Nach meiner ersten Stunde mit Rage 2 war ich mir fast sicher, dass ich das Spiel nicht mögen werde. Schon in der großen Auftakt- und Tutorialmission, in der die Spielfigur als letzter Überlebender der Ranger eingeführt wird, zeigt Rage 2 sofort all die Sachen, die der Shooter eigentlich gar nicht kann. Die böse Obrigkeit, die die Welt mit einer Armee aus Mutanten die Welt unterjochen will und die wir aufhalten müssen, bleibt ebenso blass wie der Rest der storyrelevanten NPCs. Und gleich zu Beginn des Spiels werde ich mit der Belanglosigkeit der Geschichte konfrontiert.
Dieser erste Eindruck wirkte derart uninspiriert und austauschbar, dass ich kaum Lust hatte, überhaupt weiterzuspielen. Die gute Nachricht ist, dass Rage 2 danach deutlich besser wird, die schlechte Nachricht aber ist: Es braucht viel Geduld und die Fähigkeit, wesentliche Spielelemente auszublenden. Rage 2 ist ein kleiner, aber einfallsreicher Shooter, der in eine schmutzige, postapokalyptische Uniform gesteckt und in den Open World-Käfig geworfen wurde.
Eine Kampagne zum Vergessen
In einem Interview machte Game Director Magnus Nedfors vorab bereits die Aussage, dass die Geschichte von Rage 2 vermutlich nicht der Grund sein wird, den Shooter spielen zu wollen. Damit hat er auch Recht, denn die Rückkehr der Obrigkeit und der Aufstieg von Walker, dem letzten überlebenden Ranger, zum Weltenretter überzeugt nicht eine Sekunde. Zu keiner Zeit stellt sich das Gefühl ein, dass hier irgendetwas auf dem Spiel steht.
Und das ist grundsätzlich auch kein Problem, schließlich gibt es jede Menge starke Shooter mit dünner Story. Doch anstatt die narrativen Details in den Hintergrund zu rücken, pocht Rage 2 darauf, dass ich mich mit den NPCs, der Vorgeschichte und der Welt an sich auseinandersetze. Der simple Plot kann sich zudem nicht entscheiden, ob es jetzt um die Verhinderung echten Leids oder doch nur um stumpfe Witze geht. Meist geht es um beides gleichzeitig und das hat schon in Far Cry New Dawn nicht funktioniert.
Die Welt von Rage 2 ist ein Abziehbild jedes anderen Spiels mit der Postapokalyspe als Thema. Es gibt Schrottautos, gröhlende Banditen, dreckige Städte aus Wellblech und natürlich auch Arenakämpfe. Hier ist nicht viel zu finden, was Rage 2 in Sachen Präsentation wirklich einzigartig macht oder auch nur etwas herausstechen lässt. Und das ist ein dickes Problem, denn dank des Open World-Konzepts bekommen wir sehr viel davon zu sehen.
Open World, um der Open World willen
Falls ihr dachtet, es könnte spaßig sein, Doom- oder Quake-ähnliches Gameplay in einer offenen Spielwelt zu erleben, wird euch Rage 2 schnell enttäuschen. Wirklich zur Sache geht es nur in umzäunten Lagern, Tunnelsystemen und feindlichen Basen. Die Action ist nur dann unterhaltsam, wenn der Raum eng wird. Sobald er sich wieder öffnet, verpufft jede aufgebaute Anspannung im Nichts.
Die Spielwelt von Rage 2 unterteilt sich in sechs größere Abschnitte, in denen es insgesamt drei Handelsstädte gibt. Dort erledigen wir Einkäufe, nehmen Nebenmissionen an oder werten den eigenen Körper mit Augmentierungen auf. Der Rest der Map ist vollgepackt mit kleineren Aktivitäten wie Banditenunterschlüpfen und Mutantennestern, die wir ausheben können, sowie abgestürzten Meteoriten oder Wachtürmen. Zwischen diesen Punkten gibt es in der trostlosen Welt allerdings rein gar nichts zu entdecken. Einen Grund, die weitläufigen Areale von Rage 2 zu erkunden, gibt es nicht.
Jede Menge Content nach Launch
In einer Roadmap hat Bethesda schon enthüllt, dass neben zwei kostenpflichtigen Story-Erweiterungen auch zahlreiche Gratis-Updates folgen werden. Neue Skins, Cheats und Online-Herausforderungen sollen Spieler bei der Stange halten. Mit den Mechs kommen im Juni sogar vollkommen neue Vehikel ins Spiel. Wem der Launch-Content also nicht reicht, der bekommt auch in Zukunft viel zu tun.
Selbst die Landschaften an sich laden nicht gerade zu postapokalyptischen Spazierfahrten ein, denn außer zerklüftetem Gestein, Wüsten und ein bisschen Dschungel gibt es - abseits kleinerer Scharmützel - nicht viel zu sehen. Zumal ich mich bei jeder Fahrt ohnehin nur an die befestigten Straßen gehalten habe, da Offroad-Ausflüge nichts bringen, außer das Spielgeschehen zu verlangsamen.
Die etwa 15 unterschiedlichen Fahrzeuge kommen mit unterschiedlichen Gimmicks daher, doch wirklich Sinn ergibt neben der Standardkarre nur der Gyrokopter, der uns auch über die Spielwelt fliegen lässt. Das spart erneut Zeit beim Pendeln zwischen den Aktivitäten. Die Open World agiert hier einzig als riesengroßes Hub-Areal, in dem ich meine nächste Beschäftigung aussuche - nur eben mit überlangen Reisewegen.
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