Ihr seid Scarygirl, ein kleines Mädchen im Zombie-Look mit Tentakelarm und Augenklappe. Scarygirl lebt auf einer Insel zusammen mit ihrem Ziehvater, einem hyperintelligenten Oktopus mit einem flotten Schnauzbart. Das ungleiche Duo versteht sich blendend, nur ihre wiederkehrenden Alpträume drücken dem kleinen Mädel aufs Gemüt. Also sucht Scarygirl Rat bei einem prophetischen Hasen. Der schwebende Meister Lampe schickt die Kleine nun auf die Suche nach der Quelle ihrer üblen Träume. Ihr Reise führt Scarygirl durch eine schräge und kreative Welt, über schwindelerregende Berggipfel, durch verschneite Winterlandschaften, in spinnenverseuchte Höhlen und unter Wasser.
Scarygirl hat seinen Ursprung in einem Webcomic des australischen Künstlers Nathan Jurevicious und wurde schon in einer Graphic Novel, als Spielzeug und als Browsergame verarbeitet. Wie ihr an der Story und an den Screenshots vielleicht merkt: Jurevicious mag es ausgefallen, bizarr, schräg, aber trotzdem bonbonbunt. Die Charaktere (etwa Vogelmenschen, Yetis, bunte Igel) sind gleichzeitig niedlich und gruselig, die Umgebung bleibt immer kindlich und hat doch einen leichten Horror-Touch. Dieser kreative Stil ist der größte Pluspunkt von Scarygirl. Wer ausgefallene Artworks, Zeichnungen oder Comics mag, wird an der kreativen und schrägen Optik seine helle Freude haben.
Spieltechnisch begnügt sich Scarygirl jedoch mit Standardkost, die wir sonst eher von uninspirierten Filmumsetzungen gewohnt sind. Ihr hüpft und rennt von einem Checkpoint zum nächsten, sammelt dazwischen schimmernde Kristalle ein und verkloppt aufdringliche Feinde. Euer Tentakelarm dient dabei als Multifunktionswerkzeug. Mal schwingt ihr euch damit über Abgründe, dann dient er als Propeller und allzu oft klopft ihr damit die Gegner weich oder pfeffert die armen Knilche als Wurfgeschoss durch die Luft. Zwischendurch kauft ihr neue Upgrades, wie etwa weitere Sprünge, stärkere Angriffe oder Spezialfähigkeiten. So kann sich Scarygirl später wie eine Schlange um die Gegner wickeln und Lebensenergie aus ihnen herauspressen. Cool: Scarygirl hat eine so genannte Rage-Leiste. Ist die durch Kombos gefüllt, verwandelt sich das schräge Mädchen für kurze Zeit in eine Kampfmaschine, die gleich ganze Gegnergrüppchen mit ihren riesigen Zähnen verspeist.
Ab und zu legt ihr euch auch mit Bossgegner an. In diesen Fights ist Taktik und geschicktes Vorgehen gefragt (also anders gesagt: ihr lernt Angriffsmuster auswendig), was aufgrund der leicht ungenauen Steuerung oft zu sperrig von der Hand geht. Diesen Kardinalfehler könnt ihr nur mit Übung wieder kompensieren, für Jump’n’Run-Veteranen fühlt sich die Steuerung trotzdem immer leicht »daneben« an. Wenigstens toleriert das Spiel leichte Patzer, denn Scarygirl hat (ähnlich wie ein gewisser grüner Feenjunge) eine Herzleiste, die im Laufe ihres Abenteuers immer weiter wächst.
Im Gegensatz zu den Bossfights sind Kämpfe gegen normale Feinde meist chaotisch und beschränken sich in frühen Levels auf stumpfes Tastenhämmern. Das wird noch schlimmer, wenn der Schwierigkeitsgrad anzieht und die Anzahl der Feinde wächst. Etwas Abhilfe schafft da der Koop-Modus, in dem ein zweiter Spieler als Hasen-Sidekick einspringt. Der hat aber nicht dieselben Fähigkeiten wie Scarygirl, weshalb sich euer Kollege wohl meist nur als Steigbügelhalter fühlt. Trotzdem: Wer Scarygirl wegen des außerordentlich feinen Stils eine Chance gibt, wird dennoch solide unterhalten.
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