Ein Team aus Einzelkämpfern
Das Gefühl des Kontrollverlusts beim Spielen von Star Wars: Battlefront 2 setzt sich beim Respawn-System fort. Nach dem virtuellen Ableben starten wir jedes Mal am ursprünglichen Eintrittspunkt - bei Squad-Mitgliedern oder Kollegen in der Freundesliste einzusteigen ist nicht möglich. So müssen wir selbst in hitzigen Schlachten teils erst eine gefühlte Ewigkeit zur Frontlinie dackeln, was ziemlich nervig sein kann. Zudem bleibt uns im Respawn-Bildschirm nichts zu tun, außer auf den ablaufenden Timer zu starren, weder gibt es eine Übersichtskarte, noch können wir unseren weiterkämpfenden Teamkameraden über die Schulter schauen.
Das sorgt nicht nur für viel nervige Lauferei, sondern auch für sehr begrenzte strategische Optionen. Wo die Front verläuft oder welche Teamkollegen gerade Unterstützung brauchen, ist nie klar ersichtlich, gezielte Flankenangriffe werden wegen der sehr rudimentären Minimap zur reinen Glückssache. Im Ergebnis stürmt also meist jeder Spieler mehr oder weniger planlos in Richtung Missionsziel, und echtes Teamwork kommt nur in Ausnahmefällen zu Stande.
Battlefront 2 gibt sich anders als sein Weltkriegskollege Battlefield 1 zudem keinerlei Mühe, Teamplay zu fördern. Warum sollten wir etwa einen Offizier spielen, wenn wir für den erfolgreichen Einsatz seiner Support-Fähigkeiten wie Heil- oder Schutz-Auren keinerlei Belohnungen bekommen? Hinzu kommt, dass die besten Spieler eines Matches am Rundenende nur wenige Credits mehr erhalten als die schlechtesten. Und wenn das ohnehin alles egal ist, kann ich auch einfach blindlings drauflosstürmen.
Die helle Seite
All diese größeren und kleineren Probleme ärgern auch deshalb so sehr, weil Star Wars: Battlefront 2 in der Theorie einige richtig gute Ideen und Verbesserungen hat, zum Beispiel das neue Kampfpunkte-System, das die Helden- und Fahrzeug-Pickups aus dem Vorgänger ersetzt. Für Abschüsse und das Erfüllen von Missionszielen erhalten wir jetzt Punkte im Laufe einer Runde, die wir gezielt für den temporären Einsatz von Kampfläufern, Sternenjägern oder Helden wie Luke Skywalker, Han Solo oder Boba Fett ausgeben können. Das sorgt für mehr Motivation während des Matches und gewährt uns einfacheren Zugang zu unserem Lieblingshelden oder unserem bevorzugten Vehikel.
Den größten Sprung im Vergleich zum Vorgänger macht Battlefront 2 beim Sternenjäger-Angriff. In diesem Modus schlüpfen bis zu 24 Spieler in die Cockpits berühmter Star-Wars-Schiffe und schlagen mehrstufige Raumschlachten mit wechselnden Missionszielen.Das neue Klassensystem ist auch hier mit an Bord: Jäger, Bomber und Abfangjäger kommen mit jeweils eigenen Flugeigenschaften und Spezialfähigkeiten daher. Außerdem sind die automatischen Ziel- und Ausweichfunktionen des Vorgängers passé und wir haben die komplette Kontrolle über unser Schiff.
Durch das zielorientierte Spielprinzip fühlen sich die Schlachten viel mehr nach Star Wars an, als die öden Weltraum-Deathmatches des ersten Teils. Die Raumschiffsteuerung trägt dabei deutlich die Handschrift der Fahrzeug-Experten von Criterion Games (Burnout, Need for Speed Rivals). Diese zu meistern erfordert allerdings erst ein wenig Eingewöhnungszeit, denn da beide Sticks des Controllers belegt sind, gelingen etwa schnelle Wendemanöver anfangs nicht besonders zufriedenstellend. Das ist aber glücklicherweise kein Dauerzustand und nach ein paar Matches habt ihr den Dreh raus.
