Vor knapp 34 Jahren erschien mit Civilization der erste Teil der Globalstrategie-Reihe, der gleichzeitig ein ganzes Genre ins Leben rief. Seitdem versorgen uns Sid Meier - der Erfinder und Kopf hinter den Spielen - und seine Teams regelmäßig mit neuen Ablegern und im Februar 2025 erwartet uns nun Civilization 7.
Das bringt einige größere Änderungen mit sich, was bei manchen Fans im Vorfeld für Sorgenfalten sorgte. Und auch wir waren zuerst skeptisch, ob die Neuerungen gut in das von uns geliebte Spielprinzip passen würden. Aber hier können wir direkt Entwarnung geben: Auch wenn es zum Launch noch an einigen Stellen quietscht, läuft die Civilization-Maschine richtig geschmeidig.
Bis zum Fall des Test-Embargos lag uns keine Konsolenversion vor, wir konnten daher vorerst nur auf dem PC testen. Eindrücke von den Konsolen reichen wir schnellstmöglich nach.
Von der Antike bis in die Moderne
Wer schon ganz genau weiß, worum es in Civilization geht, kann getrost bis zur nächsten Zwischenüberschrift springen, allen anderen wollen wir zum Einstieg kurz erklären, was wir da eigentlich die ganze Zeit treiben.
Zu Beginn des Spiels wählen wir unser Volk und starten mit einer Stadt irgendwo in der Pampa. Zur Auswahl stehen uns dabei etwa die Maya oder das Römische Reich (an das ihr heute sicher schon sehr oft gedacht habt, oder?). Im Anschluss schicken wir Späher los, um die Umgebung zu erkunden und so die im Nebel liegende Map nach und nach aufzudecken.
Währenddessen erforschen wir neue Technologien und bauen in und um unsere Stadt herum neue Gebäude – stets mit dem Ziel, neue Entwicklungs- und Bauoptionen freizuschalten oder zusätzliche Ressourcen zu gewinnen.
Darüber hinaus kümmern wir uns noch um die Politik in unserem Land, legen etwa Regierungsform und Sozialpolitiken fest, pflegen diplomatische Beziehungen zu unseren KI-Kontrahenten und heben Armeen aus, um unser Land zu schützen oder das der anderen zu erobern.
Das Ganze findet auf einer in Hexfelder unterteilten Weltkarte statt und unsere Aktionen führen wir nicht in Echtzeit, sondern in Runden aus. In diesen stehen uns jeweils unterschiedliche Aktionen zur Verfügung, die dann entweder in der aktuellen oder aber über mehrere Runden hinweg ausgeführt werden.
Die meisten Einheiten können sich pro Runde zwei Felder weit bewegen, die Erforschung einer neuen Technologie dauert hingegen mehrere Runden. Wie schnell das Ganze letztendlich geht, hat mit unseren Ressourcen zu tun.
Von der Menge unserer Produktions-Ressource hängt etwa ab, wie schnell Gebäude und Einheiten gebaut oder ausgebildet werden, Wissenschaft hingegen entscheidet darüber, wie schnell eine neue Technologie erforscht wird. Verbraucht werden sie dabei nicht, der aktuelle Wert erhöht sich allerdings durch dauerhafte und temporäre Boni, die wir beispielsweise durch unsere gewählte Staatsform, Gebäude oder bereits erforschte Technik bekommen. Allerdings kann der Wert auch abnehmen, etwa durch Unzufriedenheit in der Bevölkerung – ein weiterer wichtiger Wert in unserem Civilization-Alltag.
Ein Beispiel: Hat ein Sägewerk etwa Baukosten in Höhe von 90 Produktion und wir generieren pro Runde 30 Produktion, dauert der Bau drei Runden (90 / 30). Wollen wir danach eine Speerkämpfer-Einheit ausbilden, die 60 Produktion kostet, dauert das nur zwei Runden (60 / 30).
