Endlich mal wieder eine Spielfigur, mit der man sich so richtig identifizieren kann. Entschuldigung, gemeint ist natürlich "infizieren". Der "Held" des Schleichabenteuers Styx: Shards of Darkness ist nämlich ein übelriechender und giftspuckender Goblin, der Menschen und generell allen Lebewesen feindlich gesinnt ist. Styx ist klein, unscheinbar und hat als Einziger seiner Gattung die menschliche Sprache erlernt. Ideale Voraussetzungen also, um als Meisterdieb im Schatten zu bleiben und seinen Lebensunterhalt mit Auftragsmorden und Diebstählen zu sichern.
Den zynischen Antihelden Styx kennen wir bereits aus dem 2014 erschienenen Vorgänger Styx: Master of Shadows, Story-Vorwissen ist für Shards of Darkness jedoch nicht nötig. Zwar sind die insgesamt zehn Missionen mit einer Rahmenhandlung verbunden, die ist aber eher Mittel zum Zweck, um den nächsten Missionsabschnitt in Szene zu setzen. Fantasyfans kommen trotzdem auf ihre Kosten, wenn Styx sich im Laufe der Geschichte mit Zwergen, arroganten Dunkelelfen und magischen Quartzsteinen rumärgern muss - und dies sehr amüsant bissig und selbstironisch kommentiert. Nicht nur das Personal ist abwechslungsreich, sondern auch die Areale, in denen Hinweise und Schlüssel gefunden, Personen ausgeschaltet und allerlei Schätze und Wertsachen geklaut werden wollen. Wie wir diese Ziele erreichen, bleibt dabei komplett uns überlassen. Die riesigen Levels bieten enorm viel Spielraum und jede Menge alternative Lösungswege - Dishonored 2 lässt grüßen.
Vielfältig sterben
Ein Beispiel: Wir sollen den Hauptmann einer Garnison erledigen, doch der ist in ständiger Begleitung zweier Wachen. Als schmächtiger Goblin sind wird lediglich mit einem Dolch bewaffnet, der nur in hinterhältigen Überraschungsmomenten tödlich ist. Ein frontaler Angriff steht daher nicht zur Debatte. Selbst wenn es uns gelänge, die Zielperson zu erledigen, würden die Leibwachen direkt im Anschluss Alarm schlagen und Styx im Handumdrehen abmurksen. In den beiden unteren der insgesamt vier Schwierigkeitsgrade kann sich Styx gegen einzelne Wachen mit einem Parierschlag aus brenzligen Situationen retten, aber in den meisten Fällen folgt auf Kampfsituationen direkt der Game-Over-Screen. Deshalb gehen wir hier lieber vorsichtig vor: Beim Sondieren der Laufroute fällt auf, dass die Wachen gerne und häufig aus einem gemeinsamen Weinschlauch trinken. Schaffen wir es unbemerkt zu diesem Trinkbehälter, können wir den Inhalt vergiften und müssen daraufhin nur noch abwarten, bis auch unser Opfer durstig wird.
Alternativ belauschen wir aus dem Schatten die Wachen und hören, wie der Hauptmann damit prahlt, ein Verhältnis mit der Frau seines Buchhalters zu haben. Dieses Wissen machen wir uns zu Nutze, in dem wir einen sehr eindeutigen »Liebesbrief« schreiben und den im Büro des betrogenen Ehemanns hinterlegen, sodass dieser ihn »zufällig« findet. Im darauf ausbrechenden Eifersuchtsdrama kommt unsere Zielperson ums Leben, ohne dass wir uns die Hände schmutzig machen müssen. Den Tumult nutzen wir außerdem, um unentdeckt aus der Gefahrenzone zu entkommen. Styx' Arsenal wie Giftpfeile und -fallen oder das Lockern einer Kronleuchterhalterung im richtigen Moment können ebenfalls zum Ziel führen. Kreatives Ausprobieren und ein genaues Studium der Levelarchitektur wird oft belohnt.
Zu viel des Guten
Die Entwickler hielten es für eine gute Idee, dass der Goblin nach jedem Tod in einem kurzen Einspieler die Situation kommentiert und den Spieler direkt beschimpft. Doch so amüsant Styx’ Durchbrechen der Vierten Wand und sein Zynismus im Spiel auch sind, nervt das Überspringen der immer gleichen Sequenzen nach mehreren Dutzend Wiederholungen. Deaktivieren lassen sich diese nicht.
Der Tod ist kein Muss
Doch nicht immer geht es ums Töten, die meisten Level können auch durch vorsichtiges Schleichen, gezielte Ablenkungen und alternative Routen gemeistert werden, ohne Alarm zu schlagen oder Wachen auszuschalten. Styx macht nämlich keine halben Sachen, die Möglichkeit, Gegner nur zu betäuben, kennt er nicht. Ganz in der Tradition des großen Vorbilds Thief können abseits der Kampagnenziele auch zusätzliche Medaillen für Schnelligkeit, die Anzahl der ausgelösten Entdeckungen, nicht-getötete Gegner und das Finden von Schätzen erreicht werden. Alle Medaillen in einem Durchgang zu erspielen, ist faktisch unmöglich, daher kann jede Mission aus dem Basislager heraus immer wieder neu gestartet werden. Vor allem die vorgegebenen Zielzeiten sind eher für fordernde Speedruns ausgelegt und setzen Kenntnis der perfekten Route und des Gegnerverhaltens voraus.
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