Die Spielwelt: Aus Pappe gebaut
Die Fraktionen bleiben genauso einfallslos. Da ist die Rebellentruppe auf der einen Seite und die Regierung auf der anderen. Wir sollen den Aufrührern helfen, erfahren aber über die Regierung nichts weiter, als dass sie böse ist – sagen die Rebellen. Einen echten Gegenspieler gibt es nicht, keinen Andrew Ryan à la BioShock, nicht einmal einen Doktor Betruger à la Doom 3 – das Böse bleibt gesichtslos. So lernen wir wenig über die Motivation der Gruppen. Schlimmer noch bei den Banditenclans, deren Mitglieder wir zwar in vielen Aufträgen reihenweise über den Haufen schießen, über die wir aber sonst praktisch nichts wissen.
Immerhin webt Rage skurrile Charaktere in seine Handlung ein. Etwa den fetten TV-Boss, der eine mörderische Gladiatorenshow veranstaltet. In Erinnerung bleiben die Figuren allerdings vorrangig dank ihres Aussehens, zu sagen haben sie nichts. Oder zumindest wenig, denn Rage fehlt es an Inspiration und Geschichten. Während die Fallout-Serie die Endzeit-Kulisse als Ausgangspunkt für grandiose Erzählstränge nutzt, belässt es id Software beim Klischee und hofft, dass niemand hinter die Pappwände schaut. Immerhin sind diese »Pappwände« schön anzusehen: Bei den zahlreichen Figuren, die wir treffen, freuen wir uns nicht nur über hübsche Texturen und saubere Animationen, sondern auch über die durchweg hervorragenden deutschen Synchronsprecher.
Wer allerdings doch auf Englisch spielen will, sollte eine UK-Version importieren. Die deutsche Fassung liefert ansonsten nur die französische, spanische und italienische Tonspur mit. Inhaltliche Schnitte, beispielsweise bei der Gewaltdarstellung, gibt es aber nicht.
Die Technik: Grafik hui, Nachladen pfui
Grafisch ist Rage größtenteils beeindruckend. Die Umgebungen stecken voller Details, die Beleuchtung in den Außenarealen wirkt täuschend echt, die Figuren sind liebevoll gestaltet und animiert. Die künstlerische Qualität des Spiels ist unbestreitbar. Der hauseigene Technikmotor id Tech 5 macht allerdings noch Probleme. So werden ständig Texturen sichtbar nachgeladen. Wer schnell den Kopf dreht, kann zusehen, wie die Wandtapeten mit etwas Verzögerung erscheinen. Auch die Qualität der Texturen lässt aus der Nähe oft sehr zu Wünschen übrig. Wer Rage auf der Xbox 360 spielt sollte das Spiel zudem unbedingt installieren, um die allgemeinen Ladezeiten und die Textur-Nachlader zu verkürzen. PS3-Spieler kommen um eine Zwangsinstallation nicht herum.
Beim Ton macht Rage eine solide bis sehr gute Figur. Besonders die Sprecher überzeugen. In Kämpfen wird treibende Musik eingespielt, ansonsten meldet sich der Soundtrack nur selten. Die Waffensounds klingen zwar kraftvoll, aber unterschiedliche Umgebungen haben keinen Einfluss auf die Schussgeräusche – kein Vergleich etwa zu Battlefield 3.
Der Multiplayer: Koop und Autorennen
Übersichtlich fällt der Multiplayer-Modus von Rage aus. Der neue Shooter von id Software ist in erster Linie als Solo-Abenteuer ausgelegt. Wer gemeinsam ballern will, kann im Koop-Modus zu zweit übers Netz oder im Splittscreen in neun separaten Einsätzen antreten. Dabei geht es durch bekannte Gebiete der Einzelspieler-Kampagne. Für jeden Abschuss gibt es Punkte, sodass die beiden Spieler nicht nur gegen KI-Gegner kämpfen, sondern auch um Highscores.
Wer zu viert antreten will, muss sich mit Autorennen begnügen. Hier stehen vier Modi zur Wahl, bei denen auch die Waffen zum Einsatz kommen. Nach und nach schaltet man zudem neue Ausrüstungsgegenstände und sogar Fahrzeuge frei. Trotzdem ist der Mehrspieler-Abschnitt von Rage nicht mehr als eine kleine aber spaßige Dreingabe.
Sonderlich viel zusätzliche Spielzeit bietet der Multiplayer-Modus von Rage daher nicht. Auch der Wiederspielwert der Solo-Kampange hält sich in Grenzen – es sei denn, man hat nicht alle Nebenmissionen erfüllt. Da diese aber in der Regel nur in bekannte Levels führen und nichts Neues bieten, lohnt der erneute Einstieg kaum. Anders sieht es da schon bei den Schwierigkeitsgraden aus. Davon gibt es immerhin vier Stück, wobei der höchste auch erfahrene Spieler herausfordern dürfte – der automatischen Heilung zum Trotz.
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