Einziges wirklich erwähnenswertes Manko: Die optionale Cockpit-Perspektive sieht zwar spektakulär aus, ist in der Praxis wegen mangelnder Übersicht allerdings kaum zu gebrauchen. Die informationsarme Mini-Map wiegt hier noch schwerer als bei den Infanteriekämpfen, obwohl auch dort die Verfolgerperspektive unter dem Strich besser funktioniert. Allein schon deshalb, weil wir aus der Hüfte mangels Rückstoß genauso präzise schießen können wie aus der Egoperspektive über Kimme und Korn. Die Steuerung auf PS4 und Xbox One funktioniert ansonsten aber tadellos, auch auf Konsole gibt es etliche Anpassungsmöglichkeiten, eine freie Button-Belegung fehlt allerdings. Kleiner Tipp zudem: Die Sensitivität der Fußsoldatensteuerung ist anfangs ziemlich niedrig angesetzt, wir empfehlen deshalb, sie direkt ein paar Stufen heraufzusetzen.
Keine neue Hoffnung
Aber auch mit nahezu tadelloser Steuerung sind uns im Multiplayer-Modus ein paar Balancing-Probleme aufgefallen: Fast jede Runde von "Galaktischer Angriff" oder der kleineren 16-Spieler-Version "Angriff" mündet beispielsweise irgendwann in einen Engpass, der sich dann entsprechend schnell zum unter Multiplayer-Fans berüchtigten "Fleischwolf" entwickelt, wenn sich alle Spieler auf das letzte verbleibende Missionsziel stürzen. Dann wird auch der Granaten-Spam zum ernsthaften Problem: Im Sekundentakt fliegen uns explosive Wurfgeschosse um die Ohren und durch die nicht vorhandene Teamführung entsteht eine blutige Pattsituation, in der vor allem der Spielspaß als Verlierer dasteht. Durch fehlende Matchzeit-Begrenzungen kann sich eine solche Situation dann sogar minutenlang hinziehen. Ein einzelner Kämpfer ist in solch einem Fleischwolf immer wieder in der Lage, ein Missionsziel gegen eine Überzahl Feinde anzufechten, was oft für zermürbende Verlängerungen sorgt, obwohl ein Team eigentlich klar überlegen ist.
Insgesamt hat sich Battlefront 2 zwar im Vergleich zum Vorgänger deutlich weiterentwickelt und bietet zum Start mehr Inhalt und mehr Abwechslung. Auch die Einführung der Klassen und der komplett überarbeitete Sternenjäger-Angriffsmodus sind Schritte in die richtige Richtung. Doch diese Fortschritte macht sich der Shooter selbst wieder zunichte, weil er uns kaum Kontrolle über diese Verbesserungen zugesteht - angefangen bei den Zufallsbelohnungen über den alternativlosen Respawn bis hin zur fehlenden Map-Wahl bei Multiplayer-Matches.
Dazu kommen fragwürdige Balancing-Entscheidungen, ein aufgesetztes Lootbox-System, das sehr tief mit der Grundmechanik des Spiels verwoben ist sowie von DICE ungewohnte Schwächen im Map-Design. Die neue Story-Kampagne mag auf dem ersten Blick ein Kaufanreiz für Solo-Spieler sein, die aber angesichts der dünnen Handlung und dem selbst im Vergleich zu einem Call of Duty recht seichten Spielablauf zu wenig Gegenwert für 60 Euro bekommen. Trotz all dieser harten Kritik ist Battlefront 2 kein schlechter Shooter. Wer einfach nur jeden Abend ein paar Star-Wars-Schlachten in prächtiger Kulisse ausfechten will und keine allzu großen Ansprüche an die Spieltiefe stellt, kommt durchaus auf seine Kosten. Von DICE kann … nein muss man aber deutlich mehr erwarten.
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