Diese Wertungsfindung, manchmal ist sie eine Qual. Bei Stick it to the Man! zum Beispiel, denn das abgedrehte Adventure lässt zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Einerseits ist das Spiel, das es inzwischen auf dem PC und allen aktuellen Konsolen gibt, spielerisch wenig gelungen, andererseits aber auch eine Mords-Gaudi. Stick it to the Man ist eben ein Sonderfall, eine Empfehlung trotz mäßiger Wertung.
Wahnsinnig kurzer Wahnsinn
Stick it to the Man! erzählt die nicht ganz alltägliche Geschichte von Ray Doewood. Ray lebt in einer schmucken Welt aus Karton-Scherenschnitten und testet Schutzhelme für Baustellen. Dadurch bekommt sein Schädel an sich schon genügend handfeste Schicksalsschläge ab, doch es kommt noch dicker: Eines Tages schlüpft ein telepathisch begabtes Alien in Rays Kopf.
Dank des neuen Mitbewohners im Oberstübchen, ragt nun ein riesiger pinker Arm aus Rays Rübe, mit dem er nicht nur die Gedanken seiner Mitmenschen und Mitlebewesen hören, sondern sich auch in bester Bionic Commando-Manier durch die bizarren Karton-Kulissen schwingen kann.
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Letzteres kommt Ray zumindest in einer Hinsicht ganz gelegen – wegen seines extraterrestrischen Hirn-Untermieters ist ihm eine ganze Meute dubioser Agenten auf den Fersen. Was folgt ist eine Mischung aus Point&Klick-Adventure und Jump’n’Run, eine ungemein durchgeknallte Hatz durch zehn Kapitel, vorbei an dreiköpfigen Wrestlern, beinlosen Geistern, durch Psychiater-Praxen, ins eigene Gehirn, ins Weltall und... plötzlich war Stick it to the Man! auch schon wieder vorbei. Rays Abenteuer ist nämlich mit knapp vier Stunden (etwas Trödelei schon miteingerechnet) sehr kurz.
Brillanter Blödsinn
In diesen wenigen Stündchen haben wir aber mehr spaßigen Unsinn erlebt, als auf eine Kuhhaut geht. Stick it to the Man! macht sich einen leidenschaftlichen Spaß daraus, am Fließband vollkommen absurde Situationen zusammen zu spinnen.
Da will Ray zum Beispiel lediglich ein Taxi nach Hause nehmen, doch der Fahrer will sich das Leben nehmen, weil ihn seine Liebste verlassen hat – wegen seiner schlechten Zähne. Nun ist sie einem Mafiapaten mit blendendem Gebiss verfallen, der an einem Tanzwettbewerb teilnimmt.
Damit dieser Don vor Frust seine hübschen Beißerchen ausspuckt, muss Ray einen Konkurrenz-Startänzer finden. Blöd nur, dass der wiederum im Kofferraum zweier Mafiaschergen steckt, die ihn im Auftrag ihres tanzwütigen Chefs mit Betonschuhen im Meer versenken wollen.
Also müssen wir mit Ray die beiden Schergen loswerden, während die noch den Beton mischen. Vielleicht geht das ja mit dem depressiven Hündchen, das von den zwei Mafiatypen zeitlebens gehänselt wurde? Mal mit morbidem Unterton, mal mit clever komponiertem Nonsense – die Situationen, Dialoge, Gedanken-Monologe und Rätsel sind immer überraschend, gut geschrieben und somit auch die klaren Highlights des Adventures.
Rudimentäre Rätsel
Die großen Mängel von Stick it to the Man! liegen hingegen im eigentlichen Spielprinzip vergraben. Erstens bei den Rätseln. Die wirken auf den ersten Blick schön kreativ: Mit Rays Mental-Arm schnappen wir uns Sticker, mal aus der Umgebung, mal direkt aus den Gedanken der Charaktere.
So greifen wir uns beispielsweise eine eklige Thunfischtorte aus den Träumen eines Fischers, um sie dann einer überfressenen Möwe einzupflanzen. Schon kotzt das Federvieh einen frisch verspeisten Goldfisch aus, den wir wiederum aufsammeln und zu einer eifrigen Haustier-Präparatorin tragen.
Die Frage nach dem Warum sollte man an dieser Stelle besser nicht stellen. Der Punkt ist, die Sticker-Kleberei wirkt zwar innovativ, ist im Grunde aber simpelster Trial-and-Error. Das Hin und Her mit den Stickern ist schlichte Laufarbeit ohne Anspruch - selten gibt es mehrere Möglichkeiten, wohin ein Klebe-Bildchen muss und wenn, dann ist die Lösung ohnehin offensichtlich.
Der Punkt ist aber auch, dass wir die geradlinigen Botengänge trotzdem ohne Meckern erledigt haben, da wir immer wissen wollten, welche aberwitzige Begebenheit wir damit nun wieder auslösen. Etwa wenn sich beim Ausstopfen von besagtem Goldfisch eine seltsame Romanze zwischen der Präparatorin und dem Ex-Fischbesitzer entspinnt.
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