Im echten Leben bin ich ein Städter, wie er im Buche steht: Ein Wochenende lang halte ich es im Garten meiner Eltern auf dem Land noch aus, aber keinen Tag länger. Ohne Internet? Zehn Minuten Autofahrt bis zum nächsten Supermarkt? Weder Eisdiele noch Dönerbude in der Nähe? Nein, das ist nichts für mich. Zumindest nicht im echten Leben, zumal ich ungern Gartenarbeiten erledige und zudem ein zweifelhaftes Talent dafür habe, sämtliche Pflanzen sterben zu lassen.
Zum Thema:Patch 1.02 für Stardew Valley behebt Absturzprobleme auf Konsole
Virtuell hingegen schwinge ich gern die Harke, und in Spielen wie Harvest Moon oder Don't Starve klappt's komischerweise auch mit dem grünen Daumen. Stardew Valley hat ein bisschen was von beiden genannten Vorbildern: Ich muss einen runtergekommenen Bauernhof auf Vordermann bringen und nebenbei mit Feld- und Viehwirtschaft mein Überleben sichern. Die Farming-Simulation stammt von nur einem einzigen Entwickler und avancierte auf dem PC zum millionenfach verkauften Indie-Phänomen. Doch wie schlägt sich die Konsolenversion?
Ins kalte Wasser geworfen
Stardew Valley beginnt mit einem Umzug: Nachdem sich der Held jahrelang im sterilen Büro eines gierigen Großkonzerns abgerackert hat, wagt er auf dem alten Bauernhof seines Großvaters einen Neuanfang. Er packt seine Sachen, steigt in den Bus und zieht aufs Land. Doch der Bauernhof ist eine Bruchbude, das einzige Feld zugewuchert. Also ran an die Arbeit!
Im Inventar finde ich verschiedene Werkzeuge wie eine Axt oder eine Spitzhacke, mit denen ich das Feld von Holz, Gräsern und Steinen befreie. Anschließend pflüge ich die weiche Erde und streue meine ersten Zuckerrüben-Samen.
Was folgt ist der typische Wirtschaftskreislauf eines Bauernhofs: Felder anlegen, Gemüse pflanzen, ernten und verkaufen. Es dauert jedoch eine ganze Weile, bis dieser Kreislauf in Schwung kommt, denn die Erträge aus den ersten Ernten sind überschaubar, Rinder für die deutlich lukrativere Viehwirtschaft kann ich mir erst nach vielen Stunden hartem Ackern leisten.
Weil zudem Tutorials extrem rar gesät (ha!) sind, muss ich mich auf das verlassen, was ich in ähnlichen Sandbox-Spielen wie Minecraft oder Terraria gelernt habe. Glücklicherweise sind die meisten Funktionen wie das Crafting selbsterklärend. Wer einen einsteigerfreundlichen Spielfluss erwartet, könnte vom holprigen und zähen Einstieg dennoch abgeschreckt werden.
Komplexer als gedacht
Wer die harte Startphase übersteht, dürfte dafür anschließend zunehmend Schwierigkeiten bekommen, den Controller wieder aus der Hand zu legen, denn es gibt immer etwas zu tun oder etwas zu verbessern.
So verschönere ich meinen Hof mit Steinplatten, baue mir eine Tümpel-Oase mit Lagerfeuerplatz und schütze die Felder mit Vogelscheuchen. Darüber hinaus kann ich mein Haus mit Upgrades vergrößern und mir neue Gebäude beim Händler kaufen. Erst ein Kabuff für die Hühner, dann eine Scheune für die Kühe, dann ein Silo fürs Getreide und, und, und. Je weiter ich im Spiel voran komme, desto fester umklammert mich diese Motivationsspirale.
Der Clou: Nicht alle Upgrades lassen sich kaufen, denn meine Farmer-Skills steigen automatisch bei Gebrauch der jeweiligen Werkzeuge. All diese Belohnungsmechaniken greifen perfekt ineinander und sorgen dafür, dass mir die 20-minuten langen Tage im Spiel wie 20 Sekunden vorkommen.
Die Nintendo Switch-Version
Stardew Valley ist ein Spiel, was man besonders unterwegs oder bequem auf der Couch genießen kann, daher ist es der perfekte Zeitvertreib auf der Nintendo Switch. Zwar fallen die Ladepausen etwas länger aus, ansonsten gibt es aber keine Unterschiede. Wir vergeben daher die gleiche Wertung wie auf PS4 und Xbox One.
Stardew Valley beschränkt sich dabei nicht aufs Farming. Abseits des Bauernlebens freunde ich mich mit den Bewohnern an, nehme an Festivals und Events teil oder erkunde einen Minen-Dungeon. Darin warten wertvolle Materialien und Items, allerdings auch blutrünstige Monster. Sich durch dieses 120-Etagen-Labyrinth zu kämpfen und den Monstern immer bessere Ausrüstung abzuluchsen, dürfte sogar Rollenspieler begeistern.
Genau das ist es auch, was Stardew Valley vom ansonsten ähnlich gelagerten Harvest Moon unterscheidet: Ich muss mich nicht auf den Bauernhof konzentrieren, ich kann auch den ganzen Tag fischen, mit den Mädels in der Stadt flirten, Muscheln sammeln und verhökern oder eben Monster plätten. Stardew Valley ist ebenso Sandbox-Spielwiese wie Bauernhof-Simulation. Daher geht das Abenteuer nach der rund 60 Stunden langen Kampagne (zwei Jahre inklusive Jahreszeiten) im Endlosspiel auch erst richtig los.
Gute Controller-Steuerung mit Verbesserungspotenzial
Technisch ist der Konsolenport nahezu identisch zur PC-Version: Ein grober, aber charmanter Pixel-Look tröstet über den teils niedrigen Detailgrad hinweg. Auch der Soundtrack ist gelungen, wobei die Lieder meist abrupt enden. Dann höre ich nur noch das Rascheln des Grases. Hier sollte noch eine Loop-Funktion für die Songs eingebaut werden. Andererseits können Konsolenspieler sowohl auf der PS4 als auch auf der Xbox One ohnehin ihre Lieblingsmusik via Spotify oder USB-Stick im Hintergrund laufen lassen. Auf Nintendo Switch ist das nicht möglich.
Etwas fragwürdig fällt hingegen die Bedienung aus, denn obwohl die meisten Menüs an den Controller angepasst wurden, simuliert das Spiel einen Mauszeiger. Bei Briefen etwa führte ich den Cursor anfangs immer umständlich auf das kleine "X" zum Schließen - bis ich bemerkte, dass es auch die B/Kreis-Taste tut. Grundsätzlich wäre eine Menüsteuerung per Digikreuz in vielen Fällen die elegantere Konsolenlösung gewesen. Doch der Entwickler arbeitet kontinuierlich an Patches, um die Bedienung weiterhin zu verbessern.
Auf den Spielspaß wirkt sich die im Vergleich zur PC-Version etwas hakelige Steuerung aber kaum aus, da ich nie unter Zeitdruck stehe und Stress in Stardew Valley ohnehin ein Fremdwort ist.
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