttäuscht.
Die Kunst des Crash
Diese Tendenz zum Motto »Mehr schein als sein« zieht sich auch durch den Hauptteil des Spiels, die eigentlichen Rennen. Acht Modi klingen auf dem Papier erst mal nach viel Material, und in der Theorie sind die Varianten auch recht abwechslungsreich.
Im Joyride-Modus müsst ihr beispielsweise durch ein Level heizen und dabei möglichst viele Punkte durch Crashes und die Zerstörung von Absperrungen und Straßenschildern einheimsen. Hier kann das wirklich detailreiche Schadensmodell absolut glänzen, wenn auch die Fahrphysik durch fehlende Motorhauben oder Türen nicht beeinflusst wird.
Klassischer geht es im Modus Circuit zu, der ein reguläres Rennen gegen fünf Gegner darstellt, während ihr in Time Trial Checkpoints und der besten Rundenzeit hinterherjagt. Ein besonderes Schmankerl: Jedes Event enthält ein spezielles Rennen, in dem mit ihrem maximal getunten Sponsoren-Supercar über die Strecke heizen dürft.
Die fünf immer selben Spielumgebungen, in denen die einzelnen Rennen stattfinden, sind nur allerdings nicht sonderlich interessant und bieten wenig Abwechslung. Immerhin: Die Autos selbst wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet und auch die Umgebungseffekte können sich sehen lassen.
Handling aus der Hölle
Diese Liebe zum Detail hätten die Entwickler allerdings auch in die Steuerung des Spiels einfließen lassen sollen. Denn selbst für ein arcadelastiges Rennspiel ist diese erschreckend schlecht, obwohl es nur wenige Variablen gibt. In der Theorie braucht ihr nur den Stick sowie ein paar Buttons für Handbremse und Nitro-Einspritzer.
Praktisch funktioniert das so gut wie nie, und dank des maximal schwammigen und kaum nachvollziehbaren Handlings wird erfolgreiches Driften zur reinsten Sisyphos-Aufgabe - zumal die Tastenbelegung weder für Controller noch für das Lenkrad änderbar ist.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Wagen eurer Gegner vor allem in späteren Events immer ein bisschen schneller als ihr selbst sind und jede Abweichung vom Optimalkurs in Karambolagen endet, sorgt der Steuerungskrampf für nahezu konstante Frustration. Da ist es fast schon ein Glück, dass das Schadensmodell rein optisch ist.
Etwas nervenschonender gestaltet sich die Multiplayer-Funktion des Spiels - aber auch nur, weil eure Gegner mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Immerhin haben die Entwickler einen spaßigen Splitscreen-Modus eingebaut, der allerdings auch bitter nötig ist. Denn die Server sind derzeit noch gähnend leer, was den Online-Multiplayer entsprechend unspielbar macht.
Das passt aber tatsächlich hervorragend zum Spiel. Denn so protzig sich Super Street: The Game auch präsentiert, die laue Kampagne, die miserable Steuerung und die immer gleichen Rennen fühlen sich mehr nach leerem Tank an als nach der satten Power eines Zwölfzylinders.
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