Aber nicht alle Ressourcen funktionieren so. Gold und Einfluss werden etwa bei Nutzung verbraucht. Ersteres können wir nutzen, um Aufträge, wie die Erschaffung einer Einheit oder den Bau eines Gebäudes sofort auszulösen. Das kann uns in Kriegen beispielsweise den Hintern retten. Einfluss können wir hingegen für diplomatische Aktionen, wie Bündnisschließungen oder Spionage nutzen.
Das klingt alles ziemlich komplex? Keine Sorge, eigentlich ist es das gar nicht, denn egal ob Technologie, Gebäude oder Politik – alle Entscheidungen zielen vereinfacht gesagt vor allem darauf ab, unsere Ressourcengewinnung zu erhöhen und Einheiten zu stärken, um so stetig weitere Möglichkeiten freizuschalten und unsere globale Macht zu steigern.
Eine Runde in Civ 7: Bevor der Button für das Ende der Runde freigeschaltet wird, wird an seiner Stelle immer das Symbol einer noch offenen Aktion angezeigt. So geht das Spiel sicher, dass wir nichts verpassen.
Zum Start einer Runde könnte das zum Beispiel das Wissenschaft-Symbol sein, das uns ermuntert, eine neue Technologie zu entwickeln. Andere Optionen sind etwa der Gebäudebau, die Wahl einer neuen Politikform oder eine Felderweiterung für unsere Stadt.
Sind alle organisatorischen Dinge erledigt, steuern wir unsere Einheiten und schicken sie durch die Welt. Alternativ lassen wir sie Aktionen durchführen und beispielsweise angreifen oder Barrikaden zur Verteidigung ausheben.
Ist alles erledigt, können wir die Runde beenden und unsere Gegner*innen sind am Zug.
So bewegen wir uns Stück für Stück durch die Zeit, denn mit jeder Runde dreht sich die Jahreszahl ein Stück weiter und wir reisen von der Antike fast 6000 Jahre bis in die Moderne.
Gewinnen können wir auf ganz unterschiedliche Weise, etwa indem wir unsere Kontrahenten durch Eroberung besiegen. Wir können uns aber auch auf eine bestimmte Thematik, wie Wissenschaft oder Handel konzentrieren und einen entsprechenden Vermächtnis-Weg im letzten Zeitalter abschließen - doch mehr dazu später.
Im Testvideo könnt ihr euch anschauen, wie das Ganze auf dem Bildschirm aussieht:
Vieles ist neu – aber ist es auch besser?
Das oben beschriebene Spielprinzip gibt es im Großen und Ganzen bereits seit dem ersten Teil und funktioniert auch nach vielen Jahren noch wunderbar. Trotzdem wäre es natürlich ziemlich langweilig, wenn wir jedes Mal exakt dasselbe Spiel bekommen würden. So hat sich Firaxis auch für Civilization 7 ein paar Besonderheiten und Änderungen einfallen lassen.
Das bemerken wir schon zum Start des Spiels, denn wir wählen unser Volk im neuen Teil unabhängig von unserem oder unserer Herrscher*in. Mit Benjamin Franklin die Geschicke der Maya lenken oder mit Harriet Tubman über Persien herrschen? Gar kein Problem.
Das gibt uns schon vor dem eigentlichen Spielstart viel Spielraum, denn alle Völker und Anführer*innen kommen mit eigenen Vorteilen und Boni, die wir gewinnbringend kombinieren können. Zielen wir etwa auf einen Spielstil ab, der Wissenschaft in den Mittelpunkt stellt, können wir uns mit der ersten oben genannten Kombination gezielte Vorteile verschaffen.
Dieses neue Feature wurde bereits kritisch von Fans diskutiert und ja, das kann durchaus die Immersion stören, wenn Konfuzius plötzlich mit einer römischen Armee angreift. Auf der anderen Seite waren Persönlichkeiten, die mehrere tausend Jahre leben und ihre Zivilisationen durch die gesamte Zeit führen, noch nie ein wirklicher Punkt für den Realismus des Spiels.
