Über 20 Jahre sind seit dem Release von Resident Evil 2 auf der ersten PlayStation vergangen. Damals war es ein Meilenstein unter den Horror-Spielen. Ein Titel, der bei Fans der Reihe neben Teil 4 ganz oben auf der Rangliste steht - und den in Deutschland nur sehr wenige gespielt haben.
Das Problem: Kurz nach Erscheinen landete das Spiel aufgrund seiner expliziten Darstellung von Gewalt auf dem Index - wie es seinerzeit so häufig passierte. Erst im Jahr 2014 wird Resi 2, wie es auch liebevoll genannt wird, von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien begnadigt und bekommt seine längst überfällige Freigabe.
Mit dem Remake zu Resident Evil 2 bringt Capcom nun eine komplett überarbeitete Neuinterpretation des Horror-Klassikers auf die PS4, die Xbox One und den PC. Neuinterpretation? Ja, denn nicht nur rein optisch und spielerisch hat sich allerhand getan, auch was die Geschichte und seine Rätsel anbelangt, haben sich die Entwickler viel Freiheit für neue Ideen genommen.
Die größten Neuerungen zum Original:
Fehlende Türanimationen: Die langatmigen Ladebildschirme entfallen. Generell gibt es keine Ladezeiten mehr im Spiel.
Neues Speichersystem: Speichern ist jetzt auf dem Schwierigkeitsgrad "Standard" an Schreibmaschinen jederzeit möglich. Zudem speichert das Spiel an bestimmten Stellen automatisch. Wer das Gefühl aus dem Original möchte, der spielt auf "Veteran". Hier benötigt ihr weiterhin die altbekannten Farbbänder.
Perspektivwechsel: Die statische Deckenkamera gehört der Vergangenheit an. Ab sofort steuert ihr Leon und Claire aus der Verfolgerperspektive.
Ihr seid (fast) nie sicher: Gegner können euch durch Türen hinweg verfolgen. Seid ihr unvorsichtig oder erregt durch Lärm zu viel Aufmerksamkeit, kann es gut sein, dass ein wütender Zombie durch die Tür stapft.
Die letzte Rettung: Das Messer als Nahkampfwaffe könnt ihr euren Feinden in besonders bedrohlichen Situationen in den Körper rammen. Liegt der Gegner am Boden, hebt ihr euren Lebensretter wieder auf. Aber Vorsicht! Das Messer nutzt sich mit jeder Aktion ab.
Fenster vernageln: Wer sich an die Fenster schlagende Zombies vom Leib halten möchte, findet jetzt Bretter, um die unsicheren Stellen rechtzeitig zu vernageln.
Leon oder Claire - Die Qual der Wahl
Um die Geschichte von Resident Evil 2 zu erleben, habt ihr zu Beginn die Wahl zwischen den Kampagnen der beiden Helden Leon S. Kennedy und Claire Redfield. Zwar ähneln sich die Geschichten der beiden Figuren in großen Teilen, an manchen Stellen stoßt ihr jedoch auf Ereignisse und Abschnitte, die nur einem der beiden vorbehalten sind. Dadurch gibt es auch nach dem ersten Durchspielen genug Anreiz und Motivation für einen zweiten Durchgang.
Als Boni für das Beenden des Spiels schaltet ihr zudem wie bereits im Original eine B-Story mit neuen Wendungen innerhalb der Geschichte für den jeweiligen Charakter frei. Wer wirklich alles erleben will, der muss den Abspann (um den zu sehen ihr beim ersten Anlauf ca. 10 Stunden benötigt) mindestens viermal erreichen. Mindestens? Ja, denn auf die größten Resi Fans wartet dann noch der berühmte Tofu-Modus, und Spezialagent Hunk ist ebenfalls mit von der Partie.
Was ist der Tofu-Modus?
Ihr spielt tatsächlich ein Stück Tofu, das lediglich mit einem Messer bewaffnet ist und eine Polizeimütze auf dem Kopf trägt. Mit dieser eher spärlichen Ausstattung geht es unter Zeitdruck in spezielle Level. Ursprünglich diente das Modell nur zur Kollisionsabfrage, erhielt dann aber im Original einen eigenen Modus.
In Raccoon City ist die Hölle los
Die Geschichte von Resident Evil 2 spielt wenige Monate nach den Ereignissen aus dem Vorgänger, in dem unter anderem die S.T.A.R.S.-Mitglieder (Special Tactics and Rescue Service) Jill Valentine und Chris Redfield involviert waren.
Polizist Leon S. Kennedy macht sich auf den Weg nach Raccoon City, um in der dortigen Polizeistation seine neue Stelle anzutreten. Nach einem kurzen Zwischenstopp an einer von Zombies überrannten Tankstelle trifft Leon auf Claire Redfield. Claire hat es auf der Suche nach ihrem Bruder ebenfalls ist in die Stadt verschlagen. Schnell wird beiden klar, das Grauen in Form von wandelnden Untoten, hat bereits die ganze Stadt eingenommen.