Wir haben uns jedenfalls schnell daran gewöhnt und das war direkt doppelt wichtig, da auch die zweite große Änderung damit zu tun hat. Während wir in den Vorgängern jedes Spiel nämlich von Anfang bis Ende unter gleichbleibenden Bedingungen gespielt haben, erleben wir Partien in Civilization 7 jetzt in drei Abschnitten: den Zeitaltern der Antike, Erkundung und Moderne.
Drei Spieldurchläufe in einem
Wir starten wie bereits erwähnt in der Antike, kommen aber irgendwann an die Schwelle zum Zeitalter der Erkundung – und das zieht einen harten Schnitt mit sich. Wechseln wir ins nächste Zeitalter, müssen wir uns nämlich für ein neues Volk mit neuen Boni entscheiden. Unsere*n Anführer*in behalten wir hingegen.
Aber nicht nur das: Es werden etwa auch sofort alle laufenden Kriege und Bündnisse beendet, alle Parteien gelangen auf einen vergleichbaren wissenschaftlichen Stand und einige Boni, etwa durch gebaute Gebäude verschwinden oder werden zumindest reduziert – kurz: Das Spiel und alle Beteiligten bekommen einen frischen Neustart unter neuen Bedingungen. Dieses Konzept bietet allerhand spannende Möglichkeiten, bringt aber auch ein paar Probleme mit sich.
Zu jedem Zeitalter gehört eine Krise, wie etwa ein Pestausbruch oder eine Barbareninvasion. Diese wird entweder zum Start oder im Verlauf des Zeitalters ausgelöst. Aber auch andere Kniffe machen jeden Abschnitt besonders. So geht es im Zeitalter der Erkundung passenderweise um die Entdeckung neuer Welten und auch Themen wie Religion und Schifffahrt werden wichtiger. In der Moderne rücken etwa Eisenbahnnetze in den Vordergrund. Das sorgt für Abwechslung und ist eine klasse Idee.
Zudem wirkt die Angleichung krassen Vormachtstellungen oder auch frustrierenden und andauernden Nachteilen entgegen. So fühlt sich eine gut laufende Partie Civilization nach zwei Stunden weniger so an, als hätten wir in Monopoly alle Bahnhöfe samt Schlossallee ergattert und würden nur noch darauf warten, bis alle Mitspielenden Pleite gehen.
Ein Nachteil der Zeitalter ist, dass sich viele Aktionen zum Ende eines Abschnitts weniger wertig anfühlen. Wieso noch Technologien entwickeln, die ein paar Runden später ohnehin automatisch freigeschaltet werden und wieso einen Angriff auf meinen Nachbarn starten, wenn nicht sicher ist, ob er in der verbleibenden Zeit bezwungen werden kann?
Accessibility: Civilization 7 bietet uns verschiedene Einstellungen zur Barrierefreiheit, die sich vor allem auf die Lesbarkeit auswirken.
- Einstellungen für Farbenblindheit (Rot, Blau, Grün)
- Schriftgröße kann in fünf Stufen eingestellt werden
- Ansichtserlebnis kann je nach Bildschirm (Desktop, TV, Handheld) angepasst werden
- Vorlesefunktion und Untertitel
Es gibt zudem sechs verschiedene Schwierigkeitsgrade und wir können etwa die Katastrophenintensität einstellen und Krisen abschalten.
Vermächtnisse überdauern die Zeit
Daher ist es gut, dass einige Technologien und Gebäude mit den sogenannten Vermächtnis-Wegen verknüpft sind. Das sind im Grunde Quest-Reihen, die uns für Kultur, Wissenschaft, Militär und Handel jeweils einen groben roten Faden an die Hand geben. Schließen wir darin enthaltene Aufgaben, wie den Bau eines bestimmten Gebäudes, etwa einer Bibliothek, ab, bekommen wir Vermächtnispunkte, die wir für Zeitalter übergreifende Boni ausgeben können.
Im letzten Zeitalter schalten wir nach Abschluss eines Pfades sogar eine passende Siegesmöglichkeit frei: Erledigen wir etwa alle Aufgaben im Bereich der Wissenschaft, können wir im Anschluss am ersten Flug ins All arbeiten. Schaffen wir das, gewinnen wir so die Partie.
KI und Balancing sind noch Baustellen
Zu den ganzen Neuerungen gesellen sich ein paar Probleme, die traditionell eng mit den Releases der Reihe verknüpft sind. Da wäre etwa die KI, der es nicht immer gelingt, schlaue und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen.
In einem Beispiel hat es das Spiel in einem Krieg beispielsweise geschafft, uns tatsächlich richtig in die Bredouille zu bringen. Eine unserer Städte war umstellt und all unsere Einheiten waren bezwungen. Leider fehlte es an der letzten Entschlossenheit und unsere Metropole blieb nur deswegen unter unserer Herrschaft, weil sich die Truppen unseres Gegners nicht durchringen konnten, sie trotz fehlender Gegenwehr einzunehmen.
Im Gegenzug wird es Genre-Veteranen – zumindest auf dem normalen von insgesamt sechs Schwierigkeitsgraden – sehr leicht fallen, stets die Oberhand zu behalten. Das liegt auch am Balancing, das aktuell noch nicht richtig optimiert ist. Zu schnell lassen sich Rohstofferträge durch schlaue Kombinationen so sehr steigern, dass wir uns schneller Weiterentwickeln als Napoleon “Frankreich” sagen kann. Hier muss Firaxis noch nachjustieren.
Auch die Erklärungen und Tutorials im Spiel könnten noch etwas Liebe vertragen. Viel zu oft könnten besonders neue Spielende im Regen stehen, weil es Civilization 7 versäumt, wichtige Bestandteile verständlich und nachhaltig zu erklären. Auch nach 60 Stunden sind wir uns noch unsicher, ob wir tatsächlich alle Zusammenhänge verstanden haben.
Es gibt zwar ein Ingame-Lexikon, in dem wir alle wichtigen Elemente des Spiels, samt kurzer Beschreibung nachschlagen können, ein kontextsensitives und intuitives System, das uns etwa beim Hovern über einzelnen Begriffen eine passende Hilfe einblendet, ist aber nur in Teilen verfügbar.
Als wir beim Schreiben dieses Textes beispielsweise nochmal die genaue Bedeutung und Funktionsweise aller Ressourcen nachschlagen wollten, mussten wir uns durch etliche verschiedene Einträge lesen, was vor allem Neueinsteiger*innen enorm frustrieren dürfte. Bei manchen Begriffen fehlen Einträge sogar komplett. Wer etwa in einer Runde nachschlagen möchte, was Kultur- und Wissenschaftswert eigentlich machen, schaut in die Röhre. Das mag für Civilization-Profis weniger wichtig sein, Genre-Neulingen erschwert es den Einstieg jedoch spürbar.
Civilization sieht richtig schick aus
Zum Schluss wollen wir aber noch über ein paar offensichtliche Dinge sprechen. Im Video und auch den Bildern habt ihr es vermutlich schon bemerkt: Civilization 7 verabschiedet sich vom Comic-Look des Vorgängers und setzt stattdessen auf einen eher realistischen und detaillierten Look – und der kann sich sehen lassen. Noch nie sahen Städte und Landschaften so hübsch aus wie im neuen Ableger.
Und auch technisch sind wir auf keine nennenswerten Probleme gestoßen, weder in puncto Performance, noch in Bezug auf Bugs. Allerdings können wir diese Einschätzung bisher nur zur PC Version abgeben. Wir werden uns das Spiel allerdings noch genau auf der Konsole anschauen und entsprechende Informationen ergänzen.
Was wir allerdings schon sagen können: Civilization spielt sich auch mit dem Controller ziemlich gut. Die Steuerung mit Maus und Tastatur geht genretypisch zwar noch etwas geschmeidiger von der Hand, aber dank der eher gemächlichen Runden-Taktik, sind unsere Finger auch am Controller heil geblieben.
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