Wie es das Schicksal will, trennen sich die Wege beider Charaktere schnell und je nachdem welche Kampagne ihr gewählt habt, flieht ihr mit Leon oder Claire in die nahe gelegene Polizeistation von Raccoon City. Eigentlich sollte dieser Ort als sicherer Hafen für all jene dienen, die es lebend bis hierhin geschafft haben.
Allerdings stellt sich schnell heraus, dass die Geschehnisse dort mit dem Wort "leben" eher wenig zu tun haben. Stattdessen schlurfen bereits nach wenigen Sekunden die vielleicht widerlichsten Zombies auf euch zu, die ihr je in einem Videospiel gesehen habt.
Bah, ist das ekelhaft - herrlich!
Vorbei sind die Zeiten, in denen in Videospielen grünes Blut (aus Jugendschutzgründen!) aus den Wunden der Gegner floss und altbackene Grafik jegliches Gefühl von Horror zur Situationskomik machte. Klar, vor zwei Jahrzehnten fanden wir sowas gruselig. Wer jedoch heute einen Blick auf das Gegnerdesign von damaligen Spielen wie Alone in the Dark, Silent Hill und eben Resident Evil wirft, wird wohl kaum vor Ekel in Schockstarre verfallen.
Mit der Optik von damals erschreckt man heutzutage jedenfalls kaum noch jemanden. Eine Modernisierung musste her. Was beim Remake von Resident Evil 1 nicht wirklich funktioniert hat, ist Capcom jetzt bei Reisdent Evil 2 umso besser gelungen.
So erstrahlt das Remake in unserem Test auf der PS4 Pro in voller Pracht und muss sich speziell bei der Darstellung der Charaktere, den Monstern und den hervorragenden Cutscenes hinter keinem aktuellen Spiel verstecken. Hinzu kommt, dass wir mit der Technik zu keinem Zeitpunkt Probleme hatten, von jeglichen Bugs verschont blieben und auf eine konstant ruckelfreie Bildrate von 60FPS kamen. Chapeau!
Resident Evil
Alle Spiele der Hauptreihe im Ranking
Besonders effektiv nutzen die Entwickler die neuen technischen Möglichkeiten bei einem für die Serie extrem wichtigen Aspekt: den Gore-Effekten!Da klappt einem Zombie langsam der Kiefer vom Gesicht, dem toten Polizisten quellen die Gedärme aus dem Bauch, und der langsam auf uns zu kriechenden Untoten fehlen etliche Gliedmaßen. Dafür blicken wir auf spitze, blutige Knochen, die aus den Stümpfen ragen.
Und wem jetzt schon schlecht wird, für den haben wir eine "gute" Nachricht: Mit diesen Szenen fängt der Horror-Splatter erst an! Aber wie wir alle wissen: An solchen Szene gewöhnt man sich früher oder später; um das Grauen bis zum Ende aufrecht zu erhalten, bedarf es einer ganz außergewöhnlichen Atmosphäre.
Das Atmosphäre-Monster
Nur der Schein unserer Taschenlampe erhellt notdürftig einen ansonsten komplett finsteren Gang.Auf dem Boden bemerken wir Leichensäcke und Blutspuren, die unheilvoll hinter eine Ecke verschwinden.
Wenige Meter weiter treffen wir auf einen Zombie, der mit seinen Stummelarmen gegen die Fensterscheibe drischt, zu uns herein will. Ein Blitz erhellt den Korridor, es donnert krachend. Der Untote versucht, nach uns zu greifen. Je näher wir ihm kommen, desto lauter werden die klagenden Schreie. Aus dem Zimmer neben uns vernehmen wir leise schlurfende Schritte, wimmernde Klagelaute. Dank hervorragender Licht-und Schatteneffekte und einem Sound-Design, das seinesgleichen sucht - es knarzt, heult und stöhnt buchstäblich aus allen Ecken - wird der Survival-Horror noch verstärkt. Seit Dead Space 1 hat uns kein Spiel mehr so den Angstschweiß von der Stirn tropfen lassen.
Resident Evil 2 ist ein absolutes Atmosphäre-Monster, in jeder Sekunde spüren wir Beklemmung, Angst vor dem Ungewissen. Zudem macht sich Panik breit, wenn uns Gegner durch das ganze Haus hindurch verfolgen oder ein Zombie die Witterung aufgenommen hat und schwungvoll durch die Tür bricht. Wer meint, sich in einem bereits komplett bereinigten Raum ausruhen zu können, liegt falsch. Denn im Remake ist man im Gegensatz zum Original selbst hier nicht mehr sicher.
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